Erschienen in:
01.09.2005 | Originalien
Bindungstheorie und Psychoanalyse
Einige grundsätzliche Anmerkungen
verfasst von:
Univ.- Prof. em. Dr. med. Siegfried Zepf
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
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Ausgabe 3/2005
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Zusammenfassung
Bowlbys Bindungstheorie und ihre neueren Versionen werden sowohl in epistemologischer Hinsicht als auch unter der Frage untersucht, inwieweit sich psychoanalytische Konzepte in ihnen wiederfinden lassen. Es wird argumentiert, dass Bowlbys Fundierung der Bindungstheorie, die auch in den späteren Konzepten nicht ernsthaft problematisiert wurde, wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen kann, und dass die in der Psychoanalyse zentral stehenden Konzepte — wie z. B. das dynamisch Unbewusste, innere Konflikte, das Zusammenspiel von Triebwünschen und Abwehr in der Herstellung von Ersatzbildungen — entweder ignoriert oder nicht ausreichend diskutiert wurden bzw. werden. In diesem Licht gesehen, verkehrt sich die Feststellung, dass die psychoanalytische Kritik an der Bindungstheorie auf wechselseitigen Missverständnissen beruhte und in der Zwischenzeit substanzlos geworden ist, in ihr Gegenteil: Die psychoanalytische Kritik kann nur als überholt angesehen werden, wenn entweder die Psychoanalyse, die Bindungstheorie oder beide missverstanden werden.