Tibialis-posterior-Sehne, Tibialis-anterior-Sehne, Peronealsehnen Matthias Walcher, Würzburg Sehnenpathologien und deren Behandlungen umfassen einen wesentlichen Teil der täglichen Arbeit eines Fuß- und Sprunggelenkchirurgen. Da die Sehnen oberflächlich gelegen sind, sind sie einer subtilen klinischen Untersuchung ausgezeichnet zugänglich. Grundsätzlich müssen immer akute, echte traumatische Rupturen von den wesentlich häufigeren Verschleißerkrankungen unterschieden werden. Einige Sehnen können auch Instabilitätssymptomatiken entwickeln. Zudem gibt es selbstverständlich auch Tendinitiden und Reizungen der Sehnenansätze. Anamnese Wichtige Punkte in der Anamneseerhebung sind vorangegangene Verletzungen oder Traumaereignisse. Auch Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis oder eine eventuelle Hyperurikämie müssen abklärt werden. Wie bei jeder orthopädischen Anamnese ist es wichtig, die Schmerzlokalisation, -qualität und den zeitlichen Verlauf der Schmerzen abzufragen, wie auch auslösende und die Beschwerden erleichternde Faktoren. Untersuchungsgang Um den Umfang dieses Kapitels nicht zu groß zu gestalten und Redundanzen zu vermeiden, sollen grundsätzliche Dinge, wie Beurteilung des Weichteilstatus und der Durchblutung/Nervenfunktion, die Teil jeder klinischen Untersuchung sind, hier nicht noch einmal extra erwähnt werden. Untersuchung der Tibialis-posterior-Sehne Zu Beginn der Untersuchung findet eine Inspektion des Fußes idealerweise unter Belastung statt. Dabei muss vor allem auf eventuelle Schwellungen entweder im Verlauf der Tibialis-posterior-Sehne hinter dem Innenknöchel, oder in ihrem Ansatzbereich geachtet werden. Die Inspektion sollte immer auch von hinten durchgeführt werden. Dadurch kann auch eine Valgusposition des Rückfußes erfasst werden, die entweder Ursache, aber perfiderweise auch Folge einer Tibialis-posterior-Sehnenüberlastung und -insuffizienz sein kann. In dieser Position kann dann auch das sog. „too-many-toes sign“ erhoben werden. Dieses ist Folge der häufig beim Pes planovalgus mit Tibialis-posterior-Sehneninsuffizienz begleitenden Vorfußabduktion. Bei der Inspektion von dorsal können dann nicht nur die Zehe 4 und 5 gesehen werden, sondern auch die Zehen 2–3. Direkt ausgehend von dieser Inspektion kann dann der Heel-rise-Test durchgeführt werden, entweder als Double-heel-rise-Test oder als Single-heel-rise-Test. Der Patient wird dabei entweder im Einbeinstand oder im Zweibeinstand gebeten, den Zehenspitzenstand einzunehmen. Wenn dies unmöglich ist, oder aber eine Varisierung des Rückfußes mit Verstärkung des Fußgewölbes dabei ausbleibt, liegt eine Insuffizienz der Tibialis-posterior-Sehne vor, ggf. sogar eine Ruptur. Der Single-heel-rise-Test ist dabei sicher die deutlich sensitivere Testvariante, aber bei älteren Patienten mit Gangunsicherheit oder eingeschränktem Gleichgewichtssinn ggf. sturzgefährdend. Danach kann im Liegen eine Palpation der Sehne in ihrem Verlauf stattfinden. Typische Prädiletionsstellen für Pathologien der Tibialis-posterior-Sehne sind ihr Verlauf hinter dem Malleolus medialis und vor allem auch ihr Ansatz im plantaren Bereich des Os naviculare. Zuletzt sollte noch eine Krafttestung der Tibialis-posterior-Muskulatur am sitzenden Patienten mit hängendem Bein durchgeführt werden. Dabei wird der Patient angewiesen, gegen den Widerstand der Hand des Untersuchers eine kombinierte Supinations-/Adduktionsbewegung durchzuführen. Beim Pes planovalgus und Tibialis-posterior-Sehneninsuffizienz muss immer eine eventuell begleitende mediale Bandinstabilität am OSG, oder aber eine Pathologie des Spring-Ligaments ausgeschlossen werden. Abb. 1 Inspektion des Fußes. Der Verlauf der Peronealsehnen, der Tibialis-posterior- und der Tibialis-anterior-Sehne sind eingezeichnet AGA × Abb. 2 Palpation des Verlaufs