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Erschienen in: Der Nervenarzt 7/2019

09.05.2019 | Leitthema

Autonomiefokussierung als Leitgedanke einer minimal-restriktiven Psychiatrie

verfasst von: Prof. Dr. Thomas Pollmächer

Erschienen in: Der Nervenarzt | Ausgabe 7/2019

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Zusammenfassung

Zwang und Gewalt in psychiatrischen Kliniken stellen eine sehr ernsthafte Herausforderung dar, der man nicht erfolgreich dadurch begegnen kann, dass man die Legitimität von Zwangsmaßnahmen kategorisch bestreitet oder die Gewalt, wenn sie von Patienten ausgeht, als schicksalhaft hinnimmt. Zwangsmaßnahmen stellen im Wesentlichen approximative Lösungen inter- und intrapersoneller Autonomiekonflikte dar, wenn diese nicht gewaltfrei zu lösen sind. Deshalb kann die Vermeidung von Zwang nur gelingen, wenn man die Bedürfnisse nach und die Rechte auf Autonomie aller beteiligter Personen in den Blick nimmt, die Autonomie also in den Fokus nimmt. Ziel einer autonomiefokussierten Psychiatrie ist es, die entsprechenden Rechte- und Interessenkollisionen transparent zu machen und durch geeignete präventive Maßnahmen zu vermeiden, also im Sinne einer „minimal-restriktiven Psychiatrie“ Zwang und Gewalt auf das absolut notwendige Minimum zu beschränken. Es gibt eine Vielzahl effektiver Maßnahmen, die für eine umfassende Implementationsstrategie infrage kommen. Dabei muss aber berücksichtig werden, dass die Umsetzung einzelner Elemente oder eines Gesamtkonzeptes auf der Klinikebene dynamisch von den lokalen, auch rechtlichen, administrativen, baulichen und personellen Gegebenheiten ausgehen muss. Die derzeit viel diskutierte Priorisierung der Öffnung geschlossener Stationen ist hierzu als zentrale, vorrangige Maßnahme nicht geeignet.
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Metadaten
Titel
Autonomiefokussierung als Leitgedanke einer minimal-restriktiven Psychiatrie
verfasst von
Prof. Dr. Thomas Pollmächer
Publikationsdatum
09.05.2019
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Der Nervenarzt / Ausgabe 7/2019
Print ISSN: 0028-2804
Elektronische ISSN: 1433-0407
DOI
https://doi.org/10.1007/s00115-019-0714-6

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