Diskussion
Die Gruppe der JAK-Inhibitoren umfasst eine Gruppe von Medikamenten, die für unterschiedliche Indikationen zugelassen sind oder sich im Rahmen klinischer Studien in Erprobung befinden. Man unterscheidet 4 Subtypen von Januskinasen: JAK1, JAK2, JAK3 und Tyk2 (Tyrosinkinase 2; [
1]). JAK-Inhibitoren blockieren den intrazellulären JAK-STAT(„signal transducer and activator of transcription“)-Signalweg und weisen durch die Transkription von Zielgenen eine entzündungshemmende, immunmodulierende oder immunsupprimierende Wirkung auf. Aktuell sind für unterschiedliche Indikationen Tofacitinib, Baricitinib, Upadacitinib und Ruxolitinib zugelassen. Tofacitinib ist in Kombination mit Methotrexat für die Psoriasisarthritis und die rheumatoide Arthritis zugelassen und als Monotherapie für die Colitis ulcerosa. Bekannte Nebenwirkungen umfassen neben Infektionen Blutbildveränderungen mit Anämie, Lymphozytopenien und Neutropenien, Hyperlipidämien, Leberwerterhöhungen und Virusreaktivierungen [
2]. Als Nebenwirkungen an der Haut sind bakterielle Infektionen gut bekannt. Auch Exantheme im Sinne allergischer Reaktionen von Sofort- und Spättyp treten auf [
2].
Bei unserer Patientin lag bei Nachweis steriler Pusteln keine eitrige Follikulitis vor. Auch eine Verschlechterung einer vorbestehenden Rosacea papulopustulosa konnte wir aufgrund der zuvor unauffälligen Anamnese, des plötzlichen Auftretens der Hautveränderungen wenige Wochen nach Beginn der Tofacitinibtherapie sowie der Abheilung nach Therapieumstellung weitestgehend ausschließen. Eine sterile papulopustulöse Dermatitis, wie sie bei unserer Patientin auftrat, ist unter Tofacitinib bislang nicht beschrieben. Allerdings kam es in einer rezent publizierten Phase-II-Studie zu einem oralen Tyk2-Inhibitor in 9 % der Fälle zu akneähnlicher Dermatitis [
3]. Im Gegensatz zu infektiösen Hautnebenwirkungen, die sich durch die immunsupprimierende Wirkung der JAK-Inhibitoren erklären lassen, ist die Ursache steriler, akne-/rosazeaähnlicher Hautnebenwirkungen bislang ungeklärt.
Obwohl es derzeit kontrovers diskutiert wird, könnte eine Zunahme der Seborrhö und eine Veränderung des Hormonprofils während der Behandlung mit JAK-Inhibitoren mit Auftreten von akneiformen Hautnebenwirkungen verbunden sein. Paradoxerweise wird sogar postuliert, dass bei Rosazea eine Inhibierung des JAK2-STAT3-Signalwegs und bei Akne die Hemmung von JAK1- und JAK3-Aktivität potenzielle Therapieansatzpunkte sein könnten [
4].
Sterile akneiforme Hautnebenwirkungen sind bei zahlreichen, unterschiedlichen Medikamenten bekannt. So kommt es bei etwa 44 % der mit Rituximab behandelten Patienten zu kutanen Nebenwirkungen mit Erythemen, Urtikaria und akneiformen Exanthemen [
5]. Unter den EGFR(„epidermal growth factor receptor“)-Inhibitoren kommt es bei bis zu 18 % der Patienten zu papulopustulösen Exanthemen. Diese treten, ähnlich wie bei unserer Patientin, oft schon in den ersten Wochen der Behandlung auf. Typischerweise sind papulopustulöse Exantheme unter EGFR-Inhibitoren transient, auf die Dauer der Behandlung beschränkt und heilen nach Absetzen der Therapie meist folgenlos ab. Auch hier sind schwere Verläufe mit hoher Einschränkung der Lebensqualität, die eine spezifische Therapie oder ein Absetzten der Therapie erforderlich machen, beschrieben [
6]. Auch unter der Einnahme von MEK(„mitogen-activated protein kinase kinase“)-Inhibitoren treten sehr häufig papulopustulöse Exantheme auf. So kommt es bei 77 % der mit Trametinib behandelten Patienten zu einer zu einer akneiformen Dermatitis [
7].
Empfehlungen zur Behandlung dieser kutanen Nebenwirkungen können sich aufgrund der fehlenden Evidenzlage aktuell nur auf die klinischen Ähnlichkeiten mit Akne vulgaris und Rosazea stützen. Neben topischen Vitamin-A-Säure- und tetrazyklinhaltigen Präparaten finden intern auch kurzfristig Kortikosteroide sowie orale Tetrazykline Anwendung [
6]. Von einer internen Retinoidtherapie wurde bei unserer Patientin abgesehen, da diese bei Colitis ulcerosa kontraindiziert ist. Im Falle unserer Patientin war aufgrund der Schwere und Hartnäckigkeit des Befundes eine Therapiefortführung nicht zu rechtfertigen, sodass nach Ausschöpfung therapeutischer Maßnahmen die Umstellung auf Ustekinumab erfolgte.
Aktuell stehen für sämtliche Zulassungsbereiche von Tofacitinib, wie rheumatoide Arthritis, Psoriasisarthritis und Colitis ulcerosa, weitere Substanzklassen zur Verfügung, sodass ein Therapiewechsel bei intolerablen kutanen Nebenwirkungen oftmals möglich sein sollte.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
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