Management der Langzeittherapie mit Sonidegib

Hedgehog-Inhibitoren (HHI) sind mittlerweile der Therapiestandard im klinischen Alltag, um Patientinnen und Patienten mit lokal fortgeschrittenen Basalzellkarzinomen ein hohes und langanhaltendes Tumoransprechen zu ermöglichen. Für den langfristigen Therapieerfolg sollten auch potenzielle Verträglichkeitsprobleme mit HHI frühzeitig thematisiert werden: Optionen wie die Dosisanpassung unter Sonidegib sowie unterstützende pharmakologische Therapiemaßnahmen bieten die Möglichkeit, das Therapieregime individuell anzupassen und unerwünschte Nebenwirkungen zu verringern. Basalzellkarzinome (basal cell carcinoma, BCC) machen den größten Teil der malignen Hauttumoren aus und sind die weltweit häufigste maligne Tumorerkrankung – bei tendenziell zunehmender Inzidenz [1, 2]. Eine pathophysiologische Schlüsselrolle bei der Entstehung von BCC und folglich auch als Therapietarget spielt die Aktivierung des HH-Signalwegs [3, 4]. Für lokal fortgeschrittene BCC, welche sich nicht für eine kurative chirurgische oder radiotherapeutische Intervention eignen, rezidivierende BCC nach mehreren lokaltherapeutischen Verfahren und/oder Radiotherapie oder bei entsprechendem Patientenwunsch bieten HHI eine wichtige systemische Erstlinienoption [1]. Distinktes PK-Profil Derzeit stehen mit Vismodegib und Sonidegib zwei verschiedene HHI beim BCC zur Verfügung. Sonidegib (Odomzo®) ist für die Behandlung von Erwachsenen mit lokal fortgeschrittenem BCC angezeigt, die für eine kurative Operation oder eine Strahlentherapie nicht in Frage kommen [5]. In der zulassungsrelevanten BOLT-Studie ermöglichte Sonidegib eine hohe Krankheitskontrollrate (disease control rate, DCR), die sich anteilig aus dem Komplettansprechen, partiellen Ansprechen und stabiler Erkrankungsrate zusammensetzte und bei der finalen Datenauswertung sowohl in der zentralen als auch prüfärztlichen Beurteilung 91% betrug. In dem mit 42 Monaten bislang längsten Follow-up bei HHI lag die mediane Ansprechdauer für Sonidegib-Responder bei 26,1 Monaten [6]. Der oral verfügbare HHI hat ein distinktes pharmakokinetisches Profil, welches sich auf das Verteilungsvolumen und die Wirkstoffkonzentration in der Haut auswirkt: Sonidegib zeigte sich im Steady State mit einem Verteilungsvolumen von etwa 9.170 Litern assoziiert, was möglicherweise mit den stärker lipophil betonten Eigenschaften des HHI der zweiten Generation zusammenhängt und auf eine extensive Verteilung im Gewebe hindeutet [5, 7]. Konsequenterweise wurden in der Haut sechsmal so hohe Konzentrationen des Wirkstoffs festgestellt wie im Plasma [5]. Die häufigsten therapieassoziierten Nebenwirkungen (TEAE) unter Sonidegib in der BOLT-Studie waren Muskelkrämpfe (54,4%), Alopezie (49,4%) und Dysgeusie (43,0%). Diese traten im Verlauf von 18 Therapiezyklen im Median nach 2,1 Monaten, 5,5 Monaten bzw. 3,7 Monaten auf [8]. Option auf Dosisanpassung Die am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen wie Muskelspasmen, Geschmacksstörungen, Alopezie, Übelkeit, Fatigue oder Gewichtsverlust sind klassenspezifisch und waren primär mild ausgeprägt (Grad 1 und 2) sowie mehrheitlich mittels einer Dosisreduktion oder Therapieunterbrechung beherrschbar und reversibel [6, 8]. Für eine möglichst lang anhaltende Adhärenz der Behandelten unter HHI, eine stabile Lebensqualität sowie langfristigen Therapieerfolg bedarf es dennoch eines adäquaten und proaktiven