Dapagliflozin – Nephro- und Kardioprotektion bei chronischer Niereninsuffizienz

Dapagliflozin, ein SGLT-2 (Natrium-Glucose-Cotransporter-2)-Inhibitor von AstraZeneca, ist der erste zugelassene Wirkstoff dieser Substanzklasse bei chronischer Niereninsuffizienz. Er verlangsamt die Progression der Erkrankung, verringert kardiovaskuläre und renale Komplikationen und reduziert damit die Gesamtmortalität. >>Mehr zum Galenus-von-Pergamon-Preis Die chronische Niereninsuffizienz (CKD) ist eine progrediente, chronische Erkrankung der Nieren, die in Deutschland nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie mehr als neun Millionen Menschen betrifft. Das Problem bei CKD ist nicht nur der zunehmende Verlust an Nierenfunktion bis hin zu Dialysepflichtigkeit. Die CKD geht auch mit kardiovaskulären Folgeerkrankungen einher, die die Morbidität und Mortalität maßgeblich mitbestimmen. Dapagliflozin bewirkt nicht nur eine vermehrte Glukoseausscheidung über den Urin, sondern triggert auch weitere renale Wirkmechanismen, was insgesamt zu einer Entlastung und somit zum Schutz der Nieren führt. AstraZeneca × Eine Kernherausforderung bei der CKD ist, die anfangs oft symptomlose Erkrankung früh genug zu erkennen, um präventive Maßnahmen ergreifen zu können. Bisher standen dafür in erster Linie Hemmstoffe des Renin-Angiotensin-Systems zur Verfügung, die einen progressionsverzögernden Effekt aufweisen. Mit dem SGLT-2-Inhibitor Dapagliflozin (Forxiga®) von AstraZeneca wurde im Sommer 2021 zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder ein neues Medikament bei CKD zugelassen, das sowohl kardiovaskulär als auch renal präventive Wirkungen hat und das die Sekundärprävention bei CKD-Patientinnen und -Patienten auf neue Füße stellt. Zulassung in drei Indikationen Dapagliflozin wurde im Jahr 2012 primär für die antidiabetische Behandlung beim Typ-2-Diabetes mellitus zugelassen. In diesem Kontext fand die kardiovaskuläre Sicherheitsstudie DECLARE-TIMI 58 statt, die den kardialen und renalen Nutzen von Dapagliflozin bei Typ-2-Diabetes versus Placebo evaluierte. Dabei zeigte sich nicht nur eine deutliche Verringerung des ko-primären Endpunkts aus Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod, sondern auch eine deutliche Verringerung des kombinierten renalen Endpunkts. Die Studie DECLARE-TIMI 58 führte zum einen zur DAPA-HF-Studie, die die Grundlage für die Zulassung von Dapagliflozin bei Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion (HFrEF) bildete, und zum anderen zur DAPA-CKD-Studie. DAPA-CKD-Studie vorzeitig beendet DAPA-CKD, eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie, untersuchte bei 4304 Erwachsenen mit CKD (glomeruläre Filtrationsrate [eGFR] ≥ 25 – ≤ 75 ml/min/1,73 m2 und Urin-Albumin-Creatinin-Ratio [UACR] ≥ 200 – ≤ 5000 mg/g), ob mit Dapagliflozin bei CKD unabhängig vom Vorliegen eines Typ-2-Diabetes oder einer HFrEF eine Nephroprotektion erreicht werden kann. Primärer Endpunkt war die Zeit entweder bis zur anhaltenden Abnahme der eGFR um mindestens 50 Prozent oder einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz oder bis zu einem kardiovaskulären oder renalen Todesereignis. Die Gesamtmortalität wurde als sekundärer Endpunkt ermittelt. Die DAPA-CKD-Studie wurde vom Data Safety and Monitoring Board nach einer medianen Behandlungsdauer von 2,4 Jahren vorzeitig beendet. Bis dahin erreichten 9,2 Prozent der Behandelten in der Dapagliflozin-Gruppe, aber 14,5 Prozent in der Placebogruppe den primären Endpunkt. Dies entspricht einer Risikoreduktion um 39 Prozent (p < 0,001) und einer number needed to treat (NNT) von 19. Im sekundären Endpunkt wurde eine ebenfalls signifikante Reduktion der Gesamtmortalität um 31 Prozent (p = 0,004) erzielt. 