Erschienen in:
09.05.2017 | Einführung zum Thema
Amoktaten
Forschung im Dienste der Prävention
verfasst von:
Prof. Dr. B. Bannenberg, P. Bauer
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 3/2017
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Auszug
Amoktaten sind geplante Mehrfachtötungen durch Einzeltäter, die auf Medienwirkung ausgerichtet sind. Die Taten haben trotz ihrer Seltenheit große Auswirkungen. Die oft willkürlich ausgewählten Opfer, ihre Angehörigen, die Hinterbliebenen und Freunde erleben einen Einbruch in die als sicher geglaubte Welt durch einen spektakulären Gewaltakt. Die Polizeibeamten, Rettungskräfte und Notärzte sowie Augenzeugen am Tatort sehen sich mit einer Form von Gewalt konfrontiert, die in dem sicheren Deutschland sehr ungewöhnlich ist. Die Auswirkungen strahlen auch auf die Bevölkerung aus, weil derartige Taten, die gewissermaßen überall jeden treffen können, Angst auslösen sowie Furcht und Schrecken verbreiten. Es entsteht das weitere Problem der ausufernden Berichterstattung, die rasch Persönlichkeitsrechte von Betroffenen verletzt. Für die zunächst nichtverstehbare Handlungsweise des Täters bieten Medienvertreter übereilt und ohne Grundlage spekulative Motive an. So hält sich bis heute die falsche Annahme, insbesondere die jungen Amoktäter seien wegen Mobbings zu Amoktätern geworden. Diese Spekulationen verletzen Opfer und Betroffene, weil dem Täter – zu Unrecht – ein entschuldigendes Motiv für seine Taten zugesprochen wird. Zudem werden zahlreiche tatgeneigte Personen durch die Gewaltrechtfertigung in ihren Hassfantasien angeregt. Sie übernehmen gern die angebotenen Rechtfertigungsmuster. Phänomenologie, Motive und Ursachen von Amoktaten zu erforschen, ist deshalb trotz der geringen Zahl von Taten in Deutschland wichtig, um das Phänomen zu verstehen, weitere Taten zu verhindern und um die sich nach einer Tat häufenden Drohungen (als vermeintlicher Scherz oder auch ernst gemeint) und Nachahmer gering zu halten. …