Langfristig wirksames Rezept gegen Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerz

Mit Entzug und medikamentöser Prävention können Patienten dauerhaft von Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerz befreit werden. Wie die Maßnahmen kombiniert werden, ist für den Langzeiteffekt egal, kurzfristig macht es aber einen Unterschied. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Soll man bei Patienten mit Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerz (medication overuse headache, MOH) von Anfang an auf eine Kombination aus Entzug und medikamentöser Prävention setzen (E+P)? Oder erst eine der beiden Maßnahmen anbieten und bei Bedarf später optional die andere hinzunehmen (P+oE oder E+oP)? Dänische Kopfschmerzexperten um Louise Carlsen (Danish Headache Center, Glostrup) plädieren für den erstgenannten Weg, der auch in der europäischen Leitlinie so empfohlen wird. Carlsen und ihre Kollegen berufen sich dabei auf eine randomisierte Studie, in der sie die drei Strategien verglichen haben: Nach den jetzt veröffentlichten Ein-Jahres-Daten sind die drei Maßnahmen langfristig zwar gleichermaßen erfolgversprechend. Mit der kombinierten Therapie wird der Effekt aber am schnellsten erreicht, wie die erste Auswertung der Studie nach sechs Monaten ergeben hatte (JAMA Neurol 2020;77(9):1–10). Zehn Kopfschmerztag weniger An der Studie waren 120 Patienten mit MOH und Migräne oder Spannungskopfschmerz beteiligt, jeweils 40 wurden zufallsgemäß einer der drei Strategien zugewiesen. Als Präventivmedikation standen bei zugrundeliegender Migräne Betablocker, Candesartan, Lisinopril, Topiramat, Amitriptylin und Botulinumtoxin A zur Auswahl, bei Spannungskopfschmerz in erster Linie Amitriptylin und Mirtazapin. In der P+oE-Gruppe litt nach einem halben Jahr noch über ein Viertel der Patienten an MOH, die Hälfte von ihnen entschied sich für den Schmerzmittelentzug. 24 Patienten beendeten die Studie vorzeitig, ohne Unterschied zwischen den Gruppen. Insgesamt ging die monatliche Zahl der MOH-Tage im Lauf des Jahres von im Mittel 24,6 auf 15,0 zurück. In den drei Studienarmen betrug die Reduktion 10,8 (E+P), 10,3 (P+oE) und 7,9 Tage (E+oP); die Unterschiede waren statistisch bedeutungslos. Frei von MOH waren nach dieser Zeit 90%, 94% und 82%, auch dies keine relevanten Differenzen. 41% der Patienten hatten nach einem Jahr allerdings immer noch chronische Kopfschmerzen, also mindestens 15 Kopfschmerztage pro Monat. Als besonders anfällig dafür erwiesen sich Patienten mit einer höheren Zahl von Tagen mit Akutmedikation, stärkerer Schmerzintensität und Depression. Unterstützende Maßnahmen empfohlen Die wichtigste Botschaft des Ein-Jahres-Follow-up ist für Carlsen et al., „dass der schnell erreichte Effekt in der E+P-Gruppe ein langanhaltender und stabiler Therapieeffekt ist“. Zur MOH-Therapie solle daher weiterhin die Strategie mit Entzug und Prävention von Anfang an empfohlen werden. Für bestimmte Patientengruppen könne aber auch eine der anderen Strategien Vorteile haben: Entzug und spätere Prävention kann bei unklarem primärem Kopfschmerz helfen, die Diagnose zu klären und die passende Prävention zu verordnen. Umgekehrt kann es manchen Patienten den Entzug erleichtern, wenn sie zuerst eine Prävention erhalten. Mit insgesamt 11% war die MOH-Rückfallrate in der Studie relativ niedrig, in der Fachliteratur finden sich Quoten von bis zu 41%. Carlsen et al. gehen davon aus, dass auch die begleitenden Maßnahmen in ihrer Studie dazu beigetragen haben. Sie schlagen daher vor, auch regelmäßige Arztkontakte, Patientenschulung und nichtmedikamentöse Präventionsmaßnahmen wie Physio- und Psychotherapie in die MOH-Behandlung aufzunehmen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Was ist die optimale Behandlungsstrategie für Patienten mit Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerz (MOH)? Antwort: Langfristig ist es egal, ob Entzug (E) und Prävention (P) von Anfang an kombiniert werden (E+P) oder ob erst die eine und später zusätzlich die jeweils andere Maßnahme angeboten wird. Kurzfristig ist E+P am erfolgversprechendsten. Bedeutung: Entzug plus Prävention von Anfang an wirkt am schnellsten und ist auch dauerhaft effektiv. Einschränkung: Studie nicht verblindet, kleine Teilnehmerzahl.

Springer Medizin

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