Was tun, wenn der Krebspatient anämisch wird?

Beinahe jeder zweite Tumorpatient rutscht im Laufe seiner Erkrankung in eine Anämie. Transfusionen sollten dennoch eine Ausnahme bleiben. Die Kriterien, wann ein Krebspatient mit Anämie transfundiert werden sollte, sind in den aktuellen Querschnittsleitlinien der Bundesärztekammer streng definiert, wie der Onkologe Prof. Hartmut Link vom Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern beim diesjährigen ASORS-Jahreskongress betonte. Nur bei Hämatokritwerten unter 24% bzw. unter 21% oder Hämoglobinkonzentrationen unter 8 bis 7 dg/l ist eine Transfusion gerechtfertigt, und auch nur dann, wenn der Patient Anämie-bedingte Beschwerden hat. Doch warum verfolgt man beim Thema Transfusionen eine so restriktive Strategie? Weil in diesem Punkt mehr nicht mehr nutzt, wie Link betonte. Im Gegenteil: Gemäß zweier Metaanalysen aus den Jahren 2013 und 2015 lagen die Mortalitätsraten bei liberaler Transfusionsstrategie sogar höher als bei restriktivem Vorgehen. Zwar stammten die meisten Daten aus anderen medizinischen Fachgebieten, doch angesichts der großen Fülle müssten sie auch in der Onkologie Berücksichtigung finden, wie Link betonte. Außerdem scheint nach den Ergebnissen einer Cochrane-Metaanalyse ohne Transfusion das Rückfallrisiko der Krebspatienten geringer auszufallen. In der Analyse berücksichtigt wurden randomisierte prospektive Studien, in denen Darmkrebspatienten, die perioperativ transfundiert worden waren, solchen Darmkrebspatienten gegenübergestellt worden sind, die während der Op. keine Bluttransfusionen erhalten hatten. Doch wie lässt sich der Anämie ansonsten begegnen? Die aktuelle S3-Leitlinie „Supportive Therapie“ empfiehlt, bei Chemotherapie-induzierter Anämie die Gabe von Erythropoetin zu erwägen. Eine Metaanalyse mit 25 Studien bestätigte ein gutes hämatologisches Ansprechen. Ob sich damit auch Transfusionen verhindern lassen, könne jedoch nicht abschließend beurteilt werden, so Link. Zwar sprächen die Zahlen dafür, doch die methodische Qualität der Endpunkte müsse als gering eingestuft werden. Die Befürchtung, Erythropoese-stimulierende Agenzien (ESAs) könnten das Gesamtüberleben der Patienten verschlechtern, ließ sich hingegen bei zulassungsgemäßer Anwendung nicht bestätigen, wie Link erklärte. Der Onkologe berief sich dabei auf die Ergebnisse einer Metaanalyse mit 24 Studien, in denen Erythropoetin ausschließlich bei Patienten mit Chemotherapie-induzierter Anämie und einem Hb-Wert unter 10 eingesetzt worden war. basierend auf: Link H: Epo oder Transfusion? Aktuelle Datenlage und Diskussion. 5. ASORS-Jahreskongress, München, 31. März bis 1. April 2017

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