Hintergrund
Potenziell lebensbedrohliche oder -einschränkende pädiatrische Erkrankungen sowie lebenseinschränkende Behinderungen und deren Behandlung bedeuten für die gesamte Familie andauernde psychosoziale Anforderungen.
Fragestellung
Aus der Perspektive von gesunden Geschwistern im Jugend- und Erwachsenenalter werden die erlebten psychosozialen Auswirkungen der (andauernden) Krankheitserfahrung oder Verlusterfahrung auf die eigene (Persönlichkeits-) Entwicklung und Biografie untersucht.
Material und Methoden
Problemzentrierte Interviews werden mit n = 12 gesunden Geschwistern nach mindestens 5 Jahren der (andauernden) Krankheitserfahrung oder Verlusterfahrung geführt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse
Die gesunden Geschwister geben an, dass ihre Persönlichkeit durch die Erfahrungen positiv beeinflusst ist und sie an der Situation gewachsen und gereift sind. Während jedoch die einen Kontinuität und Normalität ihrer Entwicklung betonen, beschreiben andere eine Zäsur im Leben: Aufgrund des Verlusts emotionaler Verfügbarkeit von Bezugspersonen oder alterstypischer Aktivitäten empfinden sie ihre Kindheit als zu zeitig beendet. Es werden Auswirkungen der Erfahrungen als gesundes Geschwister auf persönliche Interessen und die schulische/berufliche Laufbahn sowie auf das Empfinden der eigenen Mutterschaft beschrieben.
Schlussfolgerungen
Zu empfehlen ist ein niedrigschwelliges psychosoziales Angebot für gesunde Geschwister im Jugend- und Erwachsenenalter. Es sollte die Bildung eines Narrativs der Krankheits- oder Verlusterfahrung fokussiert werden, vor dessen Hintergrund Entscheidungen wie Berufswahl oder Familiengründung reflektiert werden.