Erschienen in:
28.10.2020 | Wundinfektion | Übersichten
Endoskopische Radialisentnahme in der koronaren Bypass-Chirurgie
verfasst von:
Dr. Arnaud Van Linden, Prof. Dr. Thomas Walther
Erschienen in:
Zeitschrift für Herz-,Thorax- und Gefäßchirurgie
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Ausgabe 6/2020
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Zusammenfassung
Die A. radialis (RA) wurde bereits 1971 erstmalig als Graft in der koronaren Bypass-Chirurgie beschrieben. Zu diesem Zeitpunkt gab es aber Bedenken bezüglich Frühverschlüssen der RA, die bereits wenige Monate postoperativ auftraten. Erst mit besseren Erkenntnissen über Vasospasmus, vasodilatative Substanzen und eine schonendere Entnahmetechnik mithilfe eines Pedikels kam es zu einer erneuten routinemäßigen Verwendung der RA Anfang der 1990er-Jahre. Die Offenheitsrate der RA ist im Langzeitverlauf der V. saphena magna überlegen, wenn das Zielgefäß eine hochgradige Stenose aufweist. Somit erhielt die RA eine Klasse-IB-Empfehlung in den Leitlinien zur Myokardrevaskularisation. Die klassische Entnahme der RA erfolgt über einen Schnitt am Unterarm über die gesamte Länge der zu entnehmenden RA. Dies geht mit einer erhöhten Morbidität bezüglich Sensorik, Schmerzen und des kosmetischen Ergebnisses einher. Parallel zu den vielen anderen chirurgischen Entwicklungen hinsichtlich minimal-invasiver endoskopischer Verfahren wurde seit Ende der 1990er-Jahre die Technik der endoskopischen Radialisentnahme („endoscopic radial artery harvesting“ ERAH) etabliert. Die initiale Kritik an dieser Technik, insbesondere die Beeinträchtigung der Graft-Qualität aufgrund möglicher stärkerer Manipulation, basierte v. a. auf Erfahrungen mit der endoskopischen Venenentnahme. Mehrere Vergleichsstudien von ERAH und offener Entnahme konnten jedoch zeigen, dass die ERAH gleichwertige Offenheitsraten bietet und mit signifikanter Reduktion der entnahmebedingten Morbidität (Schmerz, Parästhesien und Wundheilungsstörung) einhergeht. Auf histologischer Ebene und die Vasoreaktivität betreffend zeigt die Mehrzahl der Studien ebenfalls keinen Unterschied zwischen beiden Entnahmeverfahren. In einigen wenigen Studien mit dem Nachweis einer reduzierten Endothelfunktion für die ERAH können Besonderheiten in der Entnahmetechnik eine Rolle spielen. Berücksichtigt man alle Ergebnisse und den offensichtlichen kosmetischen Vorteil dieser Technik, sollte die ERAH zum Goldstandard der RA-Entnahme werden.