Synkopen: Wird zu oft schon in der Notaufnahme ein Schädel-CT gemacht?

Den Ergebnissen einer Metaanalyse zufolge wird ein Schädel-CT zu oft zur Abklärung bei Synkopen angefertigt. Nur bei 1% bis 4% werden intrakranielle Ursachen für die plötzliche Ohnmacht identifiziert. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Aus Anlass der Entscheidung der „Choosing Wisely“-Kampagnen in Kanada und den USA untersuchten kanadische Wissenschaftler um Dr. J. Alexander Viau vom Hospital Research Institute in Ottawa in einer Metaanalyse, wie oft eigentlich ein Schädel-CT bei Erwachsenen mit Synkopen gemacht wird. Zudem prüften sie, wie häufig intrakranielle Ursachen des plötzlichen vorübergehenden Bewusstseinsverlusts wie akute Blutung, Tumor und ischämischer Infarkt damit identifiziert werden. Medline und Embase als Studienfundus Aus großen Datenbanken wie Medline und Embase wählten die Wissenschaftler 17 Studien aus, die bis 2017 dazu publiziert worden waren, und von denen 15 ein retrospektives Design hatten. Die ältesten Studien stammten aus dem Jahr 1982, die jüngste von 2014. Grundlage für die Auswertung waren die Befunde von mehr als 3300 Erwachsenen mit Synkopen. Als diagnostisches Ergebnis definierten die Wissenschaftler den Nachweis von akuten Blutungen, Tumoren oder Infarkten per Schädel-CT. Nach Angaben der Wissenschaftler wurde in acht Studien, in denen die Patienten in der Notaufnahme untersucht