Nebenwirkungsmanagements. Erfahrungen aus dem Therapiealltag machen deutlich: Mittels einer frühzeitigen Aufklärung über die Nebenwirkungsrisiken sowie der mittlerweile verfügbaren Handlungsmöglichkeiten lassen sich die Risiken für einen vorzeitigen Therapieabbruch verringern [1]. Individuelles Langzeitmanagement Wie von europäischen Expertinnen und Experten vorgeschlagen, erscheint vor diesem Hintergrund ein u.a. nach Nebenwirkungen stratifizierter Behandlungsalgorithmus für die Systemtherapie denkbar, der den Behandelten beim lokal fortgeschrittenen BCC eine langfristige Behandlungsperspektive bietet (Abb. 1) [1]. Abb. 1 Behandlungsalgorithmus für das lokal fortgeschrittene BCC; modifiziert nach [1] Springer Medizin Verlag GmbH × Zur Verringerung von Nebenwirkungen besteht für Sonidegib als einziges HHI die zulassungsgemäße Option einer Dosisreduktion von 200mg einmal täglich auf 200mg an jedem zweiten Tag [5]. Neben der in der Fachinformation von Sonidegib empfohlenen Dosisreduktion oder -unterbrechung könnten demnach auch Konzepte wie eine Pulstherapie im Sinne eines „On-Off-Therapieschemas“ oder eine vorübergehende Therapiepause („drug holiday“) in Betracht kommen [1]. Des Weiteren können Betroffene nach einer Therapiepause oder bei einem BCC-Rezidiv nach Absetzen eines HHI vom erneuten HHI-Einsatz („Re-Challenge“) profitieren [1, 4]. Im Fall einer Resistenzentwicklung gegenüber HHI oder bei trotz längerfristiger Behandlung persistierenden Nebenwirkungen kann eine PD (Programmed Cell Death Protein)-1-Inhibitor-basierte Zweitlinientherapie erwogen werden [1]. Literatur Bossi P et al., Crit Rev Oncol Hematol 2023, 189:104066 Fitzmaurice C et al., JAMA Oncol 2019, 5:1749–1768 Lang BM et al., S2k-Leitlinie Basalzellkarzinom der Haut ( in Überarbeitung) Heppt MV et al., Cancers (Basel) 2022, 14:4547 Fachinformation Odomzo® 200mg Hartkapseln (Stand: Mai 2022) Dummer R et al., Br J Dermatol 2020, 182:1369–1378 Dummer R et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2020, 34:1944–1956 Gutzmer R et al., Dermatol Ther (Heidelb) 2021, 11:1839–1849 Sonidegib in der medikamentösen Erstlinientherapie des fortgeschrittenen BCC Interview mit Prof. Dr. Christoffer Gebhardt, Stellvertretender Klinikdirektor, Leiter Universitäres Hauttumorzentrum Hamburg, Leiter Fleur Hiege-Centrum für Hautkrebsforschung, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Prof. Dr. Christoffer Gebhardt UKE × Wie ordnen Sie den Stellenwert von HHI in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen BCC ein? Gebhardt: Der Einsatz von HHI ist mittlerweile der absolute Standard und wird so auch in den nationalen und internationalen Leitungen abgebildet, d.h. er ist immer dann indiziert, wenn ein Tumor nicht sinnvoll operabel und/oder für eine Strahlentherapie nicht geeignet ist. In dieser Situation ist die Therapie mit HHI die einzige zugelassene Systemtherapie. Es handelt sich um eine komplexe Therapie, von der Patientinnen und Patienten enorm profitieren, da sie ein sehr rasches und tiefes Ansprechen ermöglicht. Auf welche Besonderheiten kommt es in der Praxis beim HHI Sonidegib an? Gebhardt: Zwei Aspekte sind wichtig: Unter der Therapie mit Sonidegib werden besonders hohe Wirkspiegel im Gewebe bzw. in der Haut beobachtet, was sich möglicherweise auch positiv auf die Effektivität gegen den Tumor auswirkt. Auch wenn es keine direkten Head-to-Head-Studien gibt, haben wir Hinweise, dass