Bertolt Brecht. Hatte er wirklich ein rheumatisches Fieber?

Der Schriftsteller Bertolt Brecht (1898–1956) ist bekannt durch seine Gedichte, Dramen und das von ihm begründete „epische bzw. dialektische Theater“. Wegen Herzbeschwerden und neuromuskulärer Symptome in seiner Jugend wurde bei ihm retrospektiv ein rheumatisches Fieber postuliert. Ausgehend vom heutigen rheumatologischen Wissensstand lässt sich aus den vorliegenden Dokumenten nicht ableiten, dass Brecht sicher ein rheumatisches Fieber hatte. Allenfalls ist eine ganz ungewöhnliche Manifestation eines rheumatischen Fiebers zu vermuten mit atypischer rheumatischer Chorea und sehr atypischem Verlauf einer rheumatischen Karditis. Einige Abweichungen vom klassischen Krankheitsbild – das Fehlen von Fieber und Arthritis, keine typische Symptomatik einer Sydenham-Chorea, die fehlende Diagnose eines Herzvitiums in seiner Jugend – führen zu umfangreichen differenzialdiagnostischen Überlegungen. Eine mögliche psychosomatische Genese durch funktionelle Herzbeschwerden muss selbst dann postuliert werden, wenn eine zeitweise vorangegangene organische Ursache nicht ausgeschlossen werden kann. Nur der Einsatz der heute verfügbaren weiterführenden Diagnostik mit Dopplersonographie des Herzens, Kardio-MRT (Magnetresonanztomographie), Rachenabstrichen auf Streptokokken und Streptokokkenserologie würde ermöglicht haben, die Herzsymptomatik von Brecht in seiner Jugend zweifelsfrei zu diagnostizieren und von funktionellen Herzbeschwerden abzugrenzen. Sein Tod infolge einer bakteriellen Endokarditis mit Nachweis von Coli-Bakterien infolge eines urologischen Eingriffs mit nachfolgenden Fieberschüben und Pyelonephritis ist durch die Auswertung ärztlicher Dokumente belegt und zweifelsfrei nachvollziehbar.