Trotz einer steigenden Zahl an Habilitationen in der Ophthalmologie von Frauen, sind Frauen in akademischen Leitungspositionen und bei Professuren weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Ziel dieser Studie war es, den aktuellen geschlechterspezifischen Stand der Karrierewege nach der Habilitation in der Augenheilkunde sowie mögliche Einflussfaktoren zu analysieren.
Methodik
Eine offizielle Umfrage der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), die an habilitierte Ophthalmolog*innen versendet wurde, erfolgte von August bis September 2024 auf Initiative des DOG-Arbeitskreises Frauen in der Ophthalmologie. Erhoben wurden Daten zu Alter, Geschlecht, Informationen zu Kindern, Kinderbetreuung, derzeitigem Arbeitsplatz und Gründen für den Verbleib und das Verlassen einer Universitätsklinik oder Forschungseinrichtung als Arbeitgeber.
Ergebnisse
Insgesamt beteiligten sich 168 von 458 habilitierten Kolleg*innen an der Umfrage (♀: 40 %, ♂: 59 %, keine Angabe: 1 %). Bei 79,8 % der habilitierten männlichen Kollegen lebten Kinder im selben Haushalt, bei Frauen nur in 64,7 % (p = 0,030); 81,8 % der Frauen und 32,9 % der Männer nahmen Elternzeit (p < 0,001); 72,3 % der Frauen und 6,3 % der Männer mit Kindern arbeiteten in Teilzeit (p < 0,001). Bei Vorhandensein einer zweiten Betreuungsperson arbeitet/arbeitete diese bei den männlichen Kollegen zu 58 % in Teilzeit und in 15 % gar nicht, während dies bei den weiblichen Kollegen nur zu 16 % in Teilzeit und zu 2 % gar nicht der Fall war (p < 0,001). Für den Verbleib in der akademischen Laufbahn wurden am häufigsten das Gesamtpaket der Vorteile einer akademischen Laufbahn (♂: 57,4 %, ♀: 64,4 %) und am seltensten finanzielle Anreize (♂: 2,9 %, ♀: 2,2 %) als Gründe angegeben.
Diskussion
Es besteht bei Habilitierten der Augenheilkunde eine erhebliche Diskrepanz zwischen gleich qualifizierten Männern und Frauen in Bezug auf die Übernahme der Kinderbetreuung. Frauen übernehmen offenbar den Großteil der Kinderbetreuung, was ein Grund dafür sein könnte, dass Habilitandinnen seltener akademische Leitungspositionen einnehmen.
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
In der Ophthalmologie nimmt der Anteil der Ärztinnen seit Jahren kontinuierlich zu. Dieser Anstieg entspricht dem wachsenden Anteil der Absolventinnen im Humanmedizinstudium, der 2021/2022 bei 63,8 % weiblicher Absolventinnen lag [15]. In der Ophthalmologie legten 2022 mehr Frauen als Männer ihre Facharztprüfung ab, mit einem Prozentsatz von 56,9 % [6].
Nicht nur bei den Abschlüssen in der Humanmedizin und den Facharztprüfungen in der Ophthalmologie, sondern auch im akademischen Bereich nimmt der Anteil der Frauen bei den Promotionen und Habilitationen stetig zu. In Humanmedizin/Gesundheitswesen habilitierten 2023 36,9 % (352/955) Frauen und 63,1 % (603/955) Männer, während es in 2014 24,9 % (206/828) Frauen und 75,1 % (622/828) Männern waren [14]. Dennoch sind Frauen in leitenden akademischen Positionen weiterhin stark unterrepräsentiert [18]. Der Anteil an Frauen in leitenden akademischen Positionen liegt deutschlandweit bei nur 19 % (mit Professur bei 16 %) [2]; bei den Oberärzt*innen bei nur 37 % (mit Professur bei 26 %) gemäß den 2022 erhobenen Daten der medizinischen Fakultäten über alle Fachbereiche hinweg [2]. Betrachtet man die Daten in der Ophthalmologie im Detail, so ist der Anteil der Frauen bei den Klinikdirektor*innen mit 6 % in 2022 gering. Selbst im Vergleich zu den deutschlandweiten Daten für alle Klinikdirektorinnen in der Humanmedizin, der 2022 bei 13 % lag, bleibt dieser Wert auffällig gering [2]. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Anteil weiblicher Oberärzt*innen in der Ophthalmologie, der bei 42 % im Jahr 2022 lag, obwohl in der Augenheilkunde mittlerweile mehr Frauen als Männer ihre Facharztprüfung ablegen [2, 6].
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Verschiedene Gründe tragen zu dieser sog. „leaky pipeline“ bei. Ein häufig genannter Faktor für geschlechterspezifische Unterschiede ist der zeitliche Zusammenfall von Familiengründung und akademischem Karriereweg, der sich oft zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr ereignet.
Die vorliegende Arbeit untersucht den derzeitigen Karriereweg nach der Habilitation in der Ophthalmologie und analysiert mögliche Ursachen, insbesondere im Hinblick auf eventuell bestehende geschlechterspezifische Unterschiede. Um ein umfassendes Bild zu erhalten, wurden explizit die Aspekte der Familiensituation und Kinderbetreuung einbezogen und in der Analyse berücksichtigt.
