Erhöhen Säureblocker und Antibiotika das Allergierisiko?

Medikamentöse Therapien im ersten Lebenshalbjahr, die die Zusammensetzung der Darmflora verändern, scheinen Einfluss auf die Entwicklung der häufigsten Allergien im Kindesalter zu haben. In einer US-Studie zeigen sich signifikante Zusammenhänge mit Säureblockern und Antibiotika. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Einnahme von Antibiotika oder Säureblockern kann die Zusammensetzung des Mikrobioms beeinflussen. Ob sich damit das Allergierisiko in der frühen Kindheit erhöht, haben jetzt Edward Mitre von der Uniformed Services University of the Health Science, Bethesda und Kollegen untersucht. Im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie haben sie die Daten von insgesamt 792.130 Kindern analysiert, die zwischen dem 1. Oktober 2001 und dem 30. September 2013 geboren worden waren. Die Studienteilnehmer wurden innerhalb der ersten 35 Lebenstage in die Studie eingeschlossen und im Median 4,6 Jahre beobachtet. Berücksichtigt wurden Kinder, denen im ersten halben Lebensjahr ein Histamin-2-Rezeptorantagonist (H2RA), ein Protonenpumpenhemmer (PPI) oder ein Antibiotikum verschrieben worden waren. Die am meisten eingesetzten H2RA waren Rantidin, Nizatidin oder Famotidin, bei den PPI Lansoprazol und bei den Antibiotika Amoxicillin, Amoxicillin/Clavulansäure und Trimethoprim/Sulfamethoxazol. Frühgeborene erhielten fast doppelt so häufig Säureblocker wie reifgeborene Kinder. Risiko für alle untersuchten Allergien erhöht Während der ersten sechs Lebensmonate hatten 7,6% der Kinder ein Rezept für einen H2RA erhalten, 1,7% für ein PPI und 16,6% für ein Antibiotikum. Die am häufigsten gestellten Allergiediagnosen waren allergische Rhinitis und Kontaktdermatitis, gefolgt von Nahrungsmittelallergien, atopischer Dermatitis, Asthma und Urtikaria. Die meisten Nahrungsmittelallergien richteten sich gegen Erdnüsse, Kuhmilch und Eier. Nach Berücksichtigung von Geschlecht, Entbindungsart, Schwangerschaftsdauer sowie weiteren Störfaktoren ergaben sich folgende Zusammenhänge: Nach Einnahme von Säureblockern war das spätere Risiko für eine Nahrungsmittelallergie mehr als verdoppelt (H2RA aHR 2,18; PPI aHR 2,59). Besonders im Vordergrund standen dabei Allergien gegenüber Kuhmilch (aHR 2,42 bzw. 4,43) und Eiern (1,74 bzw. 1,35) sowie „anderen Nahrungsmitteln“ (aHR 2,13 bzw. 2,68). Aber auch gegenüber Erdnüssen war das Risiko nach Säureblockern im Vergleich zu unbehandelten Kindern signifikant erhöht (aHR 1,21 bzw. 1,27). Nach Antibiotikatherapien stieg das Risiko einer Nahrungsmittelallergie insgesamt um 14%. Für alle untersuchten allergischen Erkrankungen zeigten sich signifikante Risikosteigerungen nach der Therapie mit Säureblockern oder Antibiotika, so auch für Anaphylaxie (aHR 1,51 bzw. 1,45 bzw. 1,51), Asthma (aHR 1,25 bzw. 1,41 bzw. 2,09) und allergische Rhinitis (aHR 1,50 bzw. 1,44 bzw. 1,75). Darüber hinaus kam es bei therapierten Kindern gehäuft zu allergischer Konjunktivitis, Medikamentenallergien, Urtikaria und Kontaktdermatitis. In einigen Fällen konnte sogar ein dosisabhängiger Effekt festgestellt werden. Kinder, denen für länger als 60 Tage PPI verschrieben worden waren, hatten ein um 52% höheres Risiko für eine Nahrungsmittelallergie als Kinder, die die Medikamente nur 1–60 Tage eingenommen hatten. Auch für H2RA konnte eine Dosisabhängigkeit nachgewiesen werden, der entsprechende Unterschied lag bei 32%. Zu viele Säureblocker verschrieben Die Ergebnisse der Studie bestätigen verschiedene frühere Untersuchungen. Insgesamt scheint die Säureblockermedikation das Risiko für eine Nahrungsmittelallergie stärker zu erhöhen als die Antibiotikaeinnahme. Der Grund hierfür sei möglicherweise, so Mitre und Kollegen, dass mit den Säurehemmern nicht nur eine Dysbiose im Verdauungstrakt geschaffen werde, sondern dass durch eine verminderte Proteinspaltung im Magen auch die Sensibilisierung gegenüber den aufgenommenen Antigenen gesteigert werde. Angesichts dessen, dass ein Reflux bei den meisten Säuglingen nicht auf einer Krankheit beruhe, sondern im Rahmen des Entwicklungsprozesses stattfinde, so die Autoren, sei der Nutzen von H2RA und PPI häufig fraglich. Verschiedene Autoren warnen deshalb vor übermäßigem Einsatz bei kleinen Kindern. Vielmehr sollten Säureblocker und Antibiotika in der frühen Kindheit nur in Situationen eingesetzt werden, in denen der therapeutische Nutzen eindeutig bewiesen sei. Das Wichtigste in Kürze Frage: Begünstigt eine Antibiotika- oder Säureblocker-Therapie in den ersten sechs Lebensmonaten die Entwicklung von Allergien im frühen Kindesalter? Antwort: Kinder, die in den ersten sechs Lebensmonaten Antibiotika oder Säureblocker erhalten hatten, entwickelten signifikant häufiger allergische Erkrankungen. Bedeutung: Die Ergebnisse der Studie erhärten die Annahme, dass durch die Zufuhr von Substanzen, die die normale Darmflora in der frühen Kindheit beeinflussen, die Entwicklung allergischer Erkrankungen begünstigt werden kann. Einschränkung: Kausale Schlussfolgerungen sind aus diesen Daten nicht möglich.

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