Lernziele
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haben Sie einen Algorithmus zur leberbioptischen Diagnostik von hepatozellulären Karzinomen (HCC) und leberzellähnlichen Tumoren im Kontext mit klinischen und bildgebenden Befunden zur Hand;
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kennen Sie die Vorläuferläsionen des HCC;
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sind Sie über die Morphologie des frühen, des klassischen und der speziellen Formen des HCC orientiert;
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sind Sie in der Lage, immunhistochemische Zusatzfärbungen als Markerpanel in der Dignitätsbeurteilung hepatozellulärer Tumoren zu nutzen;
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sind Sie über zusätzliche molekularpathologische Untersuchungen zur Dignitätsbestimmung einer hepatozellulären Herdläsion orientiert;
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wissen Sie, immunhistochemische Zusatzfärbungen als Marker einer hepatozellulären Differenzierung einzusetzen;
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kennen Sie das differenzialdiagnostische Spektrum leberzellähnlicher Tumoren.
Hintergrund
Vorläuferläsionen
Frühe und kleine HCC
Kleine hochdifferenzierte HCC vom vage nodulären Typ
Kleine HCC vom distinkt-nodulären Typ bzw. „progrediente“ HCC
Knoten-in-Knoten-Phänomen
Klassisches HCC
Spezielle Typen und Varianten des HCC
Diagnostischer Algorithmus an der Biopsie
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Der Nachweis „ungepaarter“ Arterien ist ein wichtiger Hinweis auf eine hepatozelluläre Herdläsion, z. B. ein HCA, ein dysplastischer Knoten, HCC, selten auch eine vaskuläre Malformation.
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Zwei- bis dreireihige Leberzellbalken aus kleinen Hepatozyten können auch als ein fokales Phänomen in regenerierendem Lebergewebe nach Parenchymverlust auftreten.
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Die Keratin-7/-19-Immunhistochemie markiert duktuläre Strukturen an den Rändern von Zirrhoseknoten. HCC-Knoten hingegen grenzen unmittelbar an umgebende Bindegewebestrukturen an. Dies lässt sich auch bei der Prüfung auf infiltratives Wachstum in intratumorales Stroma nutzen.
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CD34 hebt diagnostisch kritische kapillarisierte Herdareale hervor.
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Antikörper gegen Glypican 3 (GPC3), Hitzeschockprotein 70 (Hsp70), Glutaminsynthetase (GS; 3‑Marker-Panel) gegebenenfalls ergänzt mit Antikörpern gegen die Clathrinschwerkette und/oder „enhancer of zeste homolog 2“ (EZH2; 5‑Marker-Panel) helfen bei der Unterscheidung hochdifferenzierter HCC gegenüber dysplastischen Knoten und gutartigen Leberläsionen (Abb. 2, 3 und 4; Tab. 1). Wichtig ist der kombinierte Einsatz dieser Marker [8], der zu diesem Zweck von den deutschen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie des HCC [3], den Leitlinien der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC)/European Association for the Study of the Liver (EASL; [4]) und den Leitlinien der American Association for the Study of Liver Diseases (AASLD; [16]) empfohlen wird. Die Spezifität des 3‑Marker-Panels – bei Positivität von mindestens 2 von 3 Markern – wird für die Biopsie mit 100 %, die Sensitivität mit 50 % angegeben [8]. Die Expression von 2 Biomarkern diskriminiert zwischen HGDN und HCC. Die Expression eines der Biomarker ist in HGDN möglich. Bei der Unterscheidung von HCA und HCC erweist sich das 3‑Marker-Panel aus GPC3, Hsp70, 14-3-3δ dem klassischen Panel aus GPC3, Hsp70 und GS überlegen [17].