Methodik
Die prospektive anonymisierte Datenerhebung erfolgte zwischen August und September 2024 auf Initiative des DOG-Arbeitskreises Frauen in der Ophthalmologie anhand einer offiziellen Umfrage der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), die an habilitierte Kolleg*innen als Mitglieder der DOG versendet wurde. Die freiwillige Umfrage, deren Fragen vom Arbeitskreis „Frauen in der Ophthalmologie“ der DOG entwickelt und vorab getestet wurden, wurde an 462 habilitierte Kolleg*innen, die in der Ophthalmologie habilitiert haben, mit einem Link per Mail versendet.
Erhoben wurden Daten zum Alter, Geschlecht, Informationen zu Kindern, derzeitigem Arbeitsplatz sowie den Gründen für den Verbleib und das Verlassen einer Universitätsklinik als Arbeitgeber. Darüber hinaus wurden optimierbare Faktoren für den Verbleib in einer akademischen Laufbahn abgefragt. Die Fragen der Umfrage sind in Tab. 1 zusammengefasst. Für die Fragen 13–15 waren Mehrfachantworten möglich (maximal 3 Antworten). Die Erhebung wurde gemäß den Richtlinien der Deklaration von Helsinki durchgeführt. Die an der Umfrage Teilnehmenden stimmten den Datenschutzbestimmungen vor der Teilnahme zu.
Tab. 1
Übersicht über die gestellten Fragen inklusive Antwortmöglichkeiten
Frage
Antwortmöglichkeiten
(1)
Wie alt sind Sie?
–
(2)
Geschlecht
Weiblich
Männlich
Divers
Keine Angabe
(3)
Jahr der Habilitation
–
(4)
Leben oder lebten in Ihrem Haushalt Kinder, für deren Betreuung Sie zuständig sind/waren?
Ja
Nein
Keine Angabe
(5)
Bitte geben Sie die Zahl der Kinder an
–
(6)
Haben Sie Elternzeit genommen?
Ja
Nein
Keine Angabe
(7)
Wie lange haben Sie Elternzeit je Kind genommen?
1–6 Monate
6–12 Monate
> 12 Monate
(8)
Haben Sie aufgrund der Kinder Teilzeit gearbeitet?
Ja
Nein
Keine Angabe
(9)
Teilen bzw. teilten Sie sich die Betreuung der in Ihrem Haushalt lebenden Kinder mit jemanden?
Ja
Nein
Keine Angabe
(10)
Lebt die zweite Betreuungsperson mit Ihnen in einem Haushalt?
Ja
Nein
Keine Angabe
(11)
Wie viel arbeitet diese Person derzeit bzw. arbeitete diese Person zum Zeitpunkt, als die Kinder betreut wurden?
Welche Gründe haben Sie für den Verbleib in der akademischen Laufbahn? Bitte geben Sie die 3 wichtigsten Punkte an.
Mehrfachnennungen möglich, maximal 3
Aufstiegschancen
Finanzielle Anreize
Forschungsmöglichkeiten
Operative Möglichkeiten
Breites klinisches Spektrum
Arbeitsumfeld
Lehre
Subspezialisierung
Gesamtpaket
Sonstiges
(14)
Bitte benennen Sie die 3 wichtigsten Gründe für das Verlassen der akademischen Laufbahn (Universität/Forschungseinrichtung).
Mehrfachnennungen möglich, maximal 3
Arbeitszeiten
Arbeitsbedingungen
Operative Ausbildung
Aufstiegschancen
Forschungsmöglichkeiten
Berufliche Unabhängigkeit
Familienvereinbarkeit
Private Gründe
Sonstiges
(15)
Welche Faktoren sollten optimiert werden, um die akademische Laufbahn zu fördern?
Mehrfachnennungen möglich, maximal 3
Möglichkeit zu alternativen Arbeitszeitmodellen (Teilzeit, Elternzeit etc.)
Kinderbetreuung
Arbeitszeiten
Bezahlung
Operative Ausbildung
Aufstiegschancen
Weiterbildung/Fortbildung
Forschungsmöglichkeiten
Forschungsfinanzierung
Mitarbeit in Fachgesellschafts‑/Verbandsgremien; lokalen universitären Gremien
Unterstützung durch Gleichstellungsbeauftragte
Sonstiges
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Die Datensammlung erfolgte mittels LimeSurvey (LimeSurvey GmbH, Hamburg, Deutschland) und Microsoft Office Excel (Microsoft, Redmond, WA, USA). Die statistische Auswertung wurde mittels SPSS (IBM SPSS Statistics, Armonk, NY, USA) durchgeführt. Die Analyse der Ergebnisse erfolgte getrennt nach der Selbstauskunft zum Geschlecht.
Unterschiede zwischen den Gruppen wurden mittels Chi-Quadrat-Test auf Signifikanz überprüft. Das Signifikanzniveau wurde bei p < 0,05 gewählt.
