Erschienen in:
08.10.2020 | Anorexia nervosa | Leitthema
Darmmikrobiom und Anorexia nervosa
Der Zusammenhang von Mikrobiom und Darm-Gehirn-Interaktion im Kontext der Anorexia nervosa
verfasst von:
Dr. J. Seitz, L. Keller, S. Trinh, B. Herpertz-Dahlmann
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 12/2020
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Zusammenfassung
In den letzten Jahren haben das Darmmikrobiom und seine Interaktion mit dem Gehirn zunehmendes Interesse geweckt. Längst sind die im Zuge dieser Forschung gewonnenen Erkenntnisse nicht mehr nur für Grundlagenwissenschaftler, sondern auch für Kliniker von Relevanz, da Studien einen Zusammenhang zwischen einem veränderten Mikrobiom und unterschiedlichen somatischen (z. B. chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Adipositas und Diabetes) wie auch psychischen Erkrankungen (z. B. Angststörungen, Depressionen) nahelegen. Hierbei scheinen neben einem direkten Einfluss des Mikrobioms auf Gehirn und Verhalten verschiedene Mechanismen relevant zu sein, u. a. eine veränderte Energieaufnahme aus der Nahrung, hormonelle Veränderungen, möglicherweise eine erhöhte Darmdurchlässigkeit sowie entzündliche und immunologische Prozesse. Die Anorexia nervosa (AN) ist die dritthäufigste chronische Erkrankung im Jugendalter und weist unter allen psychischen Störungen die höchste Mortalität auf. Neben einem restriktiven Essverhalten, Gewichtsverlust und komorbiden Angst- und Depressionssymptomen sind endokrine Veränderungen sowie Autoimmun- und Entzündungsphänomene charakteristisch. Da die AN besonders stark mit Essverhalten und Ernährung verbunden ist, scheint die Erforschung des Mikrobioms gerade in Bezug auf diese Krankheit sehr vielversprechend. Dieser Artikel gibt einen ersten Einblick in die zugrunde liegenden Prozesse, die bei der Darm-Gehirn-Interaktion im Kontext der AN eine Rolle spielen und fasst die bisherigen empirischen Befunde zu diesem Themenfeld zusammen. Abschließend wird ein Ausblick auf zukünftige Forschung und mögliche Implikationen für die therapeutische Praxis und Behandlung der AN gegeben.