CLL: Vier Faktoren liefern Hinweis auf Überlebenswahrscheinlichkeit

Erstmals unterstützt ein Score in Studien bei Patienten mit einer rezidivierten oder therapierefraktären CLL Ärzte bei der Entscheidung für eine gezielte Therapie bzw. für einen möglichen Wechsel des Behandlungsregimes. Wie verlässlich der Score im Praxisalltag ist, muss sich noch zeigen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Ein Defizit in der Hämatoonkologie war bisher, dass es keinen Score gab, mit dem sich die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Patienten mit rezidivierter oder therapierefraktärer CLL unter einer modernen gezielten Therapie ermitteln lässt. Das hat sich nun geändert, weil US-Onkologen ein Risikomodell entwickelt haben, das auf den Befunddaten von 2475 Patienten aus randomisierten Phase-3-Studien und „Real life“-Daten der Mayo-Klinik-CLL-Datenbank beruht. Die Patienten der Phase-3-Studien waren unter anderem mit Ibrutinib, Idelalisib oder Venetoclax, also Vertretern der Bruton-Tyrosinkinase-Hemmer, PI3K- bzw. Bcl-2-Inhibitoren, oder einer Chemoimmuntherapie behandelt worden. Einteilung der Patienten in drei Risikogruppen Wie die Ärzte um Dr. Jacob D. Soumerai vom Massachusetts General Hospital Cancer Center in Boston in den USA berichten, schauten sie sich zunächst insgesamt 28 prognostische Faktoren an, darunter etwa das Alter, das Geschlecht und den ECOG-Performance-Status. In dieser Gruppe entpuppten sich zunächst sechs Faktoren als prognostisch relevant. Letztlich blieben vier Faktoren für einen praktikablen Score übrig: Beta-2-Mikroglobulin, Laktatdehydrogenase (LDH), Hämoglobin sowie Zeitdauer seit Beginn der letzten Therapie. An diese Parameter könne man sich leicht mithilfe des Akronyms „BALL“ erinnern: B2M, Anämie, LDH, Letzte Therapie. Jeweils ein Punkt wurde vergeben für B2M ≥ 5 mg/dl, LDH > oberer Normwert, Hb < 11 g/dl bei Frauen bzw. < 12 g/dl bei Männern und Zeit seit Beginn der letzten Therapie < 24 Monate. Drei Risikogruppen kristallisierten sich nach der statistischen Analyse heraus. Patienten mit einem niedrigen Risiko hatten einen Score von 0 oder 1, mit intermediärem Risiko von 2 oder 3 und mit hohem Risiko einen Score von 4. So lag zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, nach 24 Monaten noch zu leben, bei Patienten der Ibrutinib-Gruppe mit einem Hochrisikoscore bei 56%, mit einem niedrigen Risiko bei 90%. Oder: In der Venetoclax-Gruppe mit externer Validierung mithilfe der „Real World“-Daten lag die Wahrscheinlichkeit bei Patienten mit einem niedrigen Risiko bei 95%, mit einem hohen Risiko bei 82%. Nach Angaben von Soumerai lässt sich der Risikoscore mithilfe eines Programms berechnen, das auf der Internetseite „Calculate by QxMD” abrufbar ist und unter den Betriebssystemen iOS, Android und Windows läuft. Die Parameter für den Score ließen sich leicht aus der Anamnese und den Labordaten ermitteln. Entscheidungshilfe für Therapieunterbrechung Soumerai und seine Kollegen betonen, dass die Anwendung des Scores nicht als Entscheidungshilfe für oder gegen einen Therapiebeginn in der Rezidivsituation geeignet sei, sondern eher für die Auswahl für eine Studienteilnahme geeigneter Patienten. Nach Ansicht von Loic Ysebaert vom Institut Universitaire du Cancer de Toulouse-Oncopole in Toulouse in Frankreich kann der Score BALL aber Ärzte bei der Therapieentscheidung im Verlauf unterstützen und möglicherweise bei Patienten mit niedrigem Risiko eine Behandlungsunterbrechung ermöglichen, um Nebenwirkungen der Krebstherapie zu lindern (Lancet Haematology 2019. DOI). Schließlich könne der Score bei Hochrisikopatienten helfen, früher eine Entscheidung für den Wechsel auf eine wirkungsvollere Therapiestrategie zu fällen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie gut ist ein erster Score für Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL, die eine „targeted therapy“ erhalten? Antwort: Mit dem von US-Onkologen erstmals entwickelten Score lässt sich die Überlebenswahrscheinlichkeit der CLL-Patienten anhand von nur vier Parametern gut vorhersagen. Bedeutung: Das Modell kann Therapieentscheidungen unterstützen und in klinischen Studien genutzt werden. Einschränkung: Zahl der Vortherapien blieben unberücksichtigt, ebenso die Prognosefaktoren SF3B1, BIRC3 und NOTCH1.

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