Ergebnisse
Insgesamt beteiligten sich 168 von 458 angeschriebenen habilitierten Ophthalmolog*innen an der Umfrage, was einer Rücklaufquote von 36,7 % entspricht. Vier der ursprünglich angeschriebenen 462 adressierten Kolleg*innen wurden ausgeschlossen, da sie angaben, keine Augenärzt*innen zu sein. Von den angeschriebenen habilitierten Ophthalmolog*innen waren 348 Männer (76,0 %) und 110 Frauen (24,0 %).
Von den 168 teilnehmenden habilitierten Ophthalmolog*innen gaben als Geschlecht 40 % weiblich, 59 % männlich, 0 % divers und 1 % keine Geschlechtsangabe an. Bei fehlender Geschlechtsangabe (n = 1) wurden die Daten für die weitere Analyse ausgeschlossen.
Das durchschnittliche Alter der teilnehmenden habilitierten Ophthalmolog*innen lag bei 51,6 ± 9,6 Jahren.
Angaben zu Kindern und Kinderbetreuung
Von den 167 habilitierten Ophthalmolog*innen gaben 79,8 % der Männer an, dass Kinder in ihrem Haushalt leben oder lebten, und 64,7 % der Frauen (χ2 = 4,732, df = 1, p=0,030) (Abb. 1). Die durchschnittliche Anzahl an Kindern betrug 2,2 ± 0,9 Kinder (♂: 2,3 ± 0,9; ♀: 2,1 ± 0,8, χ2 = 1,481, df = 4, p = 0,830); 64,6 % der Männer hatten 1 bis 2 Kinder und 35,4 % mehr als 2 Kinder, bei den Frauen 75,0 % 1 bis 2 Kinder und 25,0 % mehr als 2 Kinder (χ2 = 1,423, df = 1, p = 0,161).
Abb. 1
Kinder im eigenen Haushalt. Darstellung der Antworten auf die Frage „Leben oder lebten in Ihrem Haushalt Kinder?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antwort ja; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. (χ2 = 4,732, df = 1, p=0,030), * p < 0,05
Hinsichtlich Elternzeit gaben 81,8 % der Frauen an, Elternzeit zu nehmen oder genommen zu haben, und 32,9 % der Männer (χ2 = 27,040, df = 1, p<0,001) (Abb. 2). Je jünger die Teilnehmer an der Umfrage desto häufiger wurde Elternzeit genommen, sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern mit stärkerer Zunahme bei den Männern (Abb. 2). Die durchschnittliche Dauer der Elternzeit pro Kind lag bei Frauen am häufigsten bei 6 bis 12 Monaten (63,9 %) und bei Männern bei 1 bis 6 Monaten (92,3 %) (χ2 = 37,968, df = 3, p<0,001) (Abb. 3). Aufgrund der Kinder arbeiten oder haben 72,3 % der Frauen in Teilzeit gearbeitet, während bei den Männern der Prozentsatz bei 6,3 % lag (χ2 = 59,238, df = 1, p<0,001) (Abb. 4). In der Altersgruppe 30 bis 39 besteht die Tendenz, dass Frauen prozentual weniger häufig und Männer prozentual häufiger Teilzeit arbeiten bzw. gearbeitet haben im Vergleich zu den anderen Altersgruppen (Abb. 4). Die Kinderbetreuung teilen oder teilten sich 92,4 % der Männer und 86,4 % der Frauen mit einer weiteren Person (χ2 = 1,172, df = 1, p = 0,279) (Abb. 5). In 88,6 % der Fälle bei den männlichen Ophthalmolog*innen und in 79,5 % der Fälle bei den weiblichen Ophthalmolog*innen lebt bzw. lebte diese zweite Betreuungsperson während des Zeitraums der Kinderbetreuung (χ2 = 2,159, df = 2, p = 0,340) (Abb. 6) im selben Haushalt. Diese zweite Betreuungsperson arbeitet oder arbeitete im Zeitraum der Kinderbetreuung bei den männlichen Kollegen zu 58 % in Teilzeit und in 15 % gar nicht, während dies bei den weiblichen Kollegen nur zu 16 % in Teilzeit und zu 2 % gar nicht der Fall war (χ2 = 35,958, df = 3, p<0,001) (Abb. 7).
