08.05.2019 | Leitthema
Besonderheiten von Medizinproduktstudien bei der Bewertung und Beratung durch Ethikkommissionen
verfasst von:
PD Dr. Reinhard Vonthein
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 6/2019
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Zusammenfassung
Um Sicherheit und Leistungsfähigkeit eines Medizinprodukts, wie Implantat, Messgerät oder Software, zu bewerten, müssen vom Hersteller unter bestimmten Umständen klinische Prüfungen durchgeführt werden. Diese müssen von der Bundesoberbehörde genehmigt und von der Ethikkommission zustimmend bewertet werden.
Studien an Medizinprodukten weisen aus Sicht der Ethikkommission verschiedene Besonderheiten auf: (1) Medizinprodukte dürfen ohne Zulassung in Verkehr gebracht werden; (2) die Wirkung kann vom Anwender abhängen; (3) die Studiendesigns unterscheiden sich aufgrund der Produktvielfalt sehr stark; (4) je nach Risikoklasse des Produkts überwachen Behörden verschieden intensiv; (5) Regularien sind bei den Ärzten und in der Ethikkommission weniger bekannt, da sie später erlassen wurden als für Arzneimittel; (6) es gibt viele kleine Hersteller, die auf klinische Studien nicht vorbereitet sind; (7) die Produkte haben oft kurze Lebenszyklen und werden schrittweise weiterentwickelt, die Studie muss aber produktspezifisch sein; (8) die Hersteller arbeiten nach Normen.
Die Beratung durch die Ethikkommission muss aufgrund dieser Besonderheiten spezielle Schwerpunkte setzen. Im Vordergrund stehen: Zweckbestimmung des Medizinprodukts, die grundlegenden Anforderungen an Medizinprodukte, vorliegende und erzielbare Evidenz, Nutzen für Patienten, Ambition der Studienziele, womit verglichen wird, Änderungen am Prüfplan, Maßnahmen gegen Verzerrungen, Einweisung der Anwender und deren Lernkurve, Rückverfolgbarkeit von Produkten und Daten, Qualitäts- und Risikomanagement, Sonderanfertigungen, validierte Erhebungsmethoden, Normen und Stand der Wissenschaft sowie Finanzierung. Kurz: Die Ethikkommissionen müssen oft auf die Regeln und Methoden der Evidenzbasierung hinweisen.