10.10.2017 | Aortenaneurysma | Der interessante Fall
Chimney-Technik beim infrarenalen Aortenaneurysma mit koexistenter Hufeisenniere
Erschienen in: Gefässchirurgie | Ausgabe 1/2018
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Die Hufeisenniere (HEN) stellt die häufigste Malformation des Urogenitaltrakts dar. Sie entwickelt sich aus einer Verschmelzung beider Nieren innerhalb der Embryonalphase. Die Prävalenz der HEN wird mit 0,25 % angegeben. Im Geschlechtervergleich weisen Männer eine größere Häufigkeit auf [2, 3]. Bei 80 % aller HEN liegt eine aberrante arterielle Gefäßversorgung mit einer bzw. mehreren aus der abdominalen Aorta entspringenden akzessorischen Arterie vor [2]. Die erste Klassifikation dieser Variation der arteriellen Versorgung erfolgte 1925 durch Eisendrath et al. (Tab. 1; [9]). Weitere Klassifikationen folgten durch Crawford sowie Papin u. Boatman [3, 9]. Eine Koexistenz der HEN mit einem abdominellen Aortenaneurysma (AAA) zeigt sich bei etwa 0,12 % der Fälle [3]. Die hierbei ebenfalls vorherrschende Vielfalt der Gefäßversorgung wurde 1979 von Schwilden in 4 Typen unterteilt (Tab. 2; [13]). Die anatomische Konstellation eines AAA mit einer HEN stellt eine Herausforderung in der Wahl der optimalen Therapieform dar. Das therapeutische Spektrum setzt sich aus dem offen-chirurgischen Vorgehen mit transabdominalem bzw. retroperitonealem Zugang, endovaskulären Maßnahmen in Form des Endovascular Aortic Repair (EVAR) oder fenestrierter bzw. gebranchter Stentgrafts (SG) und Hybridverfahren aus EVAR und Debranching akzessorischer Arterien zusammen [2‐5, 9‐12]. Die offen-chirurgische Therapie ist aufwendig und mit einer erhöhten Mortalität und Morbidität verbunden [3]. Der Schwierigkeitsgrad der offenen Methode wird durch die präoperative Klärung des optimalen Zugangswegs und der Notwendigkeit einer Reinsertion bzw. Opferung der akzessorischen Renalarterien sowie die Berücksichtigung möglicher operativer Komplikationen, wie z. B. Ruptur der HEN oder Arealinfarkte, deutlich [2]. Eine endovaskuläre Ausschaltung des AAA mit Überstentung größerer akzessorischer Nierenarterien (Durchmesser > 2 mm) kann zum Teilverlust der Niere und folglich zur Verschlechterung der Nierenfunktion führen [1, 8]. Fenestrierte oder gebranchte SG können diesen Komplikationen vorbeugen, sind jedoch in Notfallsituationen nicht in notwendigen Maßen vorrätig, haben eine lange Herstellungszeit und sind kostspielig (Custom-made-Prothese) [5, 7]. Gerade in dringenden Fällen bei infrarenalen AAA mit HEN, die einer offenen Therapieform nicht zugänglich sind und eine für standardisierte Stentgraftprothesen unpassende anatomische Konstellation aufweisen, bietet die Chimney-Technik mit EVAR (ch-EVAR) eine alternative Behandlungsmethode zur Ausschaltung des infrarenalen AAA mit Erhalt der akzessorischen Renalarterien.
Typ I
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Eine Renalarterie für jede Seite der HEN
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×
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Typ II
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Eine Renalarterie für jede Seite der HEN mit einem aortalen Ast zum Isthmus
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×
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Typ III
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Zwei Renalarterien für jede Seite der HEN mit einer Isthmusarterie
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×
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Typ IV
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Zwei Renalarterien für jede Seite der HEN mit einem oder mehreren akzessorischen Ästen von den Iliakalarterien, einschließlich der Isthmusarterie
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×
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Typ V
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Multiple Renalarterien von der Aorta, Viszeral-, und Iliakalarterien
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×
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Typ A
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Akzessorische Nierenarterie am proximalen Ende des AAA
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Typ B
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Akzessorische Nierenarterie am distalen Ende des AAA
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Typ C
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Die HEN wird von einer aus dem AAA entspringenden Nierenarterie versorgt
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Typ D
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Die HEN wird von mehreren aus dem AAA entspringenden Nierenarterien versorgt
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