Abb. 2
Elternzeit aufgrund der Kinder. Darstellung der Antworten auf die Frage „Haben Sie aufgrund der Kinder Elternzeit genommen?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antwort ja; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. (Daten gesamt: χ2 = 27,040, df = 1, p<0,001), * p < 0,05
Durchschnittliche Elternzeitdauer pro Kind. Darstellung der Antworten auf die Frage „Wie lange haben Sie Elternzeit je Kind genommen?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antworten Elternzeitdauer im Durchschnitt pro Kind; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. (χ2 = 37,968, df = 3, p<0,001)
Teilzeitarbeit aufgrund der Kinder. Darstellung der Antworten auf die Frage „Haben Sie aufgrund der Kinder Teilzeit gearbeitet oder arbeiten aufgrund der Kinder Teilzeit?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antwort ja; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. (Daten gesamt: χ2 = 59,238, df = 1, p<0,001), * p < 0,05
Geteilte Betreuung der Kinder. Darstellung der Antworten auf die Frage „Teilen bzw. teilten Sie sich die Betreuung der in Ihrem Haushalt lebenden Kinder mit jemanden?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antwort ja; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. (χ2 = 1,172, df = 1, p = 0,279)
Zweite Betreuungsperson im Haushalt. Darstellung der Antworten auf die Frage „Lebt bzw. lebte die zweite Betreuungsperson während der Kinderbetreuung mit Ihnen in einem Haushalt?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antworten ja, nein und keine Angabe; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. (χ2 = 2,159, df = 2, p = 0,340)
Berufliche Einbindung der zweiten Betreuungsperson. Darstellung der Antworten auf die Frage „Wie viel arbeitet die zweite Betreuungsperson derzeit bzw. arbeitete diese Person zum Zeitpunkt, als die Kinder betreut wurden?“ nach männlich und weiblich getrennt. Antworten in Prozent in einem Kuchendiagramm. (χ2 = 35,958, df = 3, p<0,001)
Aktueller Arbeitsplatz und Gründe für Verlassen bzw. Verbleib in der akademischen Laufbahn
Derzeit sind 64,6 % der habilitierten Ophthalmologen und 61,8 % der habilitierten Ophthalmologinnen an einer Universitätsaugenklinik tätig (χ2 = 4,702, df = 7, p = 0,696) (Abb. 8). Bezüglich der Tätigkeit in einer Forschungseinrichtung (♂: 4,0 %, ♀: 4,4 %), in der Industrie (♂: 1,0 %, ♀: 0 %), sonstige Augenkliniken (♂: 10,1 %, ♀: 13,2 %) und Sonstiges (♂: 1,0 %, ♀: 1,5 %) zeigten sich keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede (Abb. 8). Im Angestelltenverhältnis in einer Niederlassung/Praxis/MVZ/Praxisgemeinschaft waren prozentual mehr Frauen als Männer tätig (♂: 3,0 %, ♀: 8,8 %). Umgekehrt war der Anteil der Selbstständigen in diesen Einrichtungen bei Männern höher als bei Frauen (♂: 14,1 %, ♀: 8,8 %) (Abb. 8).
Abb. 8
Derzeitiger Arbeitgeber. Darstellung der Antworten auf die Frage „Wo sind Sie derzeit tätig?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antworten Tätigkeitsort; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. (χ2 = 4,702, df = 7, p=0,696)
Von den 68 Männern und den 45 Frauen, die angaben, an einer Universitätsaugenklinik oder Forschungseinrichtung tätig zu sein, sind die angegebenen Gründe für einen Verbleib in der akademischen Laufbahn in der Abb. 9 dargestellt. Am häufigsten wurde das „Gesamtpaket“ als Grund genannt (♂: 57,4 %, ♀: 64,4 % [χ2 = 0,568, df = 1, p = 0,451]). Am seltensten wurden finanzielle Anreize angegeben (♂: 2,9 %, ♀: 2,2 % [χ2 = 0,054, df = 1, p = 0,816]) (Abb. 9). Für die weiteren genannten Gründe Aufstiegschancen (♂: 32,4 %, ♀: 33,3 % [χ2 = 0,012, df = 1, p = 0,913]), Forschungsmöglichkeiten (♂: 36,8 %, ♀: 42,2 % [χ2 = 0,339, df = 1, p = 0,560]), breites klinisches Spektrum (♂: 38,2 %, ♀: 31,1 % [χ2 = 0,601, df = 1, p = 0,438]), Arbeitsumfeld (♂: 8,8 %, ♀: 8,9 % [χ2 = 0,000, df = 1, p = 0,990]) und Lehre (♂: 17,6 %, ♀: 20,0 % [χ2 = 0,099, df = 1, p = 0,753]) zeigten sich keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede (Abb. 8). Jedoch gaben deutlicher mehr Männer operative Möglichkeiten (♂: 45,6 %, ♀: 26,7 % [χ2 = 4,113, df = 1, p=0,043]) als Grund an, während bei Frauen die Subspezialisierung (♂: 10,3 %, ♀: 33,3 % [χ2 = 9,168, df = 1, p=0,002]) häufiger angegeben wurde (Abb. 9).
