Respiratorische Azidose schmälert die Überlebenschancen

Welche Folgen hat eine kompensierte Hyperkapnie, welche eine hyperkapnische Azidose für die Prognose von Patienten mit zerebralen Läsionen? Australische Forscher sind diesen Fragen nachgegangen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Patienten mit zerebralen Schädigungen durch Trauma, Schlaganfall oder Herzstillstand sollten weder in einen Zustand mit zu hohem noch in einen mit zu niedrigem CO2-Partialdruck geraten. Damit sollen sekundäre Hirnläsionen vermieden werden. Denn eine Hyperkapnie steigert das zerebrale Blutvolumen, den Blutfluss und den Hirndruck; unter einer Hypokapnie sinkt zwar der Druck, womöglich aber auf Kosten einer gedrosselten Durchblutung. Um diesen beiden potenziellen Gefahren zu entgehen, versucht man, bei hirnverletzten Patienten den pCO2 in einem Bereich von 35–45 mmHg zu halten – und jedenfalls auch, eine länger andauernde Hyperventilation mit pCO2-Werten von 25 mmHg oder niedriger zu vermeiden. Eine Gruppe australischer Forscher unter Führung des Intensivmediziners Ravindranath Tiruvoipati (Frankston, Australien) hat anhand der Patientendaten von 167 Intensivstationen in Neuseeland und Australien untersucht, wie sich Abweichungen des CO2-Partialdrucks in Richtung einer Hyperkapnie auf die Prognose von beatmungspflichtigen Patienten nach Schlaganfall (wozu hier ischämische Insulte, intrazerebrale, subarachnoidale und subdurale Blutungen zählten), Herzstillstand oder Schädel-Hirn-Trauma auswirken. Die Angaben zu mehr als 30.000 Patienten gingen in die Analyse ein. Dabei wurden drei Gruppen gebildet: Patienten mit Normokapnie und normalem pH-Wert im Blut (pCO2 35–45 mmHg, pH 7,35–7,45; n = 13.052); Patienten mit kompensierter Hyperkapnie (pCO2 > 45 mmHg, pH 7,35–7,45; n = 1338); und Patienten mit respiratorischer Azidose (pCO2 > 45 mmHg, pH < 7,35; n = 16 352). Die relevanten Parameter, arterieller Partialdruck des CO2 und arterieller pH-Wert, wurden während der ersten 24 Stunden auf der Intensivstation gemessen. Kompensierte Hyperkapnie ohne Folgen Patienten mit Hyperkapnie-bedingter Azidose hatten nach Abgleich von Störgrößen eine signifikant erhöhte Sterblichkeit während des stationären Aufenthalts. Der Quotient aus der Zahl Verstorbener zur Zahl Nichtverstorbener fiel bei Patienten mit respiratorischer Azidose nach Herzstillstand um 51% höher aus als in der Referenzgruppe der Patienten mit Normokapnie und normalem pH (Odds Ratio [OR] 1,51). Nach Schlaganfällen betrug die Erhöhung 43% (OR 1,43) und nach Schädel-Hirn-Trauma 22% (OR 1,22). Die Kaplan-Meier-Kurven zeigten, dass nach 50 Tagen noch knapp 50% der Patienten mit respiratorischer Azidose und knapp 70% der Patienten aus der Referenzgruppe lebten. Statistisch relevante Unterschiede in der Sterblichkeit zwischen den normokapnischen Patienten mit normalem pH und den Patienten mit kompensierter Hyperkapnie waren nicht festzustellen. In ihrem Resümee weisen Tiruvoipati nochmals auf die erhöhte Sterblichkeit von Patienten mit respiratorischer Azidose nach einer Hirnschädigung hin. „Ist die Hyperkapnie jedoch kompensiert, der pH-Wert während der ersten 24 Stunden auf der Intensivstation also normal, schadet das mechanisch beatmeten Patienten mit Hirnverletzung möglicherweise nicht“, so die Forscher weiter. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Auswirkungen hat eine Hyperkapnie bzw. eine hyperkapnische Azidose auf den Krankheitsverlauf von beatmeten Patienten mit Zerebralläsionen? Antwort: Eine respiratorische Azidose erhöht die Sterblichkeit von hirnverletzten Patienten, hingegen hat eine kompensierte Hyperkapnie mit normalem pH offenbar keine negativen Folgen. Bedeutung: Eine Hyperkapnie fällt weniger ins Gewicht, wenn sich der pH-Wert von Patienten mit Hirnschädigung im Normbereich bewegt. Einschränkung: Die Studie hatte ein retrospektives Design, Daten zu pH-Wert und pCO2 lagen nur für die ersten 24 Stunden auf Intensiv vor. Beatmung: Indikationen - Techniken - Krankheitsbilder

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