Antikörper | Kommentar |
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Glypican 3 | In vielen HCC – auch G1-Tumoren – zytoplasmatisch und/oder kanalikulär-membranös exprimiert. Glypican 3 ist auch in Keimzelltumoren (Dottersacktumoren, Chorionkarzinom) und in hepatoiden Magenkarzinomen exprimiert. Im stärker entzündlich veränderten Lebergewebe, insbesondere bei aktiver Hepatitis C schwache Färbereaktion möglich [19] |
Glutaminsynthetase | Diagnostisch verwertbar ist die diffuse kräftige Expression in HCC und vielen β‑Catenin-aktivierten HCA (β-HCA). Hiervon abzugrenzen ist die bandförmige bzw. landkartenartige Expression, die für FNH kennzeichnend ist |
Hsp70 | Dieses antiapoptotische Hitzeschockprotein ist in vielen HCC auf dem Boden chronisch-entzündlicher Lebererkrankungen hochreguliert und nukleär überexprimiert |
AFP | Spezifität 97 %, Sensitivität 30 % |
β-Catenin | Diagnostisch verwertbar ist die Expression in den Tumorzellkernen |
CD34 | In HCC CD34-positives kapillarisiertes Gefäßbett; Ausnahme: frühe HCC |
Differenzialdiagnose leberzellähnlicher Tumoren
Antikörpertarget | Kommentar |
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HepPar 1 | Gegen die mitochondriale Carbamoylphosphatsynthetase 1 des hepatozellulären Harnstoffzyklus gerichtet. HCC: Sensitivität 70 %, Spezifität 84 %; [24]. Die mitochondrienreichen fibrolamellären Karzinome werden besonders kräftig angefärbt |
Arginase 1 | |
Glypican 3 | Onkofetales Protein aus der Gruppe von Heparansulfatproteoglykanen. Expression im fetalen Lebergewebe, nicht jedoch im normalen postnatalen Lebergewebe |
AFP | In hochdifferenzierten HCC trotz Positivität im Serum meist negativ |
BSEP | Gallensalzexportpumpe, ATP-bindender Kassettentransporter der hepatozellulären Canaliculus-Membran (HCC: Sensitivität 100 %; Spezifität 100 %; [22]) |
CEApoly, CD10 MDR1 | Antikörper markieren kanalikuläre Memranstrukturen: CEApoly kreuzreagiert mit biliärem Glykoprotein 1; CD10, Neprilysin (Sensitivität 82 %; Spezifität nahezu 100 %, [25]) |
TTF1 | Monoklonaler Antikörper entsprechend [26] zeigt granuläre zytoplasmatische Reaktion in 37 von 40 HCC |
Diagnose | Immunhistochemischer Befund |
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Cholangiokarzinom | PAS- und alzianpositive Schleimvakuolen meist kräftig positiv für Keratin 7 und 19, EpCam |
Nierenzellkarzinom | Keratine, Vimentin, CD10 |
Klarzellig
| Positiv: CAIX, RCC, Pax2, Pax8, EMA; negativ: CK7, AMACR |
Papillär
| Positiv: CK7, RCC, Pax2, AMACR |
Mammakarzinom | CK 7/19, Hormonrezeptoren, Milchfettglobulin, GATA 3 |
Nebennierenrindenkarzinom | α-Inhibin, Keratine, (Synaptophysin, NSE, Vimentin, SF1, Calretinin) Beachte normales Nebennierengewebe im Biopsat! |
Paragangliom | Synaptophysin, Chromogranin A, Vimentin, NSE, Tyrosinhydroxylase, S100-positive Sustentikularzellen |
Andere endokrine Tumoren | Synaptophysin, Chromogranin A, Hormone, CD56, neurosekretorische Granula, HTG, TTF1 in Metastasen (onkozytärer) Schilddrüsenkarzinome |
Azinuszellkarzinom des Pankreas | Pankreasenzyme (Amylase, Trypsin), Zymogengranula |
Amelanotisches Melanom | S100, HMB45, Melan A, SOX10; beachte: Positivität für Glypican 3 möglich |
Epithelioides PECom | sm-Aktin, HMB45, Melan A, S100 |
Hepatoide Adenokarzinome | Positivität für HepPar 1 und AFP, EpCam, gegebenenfalls organspezifische Marker, Glypican 3 und SALL4 in gastralen Primärtumoren |
Epithelioider GIST | DOG1, CD117, Vimentin |
Sehr seltene Primärtumoren der Leber | Endokrines Karzinom, epithelioides Mesotheliom, adrenaler Resttumor, primärer Azinuszelltumor |
Kombinierte hepatozellulär-cholangiozelluläre Karzinome und Cholangiokarzinome
Angiomyolipom (PECom)
Sehr seltene Primärtumoren
Lebermetastasen leberzellähnlicher Tumoren
Fazit für die Praxis
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Erste Hinweise für die Beurteilung von hepatozellulären Tumoren liefern die Beschaffenheit des tumortragenden Lebergewebes und klinische Basisdaten: Etwa 80 % der HCC entstehen in Zirrhosen oder Präzirrhosen, aber auch bei bestimmten chronischen Lebergrunderkrankungen ohne Zirrhose. Insbesondere bei Frauen im jüngeren bis mittleren Lebensalter finden sich HCA in Nichtzirrhosen.
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Die histomorphologische Diagnose eines HCC basiert auf strukturellen morphologischen Malignitätskriterien, ggf. ergänzt durch zusätzliche immunhistochemische Färbungen (CD34).
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Als Biomarker für die Dignitätsbewertung werden Glypican 3, Glutaminsynthetase, Hsp70 eingesetzt.
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Mutationen des TERT-Promotorgens und des β‑Catenin-Gens zeigen an Biopsien aus hochdifferenzierten hepatozellulären Herdläsionen zumindest ein erhöhtes Risiko der Malignisierung an.
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Als Marker einer hepatozellulären Differenzierung eignen sich HepPar-1, Arginase 3, Glypican 3 sowie Antikörper gegen die hepatozelluläre Canaliculus-Membran.