Erschienen in:
12.04.2016 | Windpocken | Leitthema
Ausbrüche von Infektionskrankheiten in Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende 2004–2014 in Deutschland
verfasst von:
Dr. Anna Kühne, Dr. Andreas Gilsdorf
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
|
Ausgabe 5/2016
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Während sich die Verteilung und die Bedeutung einzelner Infektionskrankheiten durch Migrationsbewegungen und importierte Infektionen in Europa verändern, ist der Umfang der Weiterverbreitung von importierten Infektionen innerhalb Europas unbekannt. Asylsuchende können besonders vulnerabel für Infektionen und das Auftreten von Krankheiten sein.
Ziel der Arbeit
Das Ziel ist die Auswertung der Informationen zur Weiterverbreitung von Infektionskrankheiten in Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende, um relevante Infektionskrankheiten und geeignete Public-Health-Maßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung zu identifizieren.
Methoden
Die Meldedaten gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) von 2004 bis 2014 wurden systematisch auf Ausbrüche untersucht, bei denen als Infektionsumfeld Gemeinschaftsunterkünfte von Asylsuchenden angegeben wurden. Diese Ausbrüche wurden deskriptiv in Hinblick auf den auslösenden Erreger und die Ausbruchsgröße sowie Fallcharakteristika ausgewertet.
Ergebnisse
Von 2004 bis 2014 wurden insgesamt 119 Ausbrüche mit 615 Fällen in Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende gemäß IfSG übermittelt. Für zwei Masernausbrüche ist eine Verbindung mit Fällen außerhalb der Unterkunft für Asylsuchende dokumentiert. Die Fälle wurden in absteigender Häufigkeit verursacht durch Windpocken (30 %), Masern (20 %), Skabies (19 %), Rotavirus-Gastroenteritis (8 %), sowie andere Krankheiten (jeweils <5 %). Für 210 von 311 Fällen in Ausbrüchen im Jahr 2014 wurde ein Infektionsort angegeben, 87 % hatten die Infektion in Deutschland erworben.
Diskussion
Ausbrüche von Infektionskrankheiten in Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende nehmen zu, insbesondere Windpocken, Masern und Skabies. Eine Ausdehnung der Ausbrüche über die Gemeinschaftsunterkunft hinaus ist nur in Einzelfällen beschrieben. Die auslösenden Infektionskrankheiten sind häufig in Deutschland erworben. Der überwiegende Anteil von Fällen wäre entsprechend durch Maßnahmen der Primärprävention in Deutschland vermeidbar.