Erschienen in:
20.05.2019 | Originalarbeit
Ansätze zur Reform der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
verfasst von:
Jürgen L. Müller
Erschienen in:
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie
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Ausgabe 3/2019
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Zusammenfassung
Nach Reformen des Rechts der Sicherungsverwahrung (2013) und der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (2016) steht jetzt auch die Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor einem tiefgreifenden Veränderungsprozess. Die Zahl der Patienten, die in einer Entziehungsanstalt auf Grundlage des § 64 StGB untergebracht wurden, ist in den letzten Jahren erheblich angestiegen und steigt kontinuierlich weiter. Seit 1990 hat sich die Patientenzahl von 1000 auf 4000 Patienten im Jahr 2014 vervierfacht. Gegenwärtig sind etwa 4500 Patienten auf Grundlage des § 64 StGB untergebracht. Dramatisch angestiegene Belegungszahlen und Veränderungen der Patientenpopulation werden als Gründe für den Reformbedarf genannt.
Darüber hinaus kann eine ebenfalls wachsende Anzahl von Patienten die Behandlung nicht erfolgreich abschließen. Bundesweit wird etwa jede zweite Behandlung abgebrochen. Die gesetzlichen Eingangskriterien erscheinen einerseits zu weit gefasst (Hang zu übermäßigem Suchtmittelkonsum) und andererseits wenig treffsicher (hinreichend konkrete Erfolgsaussicht). Zwar profitieren Patienten, die die Therapie erfolgreich abschließen, langfristig davon und werden deutlich seltener rückfällig. Etwa die Hälfte der Behandlungen wird jedoch abgebrochen, weil sie keinen Erfolg verspricht. Diese Patientengruppe bildet eine schlecht versorgte Risikoklientel. Dies gibt Anlass, über die Konzeption der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und über alternative Versorgungsangebote nachzudenken.