Abb. 9
Gründe für den Verbleib in der akademischen Laufbahn. Darstellung der Antworten auf die Frage „Welche Gründe haben Sie für den Verbleib in der akademischen Laufbahn?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antworten; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. Mehrfachnennungen bis 3 Antworten pro Abstimmenden möglich, * p < 0,05
Von den 29 Männern und 22 Frauen, die nicht mehr an einer Universitätsaugenklinik oder Forschungseinrichtung tätig sind, sind die angegebenen Gründe für das Verlassen der akademischen Laufbahn in Abb. 10 dargestellt (Abb. 10). Zwischen den Geschlechtern wurden keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Gründe operative Ausbildung (♂: 6,9 %, ♀: 9,1 %, χ2 = 0,083, df = 1, p = 0,773), Aufstiegschancen (♂: 27,6 %, ♀: 27,3 %, χ2 = 0,001, df = 1, p = 0,980), Forschungsmöglichkeiten (♂: 3,4 %, ♀: 4,5 %, χ2 = 0,040, df = 1, p = 0,842) und Familienvereinbarkeit (♂: 24,1 %, ♀: 27,3 %, χ2 = 0,065, df = 1, p = 0,799) gefunden (Abb. 10). Frauen gaben als häufigste Gründe die Arbeitsbedingungen (♂: 34,5 %, ♀: 45,5 %, χ2 = 0,632, df = 1, p = 0,427) und die Arbeitszeiten (♂: 17,2 %, ♀: 31,8 %, χ2 = 1,477, df = 1, p = 0,224) an; bei den Männern wurden die berufliche Unabhängigkeit (♂: 41,4 %, ♀: 27,3 %, χ2 = 1,090, df = 1, p = 0,296), die Arbeitsbedingungen, jedoch deutlich seltener als bei den Frauen, und die finanziellen Anreize (♂: 31,0 %, ♀: 9,1 %, χ2 = 3,561, df = 1, p = 0,059) genannt (Abb. 10). Auch die privaten Gründe wurden von Männern häufiger angegeben (♂: 20,7 %, ♀: 4,5 %, χ2 = 2,753, df = 1, p = 0,097) (Abb. 10).
Abb. 10
Gründe für das Verlassen der akademischen Laufbahn. Darstellung der Antworten auf die Frage „Bitte benennen Sie die 3 wichtigsten Gründe für das Verlassen der akademischen Laufbahn (Universität/Forschungseinrichtung)?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antworten; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. Mehrfachnennungen bis 3 Antworten pro Abstimmenden möglich
Optimierbare Faktoren zur Förderung der akademischen Laufbahn
Von den 167 eingeschlossenen habilitierten Ophthalmolog*innen machten 164 Angaben zu den Faktoren, die optimiert werden sollten (Abb. 11). Von 3 Teilnehmenden wurden die Daten aufgrund fehlender Angaben nicht inkludiert.
Abb. 11
Faktoren, die die akademische Laufbahn fördern. Darstellung der Antworten auf die Frage „Welche Faktoren sollten optimiert werden, um die akademische Laufbahn zu fördern?“ nach männlich (blau) und weiblich (orange) getrennt. x‑Achse: Antworten; y‑Achse: Anzahl der Antworten in Prozent. Mehrfachnennungen bis 3 Antworten pro Abstimmenden möglich, * p < 0,05
In der Auswertung gaben Männer als häufigste Gründe die Bezahlung (♂: 40,2 %, ♀: 31,3 % [χ2 = 1,342, df = 1, p = 0,247]), alternative Arbeitszeitmodelle (♂: 35,1 %, ♀: 38,8 % [χ2 = 0,241, df = 1, p = 0,624]), Forschungsmöglichkeiten (♂: 34,0 %, ♀: 28,4 % [χ2 = 0,587, df = 1, p = 0,444]) und Forschungsfinanzierung (♂: 34,0 %, ♀: 23,9 % [χ2 = 1,945, df = 1, p = 0,163]) als optimierbare Faktoren an; Frauen alternative Arbeitszeitmodelle (♂: 35,1 %, ♀: 38,8 % [χ2 = 0,241, df = 1, p = 0,624]), Kinderbetreuung (♂: 30,9 %, ♀: 31,3 % [χ2 = 0,003, df = 1, p = 0,955]), Bezahlung (♂: 40,2 %, ♀: 31,3 % [χ2 = 1,342, df = 1, p = 0,247]) und Arbeitszeiten (♂: 29,9 %, ♀: 29,9 % [χ2 = 0,000, df = 1, p = 0,995]) (Abb. 11). Von den Männern prozentual häufiger als optimierbare Faktoren genannt wurden v. a. Bezahlung (♂: 40,2 %, ♀: 31,3 % [χ2 = 1,342, df = 1, p = 0,247]), Forschungsfinanzierung (♂: 34,0 %, ♀: 23,9 % [χ2 = 1,945, df = 1, p = 0,163]) und Forschungsmöglichkeiten (♂: 34,0 %, ♀: 28,4 % [χ2 = 0,587, df = 1, p = 0,444]). Von den Frauen prozentual häufiger genannt wurden die Faktoren operative Ausbildung (♂: 14,4 %, ♀: 28,4 % [χ2 = 4,781, df = 1, p=0,029]), Mitarbeit in Fachgesellschaft und Gremien (♂: 2,1 %, ♀: 10,4 % [χ2 = 5,373, df = 1, p=0,020]), Unterstützung durch die Gleichberechtigungsbeauftragte (♂: 0,0 %, ♀: 7,5 % [χ2 = 7,466, df = 1, p=0,006]) und Aufstiegschancen (♂: 19,6 %, ♀: 23,9 % [χ2 = 0,435, df = 1, p = 0,510]) (Abb. 11).