Sonidegib ein besonders starker HHI ist. Unterschiede beim Nebenwirkungsprofil sind möglicherweise gering. Wichtig ist: Sonidegib ist die einzige Substanz, bei der sich eine zugelassene Dosisreduktion durchführen lässt. Die Dosis kann auf einmal alle zwei Tage reduziert werden. Darunter können viele Behandelte auch eine Besserung der Nebenwirkungen erreichen. Aufgrund meiner Erfahrung im Nebenwirkungsmanagement setze ich der Praxis am häufigsten Sonidegib ein. Welche Nebenwirkungen sind die größte Herausforderung? Gebhardt: Angefangen mit dem Beispiel Haarausfall, der die zweithäufigste Nebenwirkung darstellt und typischerweise erst nach Wochen oder manchmal auch Monaten so ausgeprägt ist, dass er sichtbar und spürbar wird: Die Alopezie ist charakteristischerweise nach Absetzen des HHI oft reversibel und wird von den älteren männlichen Patienten oft als weniger störend empfunden als von jüngeren weiblichen Patienten, für die der Haarverlust nicht nur ein kosmetisches, sondern auch psychologisches Problem sein kann („man sieht mir die Therapie an“). Besonders unangenehm sind Muskelkrämpfe, die häufig als nächtliche Wadenkrämpfe auftreten und die Lebensqualität relevant beeinträchtigen. Die Reaktion auf eine Dysgeusie – also Geschmacksstörung – ist häufig sehr individuell: Für einige der Betroffenen ist sie der Hauptgrund, die Therapie abzusetzen. Bei den oft hochbetagten und multimorbiden Betroffenen ist zudem zu befürchten, dass der Appetitverlust in einen relevanten Gewichtsverlust mündet. Welche Fortschritte gibt es im (pro)aktiven Umgang mit potenziellen Nebenwirkungen unter HHI-Therapie? Gebhardt: Treten Wadenkrämpfe auf, haben wir die Möglichkeit, L-Carnitin einzusetzen. Von Betroffenen wird die Carnitinsubstitution oftmals als Game-Changer empfunden. Auch bei Geschmacksstörungen gibt es Tricks und Kniffe, die den Umgang damit erleichtern bzw. eine Linderung bewirken können. Einem drohenden Gewichtsverlust lässt sich z.B. durch hochkalorische Ernährung oder appetitanregende Substanzen entgegenwirken. Wird der Gewichtsverlust bedrohlich, können wir mit den Betroffenen aber auch über eine intermittierende Therapie sprechen: Vielen wird so ermöglicht, die Therapie fortzusetzen. Welche Erkenntnisse gibt es zur sogenannten Re-Challenge mit HHI? Gebhardt: Der Wiedereinsatz eines HHI, die sogenannte Re-Challenge, ist mittlerweile gut untersucht: So wissen wir aus der Forschung, dass beim Wiedereinsatz eines HHI kein wesentlicher Wirkverlust zu befürchten ist. Nach einer entsprechend langen Therapiepause und selbst bei Personen, die eine Progression unter der Therapie hatten, konnte im Verlauf wieder ein Ansprechen beobachtet werden – in den meisten Fällen auch in der Zweit- und Drittliniensituation. Odomzo® 200mg Hartkapseln Wirkst.: Sonidegib. Zus.: 1 Hartkps. enth. 200mg Sonidegib (als Phosphat). Sonst. Bestandt.: Crospovidon (Typ A), Lactose-Monohydrat, Mg-Stearat, Poloxamer (188), hochdisp. Siliciumdioxid, Nadodecyclsulfat, Gelatine, Eisen(III)-oxid (E172), Titandioxid (E171), Eisen(II,III)-oxid (E172), Propylenglykol (E1520), Schellack. Anw.: Behandl. v. Erw. m. lokal fortgeschr. Basalzellkarzinom, die für eine kurat. Operat. oder eine Strahlenther. nicht in Frage kommen. Gegenanz.: Überempf. gg. Sonidegib, sonst. Bestandteile, Schwangersch./Stillzeit, Frauen im gebärfäh. Alter, die sich nicht an das Odomzo Schwangersch.