Erschienen in:
19.10.2016 | Psychotherapie | Originalien
Beschwerden über Fehlverhalten in der Psychotherapie, Teil 2
Ziele, Ergebnis und Entwicklungsmöglichkeiten von Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit
verfasst von:
Marcus Welther, Veronika Hillebrand, Andrea Schleu, Philipp Franke, Bernhard Strauß
Erschienen in:
Die Psychotherapie
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Ausgabe 6/2016
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die bisherige Datenlage zur Untersuchung unerwünschter Wirkungen und Schädigungen von Patienten durch Psychotherapie ist noch begrenzt. Die vorliegende Studie untersucht, in Ergänzung zu einer Arbeit von Franke et al. (2016), die Gründe für Beanstandungen von Fehlverhalten in Psychotherapien, Beratungsangebote sowie Ziele, Ergebnisse und Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich der Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit.
Material und Methoden
Nach der Identifikation geeigneter Merkmale wertete die vorliegende Studie insgesamt 456 der in den Jahren 2006–2015 durch den Ethikverein e. V. dokumentierten Beschwerden und Anfragen aus.
Ergebnisse
Das Beratungsangebot des Ethikvereins e. V. erreichte vorrangig Ratsuchende aus dem Kreis der geschädigten Patienten, beobachtende Kollegen, Angehörige von Betroffenen und beschuldigte Kollegen. Frauen mittleren Alters waren unter den betroffenen Ratsuchenden deutlich über-, Männer und Kinder dagegen deutlich unterrepräsentiert. Unter den beschuldigten Psychotherapeuten war die Geschlechterverteilung nahezu ausgeglichen, männliche Psychotherapeuten waren jedoch im Verhältnis zu den Zulassungszahlen sowie bei sexuellen und sozialen Grenzverletzungen deutlich überrepräsentiert. Lokale Fortbildungs- und Aufklärungsaktivitäten hatten, ebenso wie die dauerhafte Präsenz von aktiven Mitgliedern des Vereins vor Ort, direkten Einfluss auf die Zahl der Beschwerden über Fehlverhalten. Publikationen in populärwissenschaftlichen Medien mit großer Reichweite erhöhten die Wahrscheinlichkeit für fehlgeleitete Anfragen.
Schlussfolgerung
Ausgehend von den Untersuchungsergebnissen werden Empfehlungen für die Weiterentwicklung unabhängiger Beratungsangebote, eine stärkere Standardisierung der Falldokumentation, den Ausbau von Fortbildungsangeboten für Psychotherapeuten und Ausbildungsteilnehmer sowie eine stärkere, dauerhafte Präsenz vor Ort gegeben.