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Diskussion
Die Zahl der Habilitationen in der Ophthalmologie hat bei Frauen in den letzten Jahren weiter zugenommen. Dennoch sind Frauen in akademischen Führungspositionen wie Professuren und Klinikleitungen weiterhin deutlich unterrepräsentiert, obwohl Universitäten in den letzten Jahren verstärkt in Frauenförderungsmaßnahmen investiert haben. Diese Maßnahmen umfassen unter anderem Gleichstellungsbeauftragte in Berufungskommissionen, bevorzugte Einstellung weiblicher Kandidatinnen bei gleicher Eignung, Mentoringprogramme bis hin zu Frauen- und Familienförderprogrammen. Trotz dieser Bemühungen mangelt es an weiblichen Bewerber*innen für entsprechende Führungspositionen. Eine der möglichen und naheliegenden Gründe ist die derzeitig gesellschaftlich-strukturell definierte Annahme, dass Kindererziehung und Familien-Care-Arbeit v. a. Aufgaben der Frauen und Mütter sind. Diese Aufgaben fallen in der Regel auch biologisch bedingt für Frauen zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr an, eine zeitliche Phase, die auch für den akademischen und beruflichen Werdegang entscheidend sein kann. Ziel dieses Fragebogens war es, den derzeitigen geschlechterspezifischen Stand der Karrierewege nach der Habilitation sowie mögliche ursächliche Faktoren zu analysieren.
Hauptergebnisse
Zusammenfassend ergab der Fragebogen die folgenden Hauptergebnisse:
1.
Beide Geschlechter geben an, gleichermaßen Unterstützung bei der Betreuung der Kinder gehabt zu haben. Allerdings ist die 2. Betreuungsperson im Falle der männlichen Habilitanten nur in 16 % vollzeittätig und bei den weiblichen in 68 %. Hier besteht ein deutlicher Unterschied. Männer haben auch deutlich mehr Unterstützung. In 58 % arbeitet die 2. Betreuungsperson in Teilzeit und in 15 % sogar gar nicht. Im Gegensatz dazu arbeitet bei den Frauen die 2. Betreuungsperson in 16 % in Teilzeit und nur in 2 % gar nicht.
2.
Habilitierte Frauen mit Kindern haben deutlich häufiger und länger Elternzeit genommen als ihre männlichen Kollegen. Hier beträgt der Unterschied bezüglich der Häufigkeit annähernd 50 %. Zusätzlich zu der Elternzeit haben Frauen deutlich häufiger in Teilzeit gearbeitet. Der Unterschied liegt hier bei 65 % im Vergleich zu den männlichen Kollegen. Habilitierte Frauen reduzieren im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen ihre Arbeitszeit somit häufiger temporär aufgrund der Kinderbetreuung und verlassen dadurch den geradlinigen Karriereweg. Tendenziell zeigte sich in der Altersgruppe von 30 bis 39 eine Änderung mit Zunahme des prozentualen Anteils an habilitierten Männern, die sowohl Elternzeit nehmen als auch Teilzeit arbeiten.
Interessant ist auch, dass 27 % der habilitierten Frauen mit Kindern nicht in Teilzeit gearbeitet haben. Dies unterstreicht, dass dies ebenfalls möglich ist. Eine weitere Analyse kann hier sicherlich weitere Aufklärung geben.
3.
Frauen mit einer Habilitation haben seltener Kinder, die im Haushalt leben, als Männer. Der Unterschied beträgt hier 15 %. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Frauen sich häufiger zwischen Karriere und Familie entscheiden müssen oder aber sich auch explizit gegen Kinder entscheiden und so ihren Karriereweg geradlinig verfolgen können. Daher sind Frauen ohne Kinder hier möglicherweise überrepräsentiert. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie scheint für Männer besser zu funktionieren. Mögliche Ursachen hierfür sind weiter unten diskutiert. Hauptpunkt könnte aber sein, dass Partner*innen von habilitierten Männern viel häufiger in Teilzeit oder gar nicht arbeiten, als dies bei den habilitierten Frauen der Fall ist.