und des Ansatzes der Tibialis-posterior-Sehne AGA × Abb. 3 Krafttestung der Tibialis-posterior-Sehne AGA × Abb. 4 Double-heel-rise-Test AGA × Untersuchung der Peronealsehnen Auch hier findet eine Inspektion des Fußes idealerweise unter Belastung statt. Dabei muss vor allem auf eventuelle Schwellungen im Verlauf der Peronealsehnen hinter dem Außenknöchel gedacht werden. Zudem muss auf eine eventuelle Varusposition des Rückfußes geachtet werden, die Ursache oder Folge einer Ruptur oder Überlastung der Peronealsehnen sein kann. Danach kann im Liegen eine Palpation der Sehne in ihrem Verlauf stattfinden. Typische Prädiletionsstellen für Pathologien der Peronealsehnen sind im Herumtritt um die Außenknöchelspitze, im Bereich des sehr größenunterschiedlich ausgebildeten Tuberculum peroneale sowie im Bereich des Herumtritts der Peroneus-longus-Sehne um das Os cuboideum nach plantarseitig. Es muss auch beachtet werden, dass die M.-peroneus-longus-Sehne am medialen Fußrand sowie am Os cuneiforme mediale und der Basis des Metatarsale I von plantarseitig ansetzt. Nun wird eine Krafttestung der Muskulatur am sitzenden Patienten mit hängendem Bein durchgeführt. Dabei wird gegen den Widerstand des Untersuchers eine kombinierte Abduktions-/Eversionsbewegung durchgeführt. Wichtig ist auch die Überprüfung der Stabilität der Peronealsehnen im Bereich der Fibulaspitze. Es gibt hier sehr seltene Fälle, in denen eine oder beide Peronealsehnen spontan luxiert getastet werden können. In der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle mit Instabilität der Peronealsehnen werden jedoch unspezifische Schmerzen im Bereich der Fibulaspitze angegeben. Die Sehne/n ist/sind dabei in Entspannung der Peronealmuskulatur häufig nach retromalleolär reponiert. Bei Rotationsbewegungen im OSG mit großem Bewegungsradius oder aber forcierter Abduktion/Dorsalextension kommt es dann zur tastbaren Luxation oder Subluxation der Peronealsehne(n) über die Fibulaspitze. Bei jeglicher Pathologie der Peronealsehnen muss immer klinisch eine Instabilität des Außenbandapparates am OSG ausgeschlossen werden. Abb. 5 Palpation der Peronealsehnen im Verlauf AGA × Abb. 6 Krafttestung der Peronealsehnen AGA × Abb. 7 Rotation von Fuß und Sprunggelenk zur Stabilitätsprüfung der Peronealsehnen. Bei einer echten Untersuchung würde durch Palpation der Perimalleolarregion lateral im Fall einer Instabilität der Sehnen(n) eine Luxation/Subluxation tastbar. Aus Gründen der verbesserten Bilddarstellbarkeit wurde hier darauf verzichtet AGA × Untersuchung der Tibialis-anterior-Sehne Hier sind gelegentlich Schwellungen insbesondere im Ansatzbereich der Tibialis-anterior-Sehne bei den nicht seltenen Insertionsreizungen zu beobachten. Bei Ruptur ist es häufig so, dass ein verdickter distaler Stumpf sich im Bereich des Extensorenretinakulums direkt oberhalb des Niveaus des Sprunggelenks verhakt, und dann dort ggf. auch makroskopisch gesehen oder palpiert werden kann. Bei Ruptur der Tibialis-anterior-Sehne kommt es zudem zum Steppergang und typischerweise zu einer kompensatorischen Mehrbeweglichkeit im Kniegelenk und Hüftgelenk. Eine Rekrutierung des EHL und EDL als Hilfsdorsalextensoren im OSG kann hier den Ausfall der Tibialis-anterior-Muskelfunktion teilmaskieren. Bei länger bestehenden Befunden bilden sich dann durch die deutlich erhöhte Grundspannung dort Krallenzehenfehlstellungen aus. Nun wird die Tibialis-anterior-Sehne palpiert. Beschwerden/Reizungen treten vor allem in ihrem Ansatzbereich oder in ihrem Durchtritt durch das Extensorenretinakulum auf. Die Krafttestung kann ausgezeichnet am liegenden Patienten durchgeführt werden, und besteht in einer Fußhebung gegen Widerstand. Abb. 8 Palpation der Tibialis-anterior-Sehne im Verlauf und Ansatz AGA × Abb. 9 Krafttestung der Tibialis-anterior-Sehne AGA ×