Radikale Prostatektomie: Unerwünschte Operationsfolgen behandeln und Lebensqualität verbessern

Die Komplettentfernung der Prostata kann nicht nur eine Harninkontinenz zur Folge haben. Neben einer erektilen Dysfunktion sind insbesondere auch zeitgleich auftretende Anastomosenstrikturen eine therapeutische Herausforderung. Postoperative Komplikationen wie Miktions- und Erektionsbeschwerden nach einer radikalen Prostatektomie können die Lebensqualität nachhaltig beeinflussen. Die von Dr. med. Martin Baunacke, Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, präsentierten Ergebnisse zeigen, dass bei den von Harninkontinenz und erektiler Dysfunktion (ED) betroffenen Patienten in Deutschland ein relevantes Versorgungsdefizit besteht. In die aktuelle Studie flossen die Daten von 1.260 Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom aus der HAROW-Studie ein, bei denen zwischen 2008 und 2013 eine radikale Prostatektomie durchgeführt wurde [1]. Das mediane Alter betrug 65 Jahre bei der Operation. Nach einem medianen Follow-up von 6,3 Jahren erhielten diese Patienten validierte Fragebögen zur Erfassung ihrer Kontinenz, erektilen Funktion und Lebensqualität. Die Rücklaufquote betrug 76,8%. Verminderte Lebensqualität durch Harninkontinenz und ED Die Ergebnisse zur Harninkontinenz zeigen, dass zum Zeitpunkt der Befragung 14% (134/936) der Patienten nach radikaler Prostatektomie mehr als eine Vorlage pro Tag nutzten. 25% (26/104) dieser inkontinenten Patienten erhielten eine Operation zur Therapie ihrer Harninkontinenz. 41% (31/75) der Inkontinenzpatienten ohne Operation klagten über eine mittlere bis große Belastung durch ihre Harninkontinenz mit einer signifikant schlechteren Lebensqualität als jene Patienten mit keiner oder geringerer Belastung. 85% (739/936) der Patienten nach radikaler Prostatektomie erreichten keine für den Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion. Davon hatten 60% (474/793) noch nie ein Hilfsmittel gegen die ED ausprobiert. Diese Patienten waren signifikant älter (Odds Ratio [OR] 4,1; 95%-Konfidenzintervall [KI] 2,2–7,7), hatten häufiger eine präoperative bestehende ED (OR 2,3; 95%-KI 1,5–3,4), kein oder wenig Interesse an Sex (OR 2,2; 95%-KI 1,5–3,3) und fühlten sich weniger belastet durch ihre ED (OR 1,8; 95%-KI 1,2–2,6). Doch auch bei jenen Patienten mit ED und Interesse an Sex (64%, 499/780) hatten 49% (243/499) noch nie ein Hilfsmittel ausprobiert. 30% (73/240) dieser Patienten mit Interesse an Sex, aber ohne Hilfsmittelnutzung, klagten über eine mittlere bis große Belastung aufgrund ihrer ED und wiesen eine signifikant schlechtere Lebensqualität auf als Patienten mit keiner oder geringer Belastung. „Es ist nun notwendig, die Ursachen für dieses Versorgungsdefizit herauszufinden, um damit die Versorgung der Harninkontinenz und ED nach radikaler Prostatektomie verbessern zu können“, so die Aufforderung von Baunacke. Blasenhalsstenose bei gleichzeitiger Stressinkontinenz Dr. med. Ghazal Ameli vom Landesklinikum Korneuburg, Österreich, berichtete die Ergebnisse aus einer kleinen Patientengruppe (n=13) mit rezidivierenden Anastomosenstrikturen und Stressinkontinenz nach radikaler Prostatektomie, bei denen ein thermosensitiver Stent entweder vor (n=4), zugleich mit (n=4) oder im ersten Jahr nach der Implantation eines artifiziellen Sphinkters (AUS, n=5) implantiert wurde. In einem mittleren Follow-up von 65 Monaten konnte die Arbeitsgruppe bei 91,7% der Patienten eine Verbesserung der obstruktiven Symptome verzeichnen. Die Kontinenz („socially dry“) war durch den AUS gewährleistet. Als postoperative Komplikationen traten bei 4 Patienten irritative Symptome auf. Eine nicht transfusionspflichtige Makrohämaturie wurde bei 3 Patienten beobachtet. Bei 4 Patienten musste der Stent aufgrund von Migration oder Inkrustation entfernt werden. In allen 4 Fällen blieb der AUS jedoch funktionsfähig. „Zusammenfassend kann man sagen, dass die Behandlung von Patienten mit gleichzeitiger Stressinkontinez und einer Blasenhalsstenose herausfordernd ist“, so das Resümee von Ameli. Basierend auf : 72. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie, Vortragssitzung: Männliche Harninkontinenz; 24.09.2020

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