Gender-Care-Gap
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse 1–3 sehr deutlich, dass Frauen bei gleicher akademischer Ausbildung häufiger für die Familie und Kinderbetreuung als auch für die Karriere zuständig sind, während sich die Männer mehr auf die Karriere konzentrieren können, da sie im größeren Umfang Unterstützung bei der Kinderbetreuung haben. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit anderen Umfrageergebnissen, die gezeigt haben, dass Frauen die primären Bezugspersonen innerhalb der Familien bleiben, auch wenn sie berufstätig sind [8]. Die ungleiche Verteilung der Care-Arbeit (Gender-Care-Gap) wird auch in der Analyse des statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2024 deutlich. Frauen verbringen im Durchschnitt 30 h/Woche unbezahlte Arbeit, Männer 21 h. Das entspricht einem Gender-Care-Gap von 44,3 % [16]. Ein Ungleichgewicht, das sich in den letzten 10 Jahren kaum verändert hat [16]. Dies würde erklären, warum Frauen in der kritischen Phase zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr oft nicht weiter auf der Karriereleiter aufsteigen. Frauen sind weniger Stunden berufstätig, unter anderem auch aufgrund von Teilzeitarbeit und Elternzeit, aber auch aufgrund geringerer Unterstützung bei der Kinderbetreuung, sodass sie weniger an ihrer Karriere arbeiten können als ihre männlichen Kollegen. Hier müsste ein gesellschaftliches Umdenken erfolgen und auch von den Arbeitgebern getragen werden, dass sich Frauen und Männer Care-Arbeit und Kindererziehung gleichberechtigt teilen. Vorbilder könnten andere Länder der Europäischen Gemeinschaft sein, wo Elternzeit für Väter und Mütter gleichermaßen gefördert und gefordert wird [7]. Ebenso wichtig sind Fördermaßnahmen in der Unterstützung der Kinderbetreuung seitens des Staates oder der Arbeitgeber und müssen daher mehr in den Fokus rücken. Teilweise erfordert es immer noch enormen Arbeitsaufwand, einen Kinderbetreuungsplatz zu bekommen. Noch schwieriger ist es, einen Kinderbetreuungsplatz zu erhalten, der den Arbeitszeiten in einem Krankenhaus entspricht. Infolgedessen müssen viele Eltern notgedrungen Elternzeit nehmen und in Teilzeit arbeiten. Zur Förderung der Familiensituation postulieren wir daher, dass es enorm wichtig wäre, an dieser Stellschraube zu drehen und in diesem Bereich zu arbeiten, damit es Frauen und Männern gleichermaßen ermöglicht wird, sich ideal in ihrem Beruf zu etablieren. Einschränkend ist allerdings zu sagen, dass nicht erhoben wurde, ob die Betroffenen in Teilzeit arbeiten mussten oder wollten. Möglicherweise entscheiden sich einige Eltern bewusst, die Kinderbetreuung zu übernehmen und daher beruflich zunächst zurückzutreten.
Gründe für akademischen Karriereweg
Für den Verbleib an der Universität nennen Männer das operative und breite klinische Spektrum als Gründe, Frauen hingegen v. a. Subspezialisierung und Forschungsmöglichkeiten. Männer verlassen die Universität eher wegen finanzieller Gründe, beruflicher Unabhängigkeit und privater Gründe. Frauen nennen hingegen häufig Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch hieraus geht ganz klar hervor, dass die Care-Arbeit bei den Frauen liegt und die Vereinbarkeit des Berufs mit Familie Gründe sein können, die Universität zu verlassen. Dies spielt bei Männern kaum eine Rolle.
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Interessant ist auch, dass Frauen die Subspezialisierung häufig als einen der Hauptgründe für den Verbleib an einer Universität angeben. Betrachtet man die Ergebnisse an Universitätskliniken in Deutschland, zeigt sich, dass Frauen häufiger in den Bereichen Strabologie und Neuroophthalmologie und dem Schwerpunktbereich Glaukom tätig sind [9]. Diese Beobachtung stimmt mit Untersuchungen aus den USA aus dem Jahr 2020 überein [17]. Dort wurde ein signifikant höherer Anteil an Frauen in der Kinderophthalmologie (9,9 % Frauen vs. 3,7 % Männer) und im Glaukombereich (10,4 % Frauen vs. 7,4 % Männer) festgestellt [17]. Beide Fachgebiete scheinen besonders interessante Möglichkeiten an der Universität zu bieten, was sie für Frauen zu einem wichtigen Faktor für den Verbleib an akademischen Einrichtungen macht. Zusätzlich sollte berücksichtigt werden, dass es sich hier zum Teil um Nischenbereiche mit geringerer finanzieller Vergütung handelt, sodass sie bevorzugt an akademischen Einrichtungen zu finden sind.
Bei den vorgeschlagenen Verbesserungsmöglichkeiten bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Männer halten v. a. eine bessere Bezahlung, Forschungsmöglichkeiten und Forschungsförderung für förderwürdig. Frauen hingegen äußern den Wunsch nach mehr operativer Ausbildung, besseren Aufstiegschancen und einer stärkeren Einbindung in Gremien. Diese Diskrepanz deutet möglicherweise auf weiterhin bestehende strukturelle Probleme hin [5], insbesondere in Bezug auf die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der operativen Ausbildung, Beteiligung an Netzwerken, auf wissenschaftlichen Kongressen [1] sowie auf das Problem der „gläsernen Decke“ [18]. Daten zur operativen Ausbildung zeigen, dass Ärztinnen in der Weiterbildung tendenziell geringere Operationszahlen aufweisen [12]. Auch international ist nach Abschluss der Facharztausbildung ein geringerer Anteil an Operationen in der Augenheilkunde durch Frauen zu beobachten [8, 10‐12]. Zusätzlich gaben signifikant mehr Frauen als Männer an, dass die Unterstützung durch die Gleichberechtigungsbeauftragte verbesserungswürdig sei. Dies ist möglicherweise ein Hinweis, dass dieses Instrument zur Verbesserung struktureller Benachteiligung noch nicht ausgeschöpftes Potenzial hat.
