CML: Ist Imatinib als Erstlinientherapie noch zu empfehlen?

Imatinib hat seinerzeit die Therapie der chronisch myeloischen Leukämie (CML) revolutioniert. Inzwischen ist das Präparat generisch, Zweit- und Drittgenerationspräparate sind am Markt. Damit stellt sich die Frage: Womit beginnen? Zweitgenerations-Tyrosinkinase-Inhibitoren gehen mit einem rascheren Erreichen einer tiefen molekularen Remission (DMR) einher als das Erstgenerationspräparat. Ob das rechtfertigt, in der Erstlinie nicht das inzwischen als Generikum günstig erhältliche Imatinib, sondern die teureren Zweitgenerations-TKI zu nehmen, ist aber keineswegs klar. Auch mit Imatinib ließ sich in der EURO-SKI-Studie bei der Hälfte der Patienten eine anhaltende DMR als Basis für einen Absetzversuch und eine therapiefreie Remission (TFR) erreichen, erläuterte Prof. Dr. Susanne Saußele, Mannheim [1]. Die Geschwindigkeit, in der ein so tiefen Ansprechens erreicht wird, ist allerdings prognostisch nicht nur relevant für die Wahrscheinlichkeit des Erreichens einer MR4,5 (Verhältnis der BCR-ABL-Transkripte zu ABL-Transkripten von ≤ 0,0032%), sondern auch das Gesamtüberleben [2]. „Das gilt aber für alle TKI“, betonte Prof. Saußele. Das Gesamtüberleben ist unter Imatinib (400 mg), Imatinib (800 mg), Nilotinib und Dasatinib nach retrospektiven Daten nicht unterschiedlich. Mit Imatinib beginnen und im Zweifel wechseln? In der TIDEL-II-Studie wurde ein stufenweises Vorgehen nach der Tiefe des Ansprechens zu bestimmten Zeitpunkte vorgeschlagen [3]. Wurden unter Imatinib (400 mg) definierte Meilensteine des Ansprechens zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erreicht, erfolgte eine Eskalation der Dosis auf 800 mg pro Tag und im zweiten Schritt ein Umstellen der Therapie auf Nilotinib. Die höhere Imatinib-Dosis wurde allerdings häufig nicht gut toleriert und einige Patienten wurden auch wegen Intoleranz auf Nilotinib umgestellt. Insgesamt erreichten mit dieser Strategie aber 59% der Patienten nach 60 Monaten eine MR4,5 – laut Prof. Saußele ein durchaus mit Absetzstudien mit den Zweitgenerations-TKIs vergleichbares Ergebnis. Nebenwirkungsprofil berücksichtigen Ein anderer Aspekt, der in bestimmten Fällen für eine Erstlinientherapie mit Imatinib sprechen mag, ist die unterschiedliche Verträglichkeit der TKIs. Schwere Nebenwirkungen in Form von Gefäßverschlüssen traten in Studien mit Nilotinib und Ponatinib auf, bislang aber nicht mit Imatinib. „Imatinib ist eine gute Alternative, wenn Kontraindikationen zu anderen TKI bestehen“, meinte Prof. Saußele. Sie selbst präferiert aber den Einsatz der rascher wirksamen Zweitgenerationspräparate. Therapieziele berücksichtigen Prof. Dr. Stefan Krause, Erlangen, schlägt eine nach Therapiezielen stratifizierte Therapieentscheidung vor: „Hat man das Therapieziel TFR, sprechen die Studiendaten eher für Nilotinib und Dasatinib. Das gilt insbesondere für jüngere Patienten, die ein therapiefreies Leben vor sich haben.“ Bei älteren Patienten mit Komorbiditäten findet er es dagegen angemessen, die Therapie mit Imatinib zu beginnen und primär eine stabil kontrollierte Erkrankung anzustreben, nicht die TFR. Täglich neben der bisherigen Medikation eine Tablette mehr zu schlucken, mache da keinen großen Unterschied. basierend auf: Pro-Contra-Debatte „CML: Ist Imatinib als Erstlinientherapie noch zu empfehlen?“ Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie, 29.9.-3.10.2017, Stuttgart.

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