Kurze Hinführung zum Thema
Epidemiologie und Risikofaktoren atopischer Erkrankungen
Prävention von atopischen Erkrankungen
Hydrolysierte Säuglingsnahrung
Kenntnisstand zum Nutzen hydrolysierter Säuglingsnahrung für die Allergieprävention
Quelle | Schlussfolgerungen | Zahl der einbezogenen Studiena |
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Boyle et al. (2016) [2] | Es gibt keine konsistente Evidenz für die Verwendung hydrolysierter Säuglingsnahrung zur Vorbeugung von allergischen oder Autoimmunerkrankungen bei Säuglingen mit erhöhtem Risiko für derartige Erkrankungen | 37 davon: 34 RCT |
Osborn et al. (2018) [30] | Es wurden keine Belege gefunden, die die Gabe von hydrolysierter Säuglingsnahrung, im Vergleich zu ausschließlichem Stillen oder herkömmlicher Säuglingsnahrung, zur Prävention atopischer Erkrankungen untermauern | 16 RCT |
Vandenplas et al. (2019) [42] | Ein Nutzen von Säuglingsnahrungen mit partiell hydrolysiertem Protein für das Allergierisiko, insbesondere atopische Dermatitis, wurde bislang hauptsächlich bei Säuglingen mit erhöhtem Allergierisiko untersucht, konnte aber nicht durchgängig gezeigt werden | 190 Einzelstudien 31 klinische Leitlinien und systematische Reviews |
Szajewska und Horvath (2017) [38] | Es gibt Belege dafür, dass die Verwendung von partiell hydrolysierter Säuglingsnahrung als eine Möglichkeit zur Reduzierung des Risikos allergischer Erkrankungen, insbesondere von atopischen Ekzemen, bei Säuglingen mit erhöhtem Atopierisiko betrachtet werden kann. Die Evidenz ist jedoch schwach. (In dieser Metaanalyse wurde nur der Produkttyp (pHF-W) berücksichtigt.) | 13 davon: 8 RCT |
Sauser et al. (2018) [34] | Säuglingsnahrung mit partiell hydrolysiertem Molkenprotein kann bei Säuglingen (unabhängig von deren Allergierisiko), die in den ersten 4 bis 6 Monaten nicht voll gestillt werden, im Vergleich zu kuhmilchbasierter Säuglingsnahrung, das Risiko für atopische Dermatitis reduzieren | 8 RCT |
Land/Referenz | Organisation/Fachgesellschaft | Jahr | Empfehlung zum Einsatz hydrolysierter Säuglingsnahrung |
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Australien, Neuseeland [20] | Australasian Society of Clinical Immunology and Allergy (ASCIA) | 2019 | Nein |
Deutschland [23] | Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin – S3-Leitlinie Allergieprävention | 2021 | Nur Produkte mit nachgewiesener allergiepräventiver Wirksamkeit |
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin | 2019 | Ja | |
Europa [17] | European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) | 2020 | Nein |
Hong Kong [5] | The Hong Kong Society for Paediatric Immunology, Allergy and Infectious Diseases | 2016 | Ja |
Kanada [6] | Canadian Society of Allergy and Clinical Immunology and the Canadian Paediatric Society | 2014 | Ja; aber Nutzen zur Prävention wird als begrenzt angesehen |
Schweiz [37] | Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie | 2017 | Nein |
Schweizerische Gesellschaft für Ernährung | 2018 | Nein | |
USA [15] | American Academy of Pediatrics | 2019 | Nein |
USA und Kanada [13] | American Academy of Allergy Asthma and Immunology (AAAAI), American College of Allergy, Asthma & Immunology (ACAAI) and the Canadian Society for Allergy and Clinical Immunology (CSACI) | 2020 | Nein |
Vereinigtes Königreich [33] | Scientific Advisory Committee on Nutrition | 2018 | Nein |
The German Infant Nutritional Intervention Study (GINI-Studie)
Prospektive Kohortenstudie von Nentwich et al. (2009)
Risiken und Nachteile hydrolysierter Säuglingsnahrungen
Fazit für die Praxis
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Mütter sollen über den gesundheitlichen Nutzen des Stillens informiert werden.
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Die GINI-Studie deutet auf einen begrenzten Nutzen einer der untersuchten hydrolysierten Säuglingsnahrungen für die Prävention atopischer Dermatitis bei Säuglingen mit familiärem Allergierisiko hin. Die in der Studie verwendeten Produkte sind in Deutschland in der ursprünglichen Zusammensetzung nicht mehr erhältlich.
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Es ist fraglich, ob die auf dem deutschen Markt derzeit angebotenen HA-Nahrungen einen allergiepräventiven Nutzen haben. Auch international wird der allergiepräventive Nutzen von HA-Nahrungen infrage gestellt.
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Ein gesundheitliches Risiko von Hydrolysatnahrungen lässt sich bisher nicht belegen.
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Ungeachtet dessen erscheint der durch Hydrolysatnahrungen erreichbare allergiepräventive Effekt äußerst marginal.
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Es besteht Bedarf an gut konzipierten (klinischen) Studien, um für die am Markt erhältlichen HA-Nahrungen produktspezifisch die Sicherheit und einen evtl. allergiepräventiven Nutzen zu belegen.
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Eine pauschale Empfehlung von HA-Nahrung erscheint zurzeit auch für Risikokinder nicht gerechtfertigt.