RAS-Hemmer bei schwerer Niereninsuffizienz: weder Schaden noch Nutzen

Ob eine Behandlung mit Renin-Angiotension-Inhibitoren bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz abgesetzt oder weitergeführt wird, ist für die langfristige Entwicklung der Nierenfunktion offenbar ohne Relevanz. Das hat die randomisierte Studie STOP ACEi ergeben. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Progression einer leichten bis mittelgradigen Niereninsuffizienz kann durch ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blocker nachweislich verlangsamt werden. Umstritten ist jedoch, wie sich die Hemmung des Renin-Angiotensin-Systems (RAS) bei einer fortgeschrittenen chronischen Nierenerkrankung auswirkt: Zwei nachträgliche Subgruppenanalysen von randomisierten Studien deuten auf eine Schutzwirkung einer fortgeführten Behandlung. Eine kleine Beobachtungsstudie und eine Registerauswertung sprechen dagegen für ein reduziertes Progressionsrisiko bei Absetzen der RAS-Inhibitoren. Aus diesem Grund haben das National Institute for Health Research und das Medical Research Council in Großbritannien eine industrieunabhängige Studie finanziert, in der die beiden Strategien erstmals unter randomisierten Bedingungen verglichen wurden. Die Ergebnisse der STOP-ACEi-Studie sind jetzt im New England Journal of Medicine nachzulesen und sie belegen die Gleichwertigkeit der Vorgehensweisen: Der Verlust an geschätzter glomerulärer Filtrationsrate (eGFR) schreitet mit und ohne RAS-Inhibition gleich schnell voran. Kein Unterschied beim eGFR-Verlust An der nicht verblindeten Studie beteiligten sich 411 Patienten und Patientinnen mit einer chronischen Nierenerkrankung im Stadium 4 (69%) oder 5; im Median lag die eGFR bei 18 ml/min/1,73 m2. Alle waren bislang mit einem RAS-Hemmer behandelt worden, die Therapie wurde nach dem Zufallsprinzip abgesetzt (n = 206) oder beibehalten (n = 205). Primärer Studienendpunkt war die eGFR nach drei Jahren: Sie betrug noch 12,6 ml/min/1,73 m2 nach beendeter und 13,3 ml/min/1,73 m2 bei fortgeführter Therapie; der numerische Vorteil für die Therapiefortsetzung war statistisch bedeutungslos. Auch unter den vorab definierten Subgruppen – mit oder ohne Diabetes, im Alter unter oder über 65, im Stadium 4 oder 5 – waren die beiden Strategien durchgängig gleichwertig. Eine terminale Niereninsuffizienz oder eine Nierenersatztherapie hatten nach drei Jahren 62% bzw. 56% der Patienten und Patientinnen mit bzw. ohne RAS-Hemmer, ein ebenfalls bedeutungsloser Unterschied. Vergleichbare Raten ergaben sich auch bezüglich Hospitalisierungen, kardiovaskulärer Ereignisse und Todesfällen. Der Blutdruck war in den ersten 15 Monaten systolisch und diastolisch in der Abbrechergruppe höher als in der Fortführungsgruppe; danach wurde die Differenz jedoch durch Hinzunahme anderer Antihypertensiva ausgeglichen. Leistungsfähigkeit und Lebensqualität fielen identisch aus; schwerwiegende Nebenwirkungen traten ebenfalls vergleichbar häufig auf. "Wahl des Blutdrucksenkers wahrscheinlich egal" Die Forschungsgruppe um Sunil Bhandari von der Hull York Medical School schließt daraus, dass vom Abbruch einer RAS-Hemmer-Therapie keine positiven Auswirkungen zu erwarten sind: „Die Hypothese, wonach das Absetzen von RAS-Inhibitoren bei fortgeschrittenem Nierenversagen die Funktion der Niere, die Lebensqualität oder die Leistungsfähigkeit verbessert, wird durch unsere Ergebnisse nicht gestützt.“ Umgekehrt bezweifeln die Forscherinnen und Forscher aber auch den Nutzen einer fortgesetzten Therapie: „Unsere Befunde sind vereinbar mit der Möglichkeit, dass RAS-Inhibitoren bei fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung nicht so hilfreich sind wie bei leichter bis mittelgradiger Erkrankung.“ Dementsprechend sei es wahrscheinlich nicht von Bedeutung, welche Antihypertensiva bei schwer Niereninsuffizienten zur Blutdruckkontrolle verwendet würden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie wirkt sich das Absetzen bzw. Fortführen einer RAS-Inhibitoren-Therapie bei fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung (eGFR < 30 ml/min/1,73 m2) auf die Entwicklung der Nierenfunktion aus? Antwort: In Bezug auf den eGFR-Verlust innerhalb von drei Jahren ist es unerheblich, ob RAS-Hemmer weiter eingenommen werden oder nicht. Einschränkung: Studie ohne Verblindung.

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