S3-Leitlinie Schilddrüsenknoten bei Erwachsenen in der hausärztlichen Versorgung (LeiSE)
Leitlinienautorenteam: Karen Voigt, Jean-François Chenot, Felix Kannapin, Simone Kiel, Martin Kramer, Thomas Kühlein, Caroline Tengelmann, Til Uebel, Lisette Warkentin, Felix Werner, Jeannine Schübel.
Die Prävalenz von Schilddrüsenknoten (SDK) in der deutschen Bevölkerung ist hoch und steigt seit Jahren. Aktuelle Analysen (populationsbezogene SHIP-Studie in Mecklenburg-Vorpommern) belegen, dass knapp bei der Hälfte der erwachsenen Studienpopulation (47,5 %) mindestens ein SDK sonographisch gefunden werden kann [
7]. Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter auf bis zu 76 % bei ≥61-Jährigen, wenn man mit hochauflösendem Ultraschall danach sucht [
8]. Die diagnostische Herausforderung ist deshalb nicht die Entdeckung von SDK, sondern die Identifikation behandlungsbedürftiger SDK. Dabei finden 2 abwendbare gefährliche Verläufe Beachtung: ein Schilddrüsenmalignom und das Vorliegen einer Schilddrüsenautonomie. Symptomatische SDK können durch Heiserkeit, Schluckstörungen, Luftnot, bei Hyperthyreose auch Tachykardie, Zittern, Schweißausbrüche klinisch auffällig werden. Die meisten SDK-Befunde sind jedoch asymptomatisch und gesundheitlich unbedenklich. Bösartige Erkrankungen der Schilddrüse sind sehr selten (2016: Frauen 12,7/100.000 Einwohner vs. Männer 6,2/100.000 Einwohner), die Inzidenzraten sinken mit steigendem Alter [
9]. Bei diesen bösartigen SDK handelt es sich weit überwiegend um kleine papillare Karzinome, die selten bedrohlichen Charakter haben [
10]. Die Sterberaten in Deutschland sind bei beiden Geschlechtern gesunken. Insgesamt hat Schilddrüsenkrebs eine günstige Prognose. Am Beispiel Südkoreas, das im Rahmen des 1999 eingeführten nationalen Krebsscreeningprogramms u. a. auch verstärkt Schilddrüsensonographien durchführte, zeigte sich bereits, dass ein „Mehr“ an Diagnostik zwar zu steigenden Inzidenzen und in der Konsequenz steigenden Behandlungsraten (Operationen) mit Nebenwirkungsrisiken führte, dies jedoch keinen Einfluss auf die Mortalität nahm [
11].
Aktuell liegen keine gültigen Leitlinien zur Prävention, Diagnostik oder Therapie von Schilddrüsenknoten für den deutschsprachigen Raum vor. Die durch verbesserte Technik zunehmende, oftmals zufällige Detektion von Schilddrüsenknoten durch Ärzt:innen unterschiedlicher Fachrichtungen führt zu vermehrten hausärztlichen Beratungsbedarfen. Die neu zu entwickelnde Leitlinie wird Empfehlungen zu präventiven, diagnostischen und therapeutischen Versorgungsfragen im hausärztlichen Setting formulieren und Schnittstellen zur Weiterbehandlung in anderen Fachbereichen aufzeigen.
Zur Entwicklung handlungsleitender Empfehlungen erfolgen systematische, teilweise orientierende Literaturrecherchen. Die Empfehlungen werden im nominalen Konsensprozess mit acht Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V., Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V., Deutsche Röntgengesellschaft e. V., Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e. V., Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e. V., Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e. V., Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V., Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.) und Patientenvertreter:innen des Bundesverbands Schilddrüsenkrebs – Ohne Schilddrüse leben e. V. abgestimmt. Zusätzlich werden vom Autorenteam Qualitätsindikatoren recherchiert und für das deutsche Versorgungssystem angepasst oder entwickelt. Die Leitlinienentwicklung wird von DEGAM-nominierten Paten begleitet (G. Egidi, M. Becker, M. Philipp, C. Allerlei, H.-J. Hellmuth). Die finale Version der LL soll bis Ende März 2025 publiziert sein. Die Entwicklung einer begleitenden laienverständlichen Patienteninformation wird von der „Was hab ich?“ gGmbH (Dresden, Deutschland) und dem Bürgerforum des Instituts für Allgemeinmedizin Würzburg beraten.
(Autorin: KV)