Narkosetiefe hat Auswirkungen auf Langzeitprognose

Mehr und mehr zeichnet sich ab, dass die Narkosetiefe den postoperativen Krankheitsverlauf maßgeblich beeinflusst. Vor allem die Kombination aus Bispektral-Index, Blutdruck und alveolärer Anästhetikakonzentration könnte sich künftig auf die Narkosesteuerung auswirken. Mit der Identifikation von Faktoren, die mit der Morbidität und Mortalität nach Operationen assoziiert sind, hoffen Anästhesiologen, therapeutische Steuerungsinstrumente an die Hand zu bekommen, die die perioperative Prognose der Patienten verbessern. So gibt es seit einiger Zeit Hinweise, dass sich niedrige Bispektral-Indices (BIS) als Zeichen tiefer Hypnose ungünstig auswirken, besonders bei kardiochirurgischen Patienten. Triple-low-Status ist ungünstig „Niedrige Indexwerte und die Unterdrückung hirnelektrischer Aktivität treten jedoch nicht nur bei tiefer Anästhesie auf, ähnliche EEG-Muster finden sich bei zerebraler Hypoperfusion“, so Prof. Dr. Gerhard Schneider aus Wuppertal auf dem Deutschen Anästhesiecongress (DAC) in Leipzig. Schneider zitierte eine Studie, in der neben dem BIS-Wert auch der mittlere arterielle Blutdruck (MAP) und die alveoläre Anästhetikakonzentration (MAC) betrachtet worden war. Weichen alle drei Faktoren mehr als zwei Standardabweichungen von einem definierten Mittelwert ab, war dies mit einem verlängerten Krankenhausaufenthalt und erhöhter Sterblichkeit verbunden. Die 30-Tage-Mortalitätsrate war verdoppelt, wenn zwei der Faktoren erniedrigt waren, und vervierfacht, wenn alle drei Faktoren erniedrigt waren (Triple-low-Status). Zudem war es für die Prognose bedeutsam, ob der Triple-Low-Status eine Stunde und länger angehalten hatte oder maximal 15 Minuten [1]. Seit 2009 wird diese Hypothese in einer prospektiven Studie untersucht, die Ergebnisse werden nach Schneiders Angaben in Kürze erwartet. Des Weiteren werden Resultate einer prospektiven Studie von BIS-gesteuerten Narkosen bei großen chirurgischen Eingriffen erwartet. Vermehrt Delirien und kognitive Defizite Ein weiterer Punkt, der Anästhesiologen Sorgen macht, ist die Auswirkung der Narkosetiefe auf die Häufigkeit von Delirien und auf die Kognition der Patienten. Auch auf diesem Feld verdichten sich die Hinweise auf negative Konsequenzen sehr tiefer Narkosen. In einer deutschen Studie waren bei über 60-jährigen Patienten und Operationsdauern von über einer Stunde BIS-Werte unter 20 mit einer deutlich erhöhten Delir-Wahrscheinlichkeit verbunden, negative Auswirkungen auf die Kognition waren dagegen nicht feststellbar [2]. Eine ähnliche chinesische Untersuchung fand bei BIS-gesteuerten Narkosen mit Werten zwischen 40 und 60 günstige Auswirkungen auf die Häufigkeit postoperativer Delirien und kognitiver Probleme [3]. Und schließlich ist ein einer gerade publizierten Subanalyse kardio- und thoraxchirurgischer Patienten in der BAG-RECALL-Studie festgestellt worden, dass die Anästhetikakonzentration, die Anzahl der transfundierten Erythrozytenkonzentrate, der ASA*-Klassifikation sowie der EuroScore signifikant mit dem Auftreten postoperativer Delirien verbunden ist. Bei BIS-gesteuerter Narkose schienen weniger Delirien aufzutreten, allerdings war das Signifikanzniveau nicht erreicht worden [4]. *ASA - American Society of Anesthesiologists Lesen Sie mehr Weitere Beiträge finden Sie im Dossier zum Deutschen Anästhesiecongress 2014. Literatur [1] Sessler DI et al. Anesthesiology 2012;116:1195 [2] Radtke FM et al. Br J Anaesth 2013; 110:Suppl 1:i98 [3] Chan MT et al.: J Neurosurg Anesthesiol 2013;25:33 [4] Whitlock EL et al. Anesth Analg 2014;118:809

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