Erwachsenen Patienten zur Mandelentfernung raten?

Die Tonsillektomie ist auch bei rezidivierenden Tonsillitiden im Erwachsenenalter mit einem klinisch relevanten Nutzen verbunden. Dagegen abzuwägen ist das nicht unerhebliche Risiko Op.-bedingter Komplikationen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Für die Tonsillektomie bei Erwachsenen mit rezidivierenden Tonsillitiden gab es, anders als bei Kindern, bisher kaum Evidenz. Das ändert sich nun mit einer Studie aus Großbritannien, die die Wirksamkeit des Eingriffs im Vergleich zum konservativen Management bei Patienten und Patientinnen im Alter ab 16 Jahren unter randomisierten kontrollierten Bedingungen untersucht hat. Laut der Studiengruppe um Janet Wilson von der Universität in Newcastle upon Tyne führt die Tonsillektomie, bei Erfüllung der Op.-Voraussetzungen, zu einer Halbierung der Zahl der Halsschmerztage innerhalb von zwei Jahren. Nur halb so viele Tage mit Halsschmerzen An der Studie beteiligen konnten sich über 16-Jährige, die gemäß der britischen Leitlinie für eine Tonsillektomie infrage kamen, also z. B. mindestens sieben Tonsillitiden im vorausgegangenen Jahr oder mindestens fünf in jedem der beiden Vorjahre durchgemacht hatten. 233 Betroffene wurden der sofortigen Tonsillektomie und 220 der Standardversorgung mit Analgetika und Antibiotika zugeteilt, das mediane Alter lag bei 23 Jahren, drei Viertel der Teilnehmer waren Frauen. Die Entfernung der Gaumenmandeln erfolgte hauptsächlich mit „kalter“ Dissektion (53%) oder bipolarer Kaustik (39%). Primärer Studienendpunkt war die Zahl der Tage mit Halsschmerzen, die alle Teilnehmenden über 24 Monate hinweg wöchentlich melden sollten. Im Median waren das 23 Tage in der Op.- und 30 Tage in der Kontrollgruppe; nach Adjustierung, etwa auf den anfänglichen Schweregrad der Tonsillitis, entsprach dies einem Rückgang von Halsschmerztagen um 47% durch die Tonsillektomie. Wurde die Auswertung auf die protokollgemäß behandelten Patienten eingegrenzt, war die Inzidenzrate sogar um 58% vermindert. Die Ausprägung der Beschwerden, die mit dem Tonsil-Outcome-Inventory-14-Score bei einem Teil der Patienten erfasst wurde (0–70 Punkte), verbesserte sich mit der Zeit in beiden Gruppen. Die Tonsillektomie bewirkte jedoch einen schnelleren und stärkeren Rückgang (4 vs. 22 nach zwölf Monaten; 5 vs. 15 nach 24 Monaten). Schwere Blutungen nach 15% der Eingriffe Unerwünschte Ereignisse infolge der Tonsillektomie traten bei 39% der Patienten auf. Am häufigsten waren Blutungen, sie betrafen 19% der Eingriffe, wobei 15% der Operierten sogar schwere Blutungen entwickelten. Außerdem kam es bei 3% der Patienten zu schwerwiegenden Infektionen. Todesfälle gab es keine. Wilson und ihre Mitforschenden betonen, dass die festgestellte Reduktion der Halsschmerztage klinisch relevant ist, obwohl die etwa 14 Tage mit Op.-bedingten Schmerzen darin enthalten sind. Dieser Nutzen müsse gegen die Op.-Risiken abgewogen werden. Insgesamt sprächen die Ergebnisse aber dafür, infrage kommende Patienten und Patientinnen zeitiger, als dies aktuell der Fall sei, zur Tonsillektomie zu überweisen. Die deutsche Tonsillitis-Leitlinie wird derzeit überarbeitet. In der abgelaufenen Fassung wird auf die unzureichende Datenlage zum Nutzen der Tonsillektomie für Erwachsene hingewiesen. Die Tonsillektomie gilt dort als therapeutische Option, sofern in den letzten zwölf Monaten mindestens sechs Episoden einer ärztlich diagnostizierten und mit Antibiotika behandelten eitrigen Tonsillitis aufgetreten sind. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie wirksam ist bei Erwachsenen mit rezidivierender Tonsillitis die Tonsillektomie? Antwort: Die Zahl der Halsschmerztage innerhalb von 24 Monaten nach Tonsillektomie ist nur etwa halb so hoch wie bei nichtoperativer Versorgung. Bedeutung: Auch Erwachsene haben, wenn sie die Voraussetzungen für eine Tonsillektomie erfüllen, einen klinisch relevanten Nutzen von dem Eingriff. Einschränkung: Nach fast jeder fünften Tonsillektomie kam es zu Blutungen, nach 15% zu schweren Blutungen.

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