Phagen machten den Weg frei – für eine neue Lunge

Manche Viren – die Phagen – töten Bakterien. Sie statt Antibiotika zu nutzen, klingt verheißungsvoll: Einem Mukoviszidose-Patienten konnte damit gegen eine Infektion mit Mycobacterium abscessus geholfen werden. Ein heute 26-jähriger Patient mit Cystischer Fibrose hat eine Therapie mit bakterientötenden Viren, Phagen, gegen eine mycobakterielle antibiotikaresistente Lungeninfektion bekommen. Nachdem die Therapie erfolgreich war, erhielt der Patient ein Lungentransplantat. Die Phagentherapie ist inzwischen beendet. Das berichtet ein Forscher- und Ärzteteam um Dr. Jerry A. Nick vom National Jewish Health (NJH) Krankenhaus in Denver (Cell 2022; online 13. Mai). „Wir haben jahrelang ohne Erfolg versucht, die Mycobakterieninfektion mit einer Vielzahl von Antibiotika in den Griff zu bekommen“, wird Erstautor Nick in einer Mitteilung des NJH zur Veröffentlichung der Studie zitiert. Hauptsächlich wegen der Infektion mit Mycobacterium abscessus hatten drei Lungentransplantationszentren den Patienten als Empfänger einer Spenderlunge abgelehnt: Mycobakterien könnten sich ja von der Lunge bis auf die Haut und anderes Gewebe ausbreiten, was besonders schwierig für Empfänger von Lungentransplantaten unter Immunsuppression sein könne. Sechs Jahre mit der Infektion 2020 lag die Infektion sechs Jahre lang vor, die Lungenfunktion des Patienten betrug unter 30 Prozent. Dann erteilte die U.S.-Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) ihre Notfallgenehmigung (Compassionate Use) für die experimentelle Therapie. Bereits 2016 hatte das Team um Nick Proben versand, um Phagentypen zu finden, die das Mycobacterium abcessus töten könnten. Das Team um Dr. Graham Hatfull Pittsburgh University fand zwei passende Kandidaten, die es genetisch optimierte und dem Team um Nick zur Verfügung stellte. Empfehlung der Redaktion Infektiologie – Die Themenseite Wie spüren Sie infektiöse Übeltäter gezielt auf? Und wie gehen Sie leitliniengerecht therapeutisch & präventiv gegen sie vor? Fachartikel, News und Expertenempfehlungen zu sämtlichen Fragestellungen der Infektiologie bündelt unsere laufend erweiterte Themenseite. Ab September 2020 erhielt der Patient 500 Tage lang täglich zwei Phagen-Infusionen. Innerhalb von zwei Monaten nach Beginn der Phagentherapie stellten die Forscher anhand von genetischen Tests, Zellkulturen und klinischen Markern fest, dass die Therapie anschlug. Verbesserungen konnten die Forscher zum Beispiel auf Computer-Tomographie-Scans sehen. Ein Jahr später: Infektion beseitigt Ein Jahr darauf – im September 2021 – war die Mycobakterieninfektion beseitigt. „Als wir die natürlichen Feinde des Bakteriums benutzten, waren wir endlich in der Lage, die Infektion zu beseitigen. Das hat eine erfolgreiche Lungentransplantation ermöglicht“, resümiert Nick. Die Operation fand bereits im Oktober 2021 statt. Der Patient behielt während der Operation und der Erholungsphase die Phagentherapie bei. Es gab keine Anzeichen für ein Wiederaufleben der Infektion nach der Transplantation. Inzwischen hat der Patient die Phagentherapie beendet und lebt ein normales Leben, heißt es in der Mitteilung. Und: Die Forscher hatten sowohl vor der Phagentherapie als auch danach Proben genommen und Mycobacterium abcessus isoliert. Beim Vergleich der Proben stellten sie fest, dass das Bakterium genetisch stabil war, generell weniger divers war und keine erhöhte Resistenz gegen Phagen oder Antibiotika entwickelt hatte. Abgesehen davon hatte der Patient Antikörper gegen die Phagen gebildet; insbesondere gegen eine der beiden Phagentypen war der Antikörperspiegel hoch. Das habe eine klinische Verbesserung während der Therapie aber nicht verhindert, schreibt das Team um Nick. „Diese Forschung kann als Landkarte dafür dienen, zukünftig Patienten mit schweren Mycobacterium abcessus-Lungeninfektionen mithilfe von Phagen zu therapieren und ihr Leben zu retten“, wird Nick in der Mitteilung zitiert.

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