Bei "Antibiotikaallergie" möglichst Provokationstest durchführen!

Ein Vermerk wie etwa „Penicillinallergie“ bleibt häufig über Jahre in einer Krankenakte ohne weitere Überprüfung stehen. Wird der Verdacht durch einen Provokationstest kontrolliert, stellen sich viele vermutete Allergien als nichtig heraus. Das bestätigt auch eine Studie aus Island an Kindern und Jugendlichen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bei Kindern kommt es bei der Behandlung mit Antibiotika häufig zu Hautausschlägen, die meist nur leicht ausgeprägt sind. Differenzialdiagnostisch muss auch an ein Virusexanthem gedacht werden. Häufig wird eine Antibiotikaallergie lediglich aufgrund von Angaben der Eltern oder Patienten vermutet, ohne dass die Diagnose zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal überprüft wird. Eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von der Universität Island wollte nun herausfinden, bei wie vielen der Kinder der Verdacht auf eine Antibiotikaallergie im Provokationstest bestätigt werden kann. Sie untersuchten retrospektiv 1.440 Kinder und Jugendliche im Alter von fünf Monaten bis 18 Jahren, die zwischen 2007 und 2018 einem oralen Provokationstest auf Antibiotika unterzogen worden waren. Die ursprüngliche Reaktion auf das Antibiotikum waren den Angaben der Eltern zufolge in den meisten Fällen Hautausschläge, die bei 91,5% der untersuchten Kinder und Jugendlichen auftraten. Der Großteil der Exantheme (71,2%) zeigten sich in den ersten drei Tagen nach Behandlungsbeginn. Nur leichte Reaktionen im Provokationstest Bei 92 (6,4%) der 1.440 Kinder und Jugendlichen wurden mögliche allergische Reaktion beobachtet. Neun (0,6%) entwickelten eine Reaktion innerhalb einer Stunde, eine Spätreaktion wurde bei 83 der Probanden festgestellt. Alle Befunde fielen leicht aus. 870 der 1.440 Teilnehmer unterzogen sich dem Provokationstest weniger als sechs Monate nach der ersten Reaktion auf ein Antibiotikum. Bei diesen Kindern und Adoleszenten war die Wahrscheinlichkeit eines positiven Testergebnisses höher als bei jenen, die zu einem späteren Zeitpunkt getestet wurden (p = 0,047). Bei 64 (69,6%) der 92 Kinder und Jugendlichen, die leichte Reaktionen zeigten, wurde ein bis zwei Jahre nach dem ersten Test ein zweiter Provokationstest durchgeführt. Bei elf Patienten (17,2%) kam es zu einer späten und leichten Reaktion, meist mit Hautausschlag, während 53 (82,8%) keine Symptome entwickelten. Einen Verdacht immer abklären Schätzungen zufolge steht bei etwa 10% der Bevölkerung eine mögliche Allergie gegen Antibiotika – insbesondere gegen Penicilline – im Raum. Bei vielen dieser Patienten wurde die Diagnose im Kindesalter gestellt. Häufig basiert ein Vermerk wie „Penicillinallergie“ auf Angaben der Patientinnen und Patienten, die sich auf eine schon länger stattgehabte Reaktion beziehen, die jedoch nie weiter abgeklärt wurde. Der Verdacht auf eine Penicillinallergie erfordert den Einsatz von Antibiotika, die oft teurer sind und das Risiko einer Resistenz erhöhen können. Es ist daher von großem Interesse, die Diagnose einer vermuteten Antibiotikaallergie zu bestätigen oder aber auszuschließen. „Die korrekte Diagnose ist sowohl für die Patienten als auch für die Gesellschaft wichtig“, erläutern die Autoren um Gyða Katrín Guðnadóttir von der University Island in Reykjavik. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung belegen, dass es sicher ist, nach milden allergischen Reaktionen bei Kindern und Jugendlichen einen oralen Provokationstest durchzuführen. Das Besondere an der vorliegenden Studie ist, dass die Teilnehmer, die im ersten Provokationstest Reaktionen zeigten, ein bis zwei Jahre später noch einmal untersucht wurden. Lediglich 17,2% entwickelten dann eine leichte Spätreaktion. „Schätzungsweise 1% der 1.440 untersuchten Kinder in unserer Studie hatte eine milde Spätreaktion, die mit dem verabreichten Antibiotikum in Verbindung gebracht werden kann“, schreiben die Studienautoren. „Wir glauben, dass, wenn die mutmaßliche allergische Reaktion auf das Antibiotikum leicht ist, der Arzt beziehungsweise die Ärztin dem Patienten trotzdem das gleiche Antibiotikum bei Bedarf sechs Monate nach dem Ereignis oder später erneut verschreiben kann.“ Das Wichtigste in Kürze Frage: Bei wie vielen Kindern und Jugendlichen kann eine vermutete Antibiotikaallergie im Provokationstest tatsächlich bestätigt werden? Antwort: Bei 6,4% der 1.440 Kinder und Jugendlichen wurden mögliche allergische Reaktionen beobachtet, die jedoch allesamt mild ausfielen. Insgesamt zeigten etwa 99% der Kinder keine lang anhaltenden unerwünschten Reaktionen auf Antibiotika. Bedeutung: Eine Antibiotikaallergie besteht seltener als gedacht und sollte immer abgeklärt werden.

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