Erschienen in:
01.04.2015 | Schwerpunkt
Anale Stuhlinkontinenz
Pathophysiologie – Diagnostik – Therapie
verfasst von:
Prof. Dr. T. Frieling
Erschienen in:
Die Gastroenterologie
|
Ausgabe 3/2015
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Die Stuhlinkontinenz beschreibt den unfreiwilligen Abgang von flüssigem oder festem Stuhl, die Analinkontinenz den unwillentlichen Abgang von Gas mit oder ohne Stuhl. Die Anal- bzw. Stuhlinkontinenz ist ein Symptom und keine Diagnose und weiterhin ein Tabuthema, das einfühlsam in der Anamneseerhebung speziell erfragt werden muss. Die Ergebnisse epidemiologischer Untersuchungen zeigen eine Prävalenz von insgesamt 7–15 %, davon bis zu 30 % im Krankenhaus und von bis zu 70 % in Pflegeheimen. Die Analinkontinenz stellt somit eine erhebliche sozioökonomische Belastung dar.
Pathophysiologie und Diagnostik
Eine allgemeingültige Klassifizierung der Analstuhlinkontinenz existiert nicht. Einteilungen sind anhand der Ursachen, der Pathophysiologie und der Art der Inkontinenz möglich. Die Kontinenzfunktion wird durch die strukturelle und funktionelle Integrität des Anorektums bestimmt. Hierbei sind die Anatomie des Beckenbodens und Anorektums, die rektale Sensibilität und die Compliance entscheidende Größen. Die Stuhlinkontinenz entsteht in der Regel, wenn einzelne oder häufiger mehrere Kontinenzfunktionen gestört sind. Im Einzelnen müssen Muskel- bzw. Nervenschädigungen durch Trauma, Operation, Geburt, Beckenbodensenkung bzw. Begleiterkrankungen abgeklärt werden. Ebenfalls erscheint die Erfassung einer verminderten Rektumcompliance durch Entzündungen oder nach Bestrahlung bzw. eine Störung der viszeralen Sensibilität durch Polyneuropathien wichtig. Die Abklärung einer Stuhlinkontinenz beinhaltet die Basisuntersuchung mit ausführlicher Anamnese und gegebenenfalls mit der Anlage eines Stuhl- bzw. Ernährungstagebuchs. Im Einzelfall ist eine weiterführende anorektale Diagnostik angebracht. Hierbei wird nach Einzelkomponenten der meist komplex gestörten Kontinenzfunktionen gefahndet.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Symptomatik und sollte multidisziplinär in Zusammenarbeit mit Gastroenterologen, Chirurgen, Gynäkologen, Urologen, Physiotherapeuten und Psychologen erfolgen. Die chirurgische Therapie sollte erst nach ausführlicher Diagnostik und Ausschöpfung aller konservativen Möglichkeiten erfolgen und beinhaltet neuerdings die sog. staplerunterstützte transanale Rektumresektion (STARR-Operation) bei anorektalem Prolaps und die Sakralnervenstimulation bei Inkontinenz bzw. Obstipation.