Autor: Prof. Dr. Erika Richtig Auf dem virtuellen ASCO 2020 wurde die Arbeit einer deutschen Gruppe präsentiert, die Autoantikörper als Prädiktoren für das Überleben und die immunbezogenen Adverse Events bei Patienten mit metastasiertem Melanom unter Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren untersuchte. Zudem wurden neue, experimentelle Ansätze vorgestellt. In der Studie von Hassel et al. wurden Blutproben von 333 Melanompatienten in Stadium IV vor der Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren ausgewertet (Hassel JC et al., ASCO Virtual Annual Meeting 2020, Abstr. 10011). Insgesamt wurden 832 Antigene mit einer Luminex-Multiplex-Technologie untersucht. 30 % der Patienten erhielten Ipilimumab, 45 % Patienten Pembrolizumab, 6 % Nivolumab und 19 % Ipilimumab und Nivolumab. Die multivariate Datenanalyse von allen Autoantikörpern zeigte eine Assoziation zwischen dem Auftreten von immunvermittelten Nebenwirkungen und besserem klinischen Outcome. Anti-MIF-Antikörper waren assoziiert mit Krankheitsprogression und einem niedrigeren Risiko für immunvermittelte Nebenwirkungen unter Pembrolizumab. Auch Anti-FGFR-1-Antikörper waren assoziiert mit Progression, kürzerem Überleben und einer niedrigen Rate von immunvermittelten Nebenwirkungen unter Ipilimumab. Hingegen waren Anti-MAGEB4-Antikörper assoziiert mit besserem Überleben und einer höheren Rate von immunvermittelten Nebenwirkungen unter Ipilimumab. Anti-MITF-Autoantikörper waren assoziiert mit Kolitis. Die Konklusion war, dass einige Autoantikörper mit klinischem Outcome und mit immunvermittelten Nebenwirkungen verknüpft sind. Autoantikörper-Panels könnten nützlich sein, um den klinischen Outcome vorherzusagen sowie das Auftreten von immunvermittelten Nebenwirkungen. Ziel weiterführender Studien Studien sollte die Entwicklung prädiktiver diagnostischer Essays sein, die dann in weiteren Studien evaluiert werden könnten. Experimentelle Therapien auf dem Vormarsch Im Bereich der experimentellen Therapien wurden Lanzeitüberlebensdaten zu Lifileucel, einer kryopreservierten autologen tumorinfiltrierenden Lymphozytentherapie, präsentiert (Sarnaik A et al., ASCO Virtual Annual Meeting 2020, Abstr. 10006). Patienten konnten in die Studie eingeschlossen werden, wenn sie unter einer Checkpoint-Inhibitor-Therapie und einer BRAF-MEK-Inhibitor-Therapie (falls BRAF-mutiert) progredient waren. Nach einer chirurgischen Resektion wurde das Präparat in 22 Tage aufbereitet. Die Patienten erhielten währenddessen eine non-myeloablative Lymphodepletion mit Cyclophosphamid, gefolgt von Fludarabine, und danach wurde die TIL-Infusion einmalig verabreicht. Anschließend an Lifileucel erhielt der Patient einen kurzen Zyklus mit bis zu sechs Dosen von Interleukin-2-Infusionen, um die Antitumoraktivität zu steigern. Grad-3 / 4-Nebenwirkungen zeigten sich in 97 % der Patienten, wobei in erster Linie Thrombozytopenien, Anämien, febrile Neutropenien, Neutropenien, Hypophosphatämien, Leukopenien und Lymphopenien im Vordergrund standen. Die objektive Ansprechrate betrug 36,4 %. Komplette Remissionen waren bei 3 % der Patienten zu sehen, partielle Remissionen in 33 %, stabile Erkrankungen bei knapp 44 %. Das Ansprechen war unabhängig vom BRAF-Mutationsstatus, war auch vergleichbar in Patienten mit niedrigem und hohem PD-L1-Level sowie in Patienten, die eine Progression hatten nach Anti-CTLA4- oder früherer BRAF-Inhibition. Eine weitere sehr interessante Präsentation betraf eine Phase-I-Studie zur gleichzeitigen Gabe von intravenösem und intrathekalen Nivolumab bei Patienten mit Leptomeningiosis melanoblastosa (Glitza IC et al., ASCO Virtual Annual Meeting 2020, Abstr. 10008). Nivolumab wurde intrathekal in drei verschiedenen Dosierungen gegeben (5, 10 und 20 mg). Intravenös wurde Nivolumab mit der fixen Dosierung von 240mg verabreicht. Entsprechend der äußerst schlechten Prognose dieser Patientenkohorte war Dexamethason bis zu 4 mg / Tag erlaubt. Eine Bestrahlung des Gehirns und / oder der Wirbelsäule sowie vorhergehende Therapien einschließlich Checkpoint-Inhibitor-Behandlung, zielgerichtete Therapie und eine Behandlung mit Interleukin 2 waren erlaubt. Präsentiert wurden die Daten von 18 Patienten, 67 % zeigten eine BRAFV600E- oder V600K-Mutation. 50 % hatten einen positiven Liquorbefund in der Cerebrospinalflüssigkeit. Es wurde hierbei keine signifikante ZNS-Toxizität beobachtet, wobei die Datenanalyse hinsichtlich des Ansprechens in Auswertung ist. Prof. Priv.-Doz. Dr. Erika Richtig ist an der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie der Medizinischen Universität Graz tätig. Ihr Schwerpunkt ist die Dermatoonkologie. Sie engagiert sich bei der Österreichischen Krebshilfe Steiermark, wo sie seit 2001 Mitglied im Vorstand und derzeit wieder Präsidentin ist. Empfehlung der Redaktion ASCO 2020 Kongressdossier zum Annual Meeting der American Society of Clinical Oncology Dieses Jahr fand das Annual Meeting der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2020 virtuell statt. Highlights und Berichte finden Sie in diesem Dossier. basierend auf: ASCO Annual Meeting 2020, 29.5-31.5.2020, virtuell; Highlight Session Melanoma/Skin Cancers