Erschienen in:
14.06.2019 | Schwerpunkt: Psychiatrie und Psychotherapie – Originalien
Alexithymer Patient
Soziodemografischer Hintergrund und die besondere Rolle von Vernachlässigung im Kindesalter
verfasst von:
Jan Terock, Sandra Van der Auwera, Henry Völzke, Prof. Dr. med. Hans Jörgen Grabe
Erschienen in:
Die Psychotherapie
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Ausgabe 4/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
Alexithyme Persönlichkeitsmerkmale wie Schwierigkeiten, Gefühle zu erkennen und darüber zu kommunizieren, sind unter Menschen, die psychotherapeutische Hilfe suchen, weit verbreitet und stellen eine besondere Herausforderung dar. Dabei sind die ätiologischen Hintergründe und die Zusammenhänge mit soziodemografischen Faktoren noch nicht ausreichend verstanden.
Material und Methoden
Im vorliegenden Beitrag wird die aktuelle Studienlage zu Entstehung und klinischer Bedeutung von Alexithymie zusammengefasst. Die Daten von 2 großen Stichproben aus der Allgemeinbevölkerung (SHIP-LEGENDE und SHIP-Trend-0) mit insgesamt 5538 Probanden werden hinsichtlich der Assoziationen von Kindesvernachlässigung (erhoben mithilfe des Childhood Trauma Questionnaire), Alter, Geschlecht und Geburtsjahr mit Alexithymie (Toronto-Alexithymie-Skala-20) ausgewertet.
Ergebnisse
In Übereinstimmung mit früheren Ergebnissen zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang von emotionaler Kindesvernachlässigung im Besonderen und Alexithymie. Außerdem ist eine niedrigere Schulbildung (<10 Jahre) und männliches Geschlecht deutlich positiv mit Alexithymie assoziiert. Interaktionseffekte werden zwischen Vernachlässigung und Geschlecht sowie Geburtsjahr auf verschiedenen Subskalen von Alexithymie beobachtet. Bildung zeigt sich darüber hinaus als ein starker Mediator für den Zusammenhang von Kindesvernachlässigung und Alexithymie im Erwachsenenalter.
Schlussfolgerung
Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass alexithyme Persönlichkeitsmerkmale in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet sind und häufig mit Vernachlässigung im Kindesalter im Zusammenhang stehen. Insbesondere männliche Personen und Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss sind häufig von Alexithymie betroffen. Aufgrund des Querschnittsdesigns der Studie sollen mögliche kausale Zusammenhänge mit Zurückhaltung diskutiert werden.