Kein Nutzen von Opioiden gegen Rücken- oder Arthroseschmerz

Patienten mit mäßigen bis schweren Schmerzen am Rücken oder in arthrotischen Gelenken ist mit Opioiden nicht besser geholfen als mit nichtopioidalen Schmerzmitteln. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Ob Patienten mit schweren chronischen muskuloskeletalen Schmerzen langzeitig Opioide erhalten sollten, ist ein umstrittenes Thema. Die deutsche S3-Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen“ gibt für solche Fälle eine Kann-Empfehlung. Hiernach „können“ opioidhaltige Analgetika „als eine Therapieoption für eine Dauer von 4–12 Wochen angeboten werden“. Für chronische Rückenschmerzen wird zur Überprüfung der Medikation nach spätestens drei Monaten geraten. Bei Ausbleiben der gewünschten Schmerz- bzw. Funktionsverbesserung gilt die Fortsetzung der Opioidgabe als kontraindiziert. Eine Arbeitsgruppe um Erin Krebs von der University of Minnesota Medical School hat im Zuge einer Studie verglichen, wie sich eine Therapiestrategie mit und ohne Opioide über ein Jahr hinweg auf das Befinden von Patienten auswirkt, die an chronischen Rückenschmerzen oder Arthroseschmerzen in Knie- oder Hüftgelenk leiden. Von den 240 Teilnehmern blieben 234 bis zum Schluss dabei. Davon erhielten je die Hälfte Opioide in einem dreistufigen Schema (1: Morphin, Hydrocodon/Paracetamol oder Oxycodon, 2: Morphin oder Oxycodon in retardierter Galenik; 3: transdermales Fentanyl) oder eine ebenfalls dreigestufte Nichtopioidmedikation (1: Paracetamol und NSAR; 2: adjuvant orales Nortriptylin, Amitriptylin oder Gabapentin sowie topische Analgetika wie Capsaicin oder Lidocain; 3: Pregabalin, Duloxetin oder Tramadol. Geringere Schmerzen unter Nichtopioiden Ein entscheidender Vorteil der Opioidmedikation war nach einem Jahr nicht festzustellen. Weder waren die Patienten in dieser Gruppe in ihren Alltagsaktivitäten weniger eingeschränkt, noch hatten sie weniger Schmerzen. Im Gegenteil: Auf einer Skala von 0 bis 10 (schlimmste Schmerzen) fiel der Schmerzgrad in der Nichtopioidgruppe im Mittel sogar signifikant niedriger aus (3,5 vs. 4,0; p = 0,03). Eine Besserung der Beschwerden um mindestens 30% gegenüber dem Ausgangswert wurde mit Blick auf die Funktionalität von 61% in der Nichtopioid- und von 59% in der Opioidgruppe erreicht; die Differenz war statistisch bedeutungslos. Bezogen auf die Schmerzen gelang eine Linderung dieses Ausmaßes bei 54% der Patienten unter Nichtopioiden und 41% der Patienten unter Opioiden – ein Ergebnis, das mit einem p-Wert von 0,05 die Schwelle zur Signifikanz streift. Medikationsbedingte stationäre Aufenthalte oder Besuche in der Notaufnahme sowie Stürze ereigneten sich unter einer Opioidmedikation signifikant häufiger als unter Nichtopioiden. Im Durchschnitt waren nach einem Jahr zwei solcher Ereignisse zu verzeichnen, wenn die Patienten Opioide verordnet bekommen hatten, verglichen mit einem Zwischenfall unter Nichtopioiden (p = 0,03). Nur hinsichtlich einer Angstsymptomatik waren Opioide leicht überlegen. Das Fazit, das Krebs und Kollegen angesichts dieser Befunde ziehen, fällt eindeutig aus: „Opioide zeigten bei Patienten mit chronischen Rücken- bzw. arthrotischen Knie- oder Hüftgelenksschmerzen keinerlei Vorteil gegenüber einer nichtopioidalen Medikation, der das höhere Schadensrisiko aufwiegen könnte.“ Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie sieht die Nutzen-Risiko-Bilanz einer langzeitigen Opioidtherapie von Patienten mit schweren chronischen Rücken- oder Arthroseschmerzen im Vergleich zu einer nichtopioidalen Medikation aus? Antwort: Eine Stufentherapie mit Opioiden hat gegenüber einer gestuften Behandlung mit Nichtopioiden keine Vorteile, aber den Nachteil häufigerer medikationsbedingter Zwischenfälle. Bedeutung: Die Ergebnisse liefern keinen Grund, schwere chronische muskuloskeletale Schmerzen mit Opioiden zu behandeln. Einschränkung: Die Teilnehmer wussten, welche Medikamente sie erhielten, und die dokumentierten Resultate beruhten auf den Angaben der Patienten. Empfehlung der Redaktion 2016 | OriginalPaper | Buchkapitel Zur Zeit gratis Potenzial des analgetischen Placeboeffekts in der Rückenschmerztherapie Die Forschung zur Placebowirksamkeit gewinnt in den letzten Jahren eine zunehmende klinisch-praktische Bedeutung. Es wird nicht mehr nur von einem allgemeinen, unspezifischen Placeboeffekt ausgegangen, sondern es konnte gezeigt werden, dass es viele, krankheitsspezifische Placeboeffekte gibt. Die Erkenntnisse lesen Sie in diesem Kapitel.

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