Erschienen in:
12.08.2019 | Originalien
Arbeitsphysiologische Aspekte der physischen Leistungsfähigkeit
verfasst von:
Prof. Dr. med. Bernd Hartmann, Dr. rer. nat. Reingard Seibt
Erschienen in:
Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie
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Ausgabe 1/2020
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Zusammenfassung
Der Begriff der Leistungsfähigkeit von Menschen wird neben der Arbeitsmedizin und Arbeitswissenschaft auch in vielfältigen anderen Zusammenhängen verwendet. Leistungsfähigkeiten sind zurückzuführen auf physische, sensorische, kognitive und psychische Leistungsvoraussetzungen. Bei der Betrachtung von physischen Leistungsfähigkeiten sind Wechselwirkungen mit anderen Ebenen menschlicher Leistungsfähigkeit einschließlich der Resilienz zu berücksichtigen. Physische Leistungsvoraussetzungen (als konditionelle Fähigkeiten = motorische Hauptbeanspruchungsformen bezeichnet) umfassen Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Flexibilität. Die Beurteilung einer konkreten arbeitsbezogenen Leistungsfähigkeit mit leistungsdiagnostischen Testverfahren bildet nur Teilaspekte der realen Leistungsfähigkeit ab; Leistungsfähigkeit ist deshalb durch die Testung einzelner Komponenten nicht abschließend zu ermitteln. Testverfahren sind umso aussagekräftiger, je realitätsnaher sie die entsprechenden Arbeitsanforderungen simulieren. Tests der Leistungsfähigkeit prüfen überwiegend die jeweils maximal erreichbare Leistung. Berufliche Arbeiten werden aber zumeist nicht am maximal möglichen Limit der Leistungsfähigkeit ausgeführt, sondern auf submaximalem Niveau, wobei die verbleibenden Leistungsreserven individuell unterschiedlich sind. Ergebnisse von Tests und Normwerte für Maximalleistungen (Vita-maxima-Tests, Maximalkräfte etc.) sind entsprechend zu interpretieren. Die Beurteilung der Testergebnisse von Leistungsfähigkeiten erfordert den Bezug zu Normwerten, die nach Geschlecht und Alter differenziert sind. Beschäftigte über 50 Jahre sollten Berücksichtigung finden. Der Begriff der „normal belastbaren Personen“ als Oberbegriff für einen Personenkreis, für den die Lebensverhältnisse ohne besonderes Ansehen der einzelnen Person gesundheitlich akzeptabel sein sollten, hat weiterhin eine praktische Bedeutung. Prüfungen der physischen Leistungsfähigkeit im Sinne der Eignungsdiagnostik sind nur bei besonderen Anforderungen, bei denen der Schutz Dritter im Vordergrund steht, auf der Basis arbeitsrechtlicher Rechtsgrundlagen zulässig.