-verhütungsprogramm halten. Schwangerschaft/Stillzeit: Kontraindiziert. Männl. u. weibl. Fertilität: Fertilität kann irreversibel beeinträchtigt werden (Tierstudien). Nebenw.: vermind. Appetit, Dehydratat., Dysgeusie, Kopfschmerzen, Übelk., Diarrhö, Abdominalschmerzen, Erbrech., Dyspepsie, Obstipat., gastroösophag. Refluxkrankh., Alopezie, Pruritus, Hautausschlag, unnorm. Haarwachstum, Muskelkrämpfe, muskuloskeletale Schmerzen, Myalgie, Myopathie (Muskelermüdung/-schwäche), Amenorrhö, Fatigue-Syndrom, Schmerzen, Gewichtsabnahme. Laborabweichungen: vermind.: Hämoglobin, Lymphozytenzahl; erhöht: Serum-Kreatinin, Serum-Kreatinphosphokinase(CK), ALT, AST, Amylase, Lipase, Blutzuckerspiegel. Wechselw.: Gleichz. Anw. v. starken CYP3A-Inhibitoren (z.B. Ritonavir, Saquinavir, Telithromycin, Ketoconazol, Itraconazol, Voriconazol, Posaconazol, Nefazodon) u. starken CYP3A-Induktoren (z.B. Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Rifabutin, Rifampicin, Johanniskraut (Hyperic. perforat.)) vermeiden. Bei gleichz. Anw. starker CYP3A4-Induktoren die Erhöhung der Tagesdosis auf 400–800mg erwägen. Bei gleichz. Anw. von Substraten von CYP2B6, CYP2C9 oder BCRP sind Pat. sorgfältig im Hinblick auf Nebenw. zu überwachen, insbes. bei solchen mit geringer ther. Breite. Wegen überlappender Toxizit. besteht bei gleichz. Anw. mit anderen AM, die bekannterm. das Risiko für Toxizit. auf die Muskulatur erhöhen, möglicherw. ein erhöhtes Risiko für die Entwickl. muskulär bedingter unerwünschter Ereignisse. Die Pat. sind sorgfältig zu überwachen. Eine Dosisanpassung sollte erwogen werden, wenn muskuläre Sympt. auftreten. Warnhinw.: Risiko schwerer Geburtsfehler. Schwangersch.-verhütungsprogramm beachten. Pat. mit der selt. heredit. Galactose-Intoleranz, Lapp-Lactase-Mangel od. Glucose-Galactose-Malabsorption sollten dieses AM nicht einnehmen. ZYTOTOXISCH. Blutspende: Während d. Behandl. u. nach Behandl.-ende mind. 20 Monate lang kein Blut spenden! Verhütung: Frauen im gebärfäh. Alter müssen während d. Einnahme u. über e. Zeitraum v. 20 Monaten nach Behandl.-ende 2 empfohl. Methoden d. Schwangersch.-verhütung anwenden, darunter eine hochzuverl. Methode u. eine Barrieremethode. Sexuell aktive Männer müssen, unab. vom Vasektomie-Status, während d. Behandl.u. über einen Zeitraum von 6 Monaten nach Behandl.-ende beim Geschlechtsverkehr mit einer Partn. ein Kondom anwenden, um eine Exposition der Partn. mit dem Wirkstoff über die Samenflüssigkeit zu verhindern. Samenspende: Männliche Pat. dürfen während der Behandlung u. mind. 6 Monate nach Behandl.-ende kein Kind zeugen oder Samen spenden. Bitte immer Fach- bzw. Gebrauchsinformation beachten! Verschreibungspflichtig. Stand: 06/2019. Sun Pharmaceuticals Germany GmbH, Hemmelrather Weg 201, 51377 Leverkusen. V02–00 Impressum „Fortgeschrittenes Basalzellkarzinom: Management der Langzeittherapie mit Sonidegib“ Literaturarbeit und Interview Bericht: Dr. Yuri Sankawa, Stuttgart Report in „Die Onkologie“, Band 30, Heft 6, Juni 2024 Mit freundlicher Unterstützung der Sun Pharmaceuticals Germany GmbH, Leverkusen Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Dr. Friederike Holthausen Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführung: Fabian Kaufmann, Dr. Cécile Mack, Dr. Hendrik Pugge Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF-Download: Fortgeschrittenes Basalzellkarzinom - Management der Langzeittherapie mit Sonidegib

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten