Leicht eingeschränkte Nierenfunktion bei Jüngeren nicht unterschätzen

Die chronische Niereninsuffizienz gilt als stumme Gefahr für die Herzgesundheit. Bei jungen Erwachsenen scheint aber gemäß einiger epidemiologischer Studien bereits eine leichte Einschränkung der Nierenfunktion mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert zu sein. Forschende aus Kanada bestätigten dies nun in einer groß angelegten Kohortenstudie. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Ontario haben Daten von mehr als 8,7 Millionen Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren analysiert und versucht, der Bedeutung der Nierenfunktion für die Herzgesundheit speziell bei jungen Erwachsenen auf den Grund zu gehen. Dazu unterteilten sie die Teilnehmenden in vier Altersgruppen (18- bis 39-Jährige, 40- bis 49-Jährige, 50- bis 65-Jährige) und die Nierenfunktion anhand der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) in acht Kategorien (≥ 120, 110−119, 100−109, 90−99, 80−89, 70−79, 60−69 und 50−59 ml/min/1,73 m2). Mittels Cox-Regressionsmodell berechneten sie, ob und wie sich das Risiko für ein schweres kardiales Ereignis (MACE) bzw. MACE plus Herzinsuffizienz (MACE+) in Abhängigkeit von Alter und Nierenfunktion verändert. Als MACE war die kardiovaskuläre Mortalität, ein akutes Koronarsyndrom sowie ein ischämischer Schlaganfall definiert. Subklinische eGFR-Einschränkungen ernstnehmen Wie zu erwarten war die eGFR bei den Jüngsten mit einem Durchschnittswert von 113,6 ml/min/1,73 m2 am höchsten. In der Gruppe mittleren Alters betrug die durchschnittliche eGFR 101,8 ml/min/1,73 m2, bei den Ältesten nur noch 93,1 ml/min/1,73 m2. Der Anteil der Patientinnen und Patienten, deren eGFR unterhalb der altersspezifischen Referenzwerte lag, war mit rund 17%, 19% und 17% in den drei Altersgruppen in etwa vergleichbar. Mit Abnahme der eGFR erhöhte sich in jeder Altersgruppe stufenweise das relative MACE- bzw- MACE+-Risiko. Bei den Jüngsten setzte dieser Anstieg aber bereits früher ein als bei den Älteren, d. h. ab einer eGFR < 80 ml/min/1,73 m2. Zudem stieg das Risiko im Vergleich stärker, auch wenn die absolute Inzidenzrate geringer ausfiel. Hohes Risiko bei den Jüngsten Ein Beispiel: Bei einer eGFR zwischen 70 und 79 ml/min/1,73 m2 betrug die Inzidenzrate in der jüngsten Gruppe 2,37 Ereignisse pro 1.000 Personenjahre, in der mittleren Gruppe 6,26 Ereignisse pro 1.000 Personenjahre, bei den Ältesten 14,9 Ereignisse pro 1.000 Personenjahre. Das Risiko für ein solches Ereignis lag damit bei den Jüngsten mit leichter Nierenfunktionseinschränkung um 31% höher als bei den nierengesunden Gleichaltrigen. Im mittleren bzw. höheren Alter schlug sich die gering eingeschränkte Nierenfunktion hingegen nur in einem um 9% bzw. 7% höheren relativen MACE-Risiko nieder. Ähnlich verhielt es sich im Hinblick auf den zusammengesetzten Endpunkt MACE+, mit einer relativen Risikoerhöhung um 41%, 11% sowie 8%. Neuer Ansatz für die Prävention? Schon ein leichter Abfall der altersspezifischen eGFR ist mit einem erhöhten Herz-Kreislaufrisiko verbunden, vor allem bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 39 Jahren, wie die Forschenden betonen. In dieser Altersgruppe müssten bereits Werte unter 100 ml/min/1,73 m2 zur Vorsicht mahnen. Auch die Berücksichtigung wichtiger Kofaktoren, wie z. B. kardiovaskuläre Vorerkrankungen oder Albuminurie hätten an diesen altersabhängigen Unterschieden nichts geändert. Aus Sicht der Forscherinnen und Forscher ist die Nierenfunktion ein geeigneter Parameter, um bereits in jungen Jahren das kardiovaskuläre Risiko zu beurteilen. Damit böte sich die Chance zur frühzeitigen Prävention und zur Verbesserung des klinischen Outcomes. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Folgen hat bei jungen Erwachsenen eine subklinisch eingeschränkte Nierenfunktion auf das Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) bzw. MACE plus Herzinsuffizienz (MACE+)? Antwort: Ab einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) von < 80 ml/min/1,73m2 war ein stufenweiser Anstieg des relativen Risikos für MACE bzw. MACE+ zu beobachten, vor allem bei den 18- bis 39-Jährigen. In dieser Altersgruppe erhöhte sich bei leicht reduzierter eGFR (70−80 ml/min/1,73m2) das MACE+-Risiko um 42%. Bedeutung: Anhand der altersbezogenen eGFR lassen sich womöglich junge Erwachsene mit einem erhöhten Herz-Kreislaufrisiko frühzeitig identifizieren. Einschränkung: Die Endpunkte wurden auf Basis des ICD-10-Diagnoseschlüssels festgelegt. Missklassifikationen sind somit nicht ausgeschlossen. Retrospektives Studiendesign.

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