4,7 Prozent der Patientinnen und Patienten im Dapagliflozin-Arm versus 6,8 Prozent im Placebo-Arm starben, was einer NNT für die Vermeidung eines Todesfalls innerhalb von 2,4 Jahren von knapp 50 entspricht. Breites Patientenkollektiv Es gehört zu den besonderen Stärken der DAPA-CKD-Studie, dass es sich nicht um ein hochselektioniertes, sondern um ein sehr breites CKD-Patientenkollektiv handelte, was der realen Versorgungssituation nahekommt. Dies erlaubte eine ganze Reihe meist präspezifizierter Subgruppenanalysen. Dabei konnte gezeigt werden, dass der Dapagliflozin-Effekt unabhängig ist von Alter, Geschlecht, eGFR und UACR zu Studienbeginn, außerdem unabhängig vom systolischen Blutdruck und vom Vorliegen eines Typ-2-Diabetes. Konkret betrug die Risikoreduktion bei einer Ausgangs-eGFR 1000 mg/g betrug sie 38 Prozent, bei einer UACR ≤ 1000 mg/g waren es 46 Prozent. Entsprechend war die Effektivität von Dapagliflozin weitgehend unabhängig vom CKD-Stadium: Patientinnen und Patienten im CKD-Stadium 2/3 profitierten deutlich von der Therapie, im CKD-Stadium 4 gab es einen klaren Trend zugunsten des SGLT-2-Hemmers. Was die Genese der CKD angeht, galt der nephroprotektive Effekt für eine Vielzahl von CKDEntitäten, nicht nur für die diabetische Nephropathie. Besonders erfreulich war die deutliche Risikoreduktion bei Patientinnen und Patienten mit IgA-Nephropathie um 71 Prozent bzw. 76 Prozent in Bezug auf den primären Endpunkt bzw. kombinierten, renalen Endpunkt. (gvg) Dapagliflozin schützt die Niere auf mehreren Wegen Dapagliflozin ist ein selektiver, reversibler Inhibitor der SGLT-2 (Natrium-Glucose-Cotransporter-2). Die progressionshemmende Wirkung der Substanz bei der chronischen Niereninsuffizienz (CKD) beruht wahrscheinlich auf der Kombination unterschiedlicher Mechanismen. Hauptwirkung ist die Hemmung der SGLT-2. Diese werden vor allem im S1-Segment des proximalen Nierentubulus exprimiert und sind dort für die Reabsorption von Glukose und Natrium aus dem glomerulären Filtrat zuständig. Die Hemmung von SGLT-2 bewirkt eine vermehrte Glukoseausscheidung über den Urin und reduziert die Natrium-Reabsorption. Die daraus folgende Senkung von Blutzucker, HbA1c-Wert, Blutdruck und glomerulärer Hyperfiltration entlastet die Niere. Zusätzlich reduziert Dapagliflozin den renalen Sauerstoffverbrauch und verbessert die renale Energieversorgung. Nachgewiesen werden konnte auch eine Verringerung des intraglomerulären Drucks, der als wichtiger pathogenetischer Faktor bei der CKD-Progression gilt. In Krankheitsmodellen gezeigt wurden antiinflammatorische und antifibrotische Wirkungen auf Zellen sowohl in den Glomeruli als auch in den Nierentubuli. Kompetenz auf vielen Gebieten Branche: Der schwedisch-britische Pharmakonzern AstraZeneca ist breit aufgestellt. Das Produktportfolio bedient die Therapiebereiche Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Atemwegskrankheiten und Krebs, Entzündungen und Autoimmun- sowie ZNSErkrankungen. Außerdem werden Impfstoffe vermarktet (u. a. die COVID-Vakzine Vaxzevria®). Mit der milliardenschweren Übernahme des in Boston ansässigen Unternehmens Alexion hat AstraZeneca außerdem seit kurzem auch ein Orphan-Drug-Geschäft. Die deutsche Landesgesellschaft sitzt in Hamburg. Hier sind rund 900 Mitarbeiter tätig. Umsatz und Gewinn: Die letzten Jahre waren für AstraZeneca durch eine umfassende Portfolioerneuerung geprägt. Inzwischen entfallen wieder deutlich mehr als die Hälfte der jährlichen Einnahmen auf patentgeschützte Innovationen. Im Geschäftsjahr 2021 wurden 37,4 Milliarden Dollar umgesetzt, davon allein knapp vier Milliarden mit dem Coronaimpfstoff. Der Betriebsgewinn fiel mit 1,1 Milliarden Dollar untypisch niedrig aus, was vor allem den Abschreibungen und Restrukturierungskosten im Kontext der Alexion-Akquise zuzuschreiben war. F&E-Ausgaben: Mit 9,7 Milliarden Dollar lagen die Aufwendungen für Produktentwicklungen im jüngsten Berichtsjahr um 2,8 Milliarden Dollar über Vorjahr – ein neuer Rekordwert. Pipeline: Nach eigenen Angaben unterhält der Konzern weltweit 14 Forschungszentren. In der klinischen Entwicklung befinden sich aktuell 183 Projekte, darunter 16 neue Wirkstoffe in fortgeschritteneren Studienphasen. Der mit Abstand größte F&E-Bereich (nach Projekt-Anzahl in Phase III) ist derzeit die Onkologie, in der 17 laufende Studien ausgewiesen werden. Darunter etwa der neuartige orale Kinasehemmer Capivasertib oder das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Datopotamab Deruxtecan. (cw) Quelle: ÄrzteZeitung

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