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Erschienen in:

08.11.2024 | Assistierter Suizid | Originalien

Assistierte Suizide in München: angewendete Arzneistoffe und dokumentierte Komplikationen

verfasst von: Prof. Dr. med. habil. S. Gleich, J. Schienhammer, O. Peschel, M. Graw, B. Schäffer

Erschienen in: Rechtsmedizin | Ausgabe 6/2024

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Zusammenfassung

Hintergrund

Mit dieser Studie wurde untersucht, welche Arzneistoffe für assistierte Suizide (AS) eingesetzt, und wie häufig Komplikationen dokumentiert wurden.

Methode

Es wurden die Todesbescheinigungen aller Personen, die in München vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2023 verstarben, gesichtet. Bei den identifizierten AS wurden die korrespondierenden staatsanwaltschaftlichen Akten, Obduktionsberichte und toxikologischen Gutachten analysiert. Die Daten wurden im Anschluss an die standardisierte Dateneingabe anonymisiert und deskriptiv ausgewertet.

Ergebnisse

Im Studienzeitraum verstarben 60.357 Personen, davon wurden 77 AS identifiziert (0,1 %). Für diesen Zweck wurde an Arzneistoffen eingesetzt: Thiopental (62 Sterbefälle, 80,5 %), Chloroquin (13 Sterbefälle, 16,8 %) und Phenobarbital (2 Sterbefälle, 2,7 %). Der dokumentierte Zeitraum zwischen Medikamentenapplikation und Versterben betrug bei Thiopental wenige Minuten, bei Chloroquin mehrere Stunden. Komplikationen wie Erbrechen, Aspiration, Verzögerung des Todeseintrittes bei liegendem Schrittmacher waren nur für die Chloroquingruppe dokumentiert.

Diskussion

Erstmalig können aus einer deutschen Großstadt Daten zum Arzneistoffeinsatz und zu dokumentierten Komplikationen bei AS vorgelegt werden. Chloroquin wird von einer Sterbehilfeorganisation immer noch ohne kontinuierlich ärztliche Begleitung während des AS verwendet, sollte aber nach fachlicher Einschätzung der Autoren aufgrund der hohen Komplikationsrate nicht mehr für diesen Zweck eingesetzt werden. Das oral einzunehmende, sicher wirksame Pentobarbital wird in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern nicht eingesetzt. Aus Sicht der Autoren sollten die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, um die Anwendung von Pentobarbital für den AS auch in Deutschland zu ermöglichen.
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Metadaten
Titel
Assistierte Suizide in München: angewendete Arzneistoffe und dokumentierte Komplikationen
verfasst von
Prof. Dr. med. habil. S. Gleich
J. Schienhammer
O. Peschel
M. Graw
B. Schäffer
Publikationsdatum
08.11.2024
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Rechtsmedizin / Ausgabe 6/2024
Print ISSN: 0937-9819
Elektronische ISSN: 1434-5196
DOI
https://doi.org/10.1007/s00194-024-00725-5

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