Unabhängig vom Geschlecht gab es Vorschläge zu Verbesserungen wie alternative Arbeitszeitmodelle, ein erweitertes Angebot an Kinderbetreuung, flexiblere Arbeitszeiten, bessere Bezahlung, mehr Forschungsmöglichkeiten und deren Finanzierung. Die bessere Bezahlung wird angesichts der Entwicklungen in der Augenheilkunde zu einer zunehmenden Herausforderung für die akademischen Einrichtungen. Der private Sektor zieht durch den Markteintritt neuer Investoren/MVZ zunehmend Fachkräfte an. Besonders für männliche Habilitierte scheint dieser Aspekt von hoher Bedeutung zu sein – möglicherweise, weil sie in Familienstrukturen häufiger die Hauptverdiener sind oder der Meinung sind, dieses Rollenbild des „Haupternährers“ erfüllen zu müssen.
Limitationen
Mehrere Limitationen sind bei der Erhebung und den Schlussfolgerungen zu beachten.
Bei der Umfrage handelte es sich um eine freiwillige Umfrage, wodurch ein möglicher Selektionsbias entstehen könnte. Es ist denkbar, dass vorrangig Kolleg*innen teilgenommen haben, die sich für dieses Thema besonders interessiert oder angesprochen gefühlt haben. Zudem gab es keine Einschränkungen hinsichtlich des Alters oder des Habilitationsjahres, wodurch mögliche zeitabhängige Effekte nur eingeschränkt erfasst wurden. Darüber hinaus richtete sich die Umfrage an habilitierte Mitglieder der DOG, einer wissenschaftlichen Gesellschaft, was ebenfalls einen Selektionsbias zur Folge haben könnte.
Resümee
Zusammenfassend zeigen die Umfrageergebnisse, dass viele Frauen weiterhin mehr Zeit, häufig in Form von Teilzeitarbeit oder Elternzeit, in die Kinderbetreuung investieren müssen oder wollen oder sich möglicherweise zugunsten der Karriere gegen Kinder entscheiden. Wie von beiden Geschlechtern in der Umfrage angemerkt, könnten ein erweitertes Angebot an Kinderbetreuung, alternative Arbeitszeitmodelle oder eine Anpassung der Arbeitszeiten an den Universitäten dazu beitragen, den Einklang von Familie und Beruf deutlich zu erleichtern. Darüber hinaus sollte die Behebung struktureller Probleme im Hinblick auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern weiterhin im Fokus stehen. Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich, dass eine reine Quotenpolitik nicht zielführend ist. Auch eine vermeintliche Bevorzugung von Frauen bei gleicher Eignung kann langfristig keine nachhaltige Lösung darstellen. Stattdessen sollten die Universitäten Strukturen schaffen, um die Doppelbelastung von Familie und Beruf zu reduzieren, und gezielt Modelle zur Vereinbarkeit entwickeln.
Fazit für die Praxis
Habilitierte Frauen investieren mehr Zeit, häufig in Form von Teilzeitarbeit oder Elternzeit, in die Kinderbetreuung oder entscheiden sich öfter gegen Kinder im Vergleich zu ihren habilitierten Kollegen.
Ein erweitertes Angebot an Kinderbetreuung, alternative Arbeitszeitmodelle oder flexiblere Arbeitszeiten würden den Verbleib in der akademischen Laufbahn fördern, indem sie den Einklang von Familie und Beruf deutlich erleichtern. Aber auch strukturelle Probleme im Hinblick auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern sollten weiterhin im Fokus der Universitäten stehen.
Zusätzlich sind sowohl bei weiblichen als auch männlichen Habilitierten eine bessere Bezahlung und mehr Forschungsmöglichkeiten und deren Finanzierung optimierbare Faktoren für den Verbleib in einer akademischen Laufbahn.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
A.-K.B. Maier, A. Liekfeld, E.M. Messmer, V.C. Brücher, N. Vandemeulebroecke, B. Mele, F.G. Holz, C. Cursiefen und V. Prokosch geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
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Anna-Karina B. Maier, MD
Anja Liekfeld
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Viktoria C. Brücher
Nicola Vandemeulebroecke
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Frank G. Holz
Claus Cursiefen
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DOG-Arbeitskreis Frauen in der Ophthalmologie
Arslan E, Brücher V, Demir G, Liekfeld A (2025) Geschlechterverteilung bei wissenschaftlichen Beiträgen auf deutschen ophthalmologischen Kongressen – eine Bestandsaufnahme (Gender distribution of scientific contributions at German ophthalmological conferences—a baseline study). Ophthalmologie 122(2):100–106CrossRefPubMed
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Statistisches Bundesamt (2024) Studierende Medizin nach Geschlecht bis 2023/24 | Statista
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Reisinger A, Brücher VC, Krepler K, Liekfeld A (2025) Die gläserne Decke in der Ophthalmologie (The glass ceiling in ophthalmology). Ophthalmologie 122(2):85–90CrossRefPubMed
Bis 2050 wird etwa jedes dritte Kind in Europa kurzsichtig sein [1]. Zur Vermeidung sehkraftgefährdender Folgekomplikationen ist die Progressionsverlangsamung der pädiatrischen Myopie* – z. B. mit niedrig dosiertem Atropin – von zentraler Bedeutung [2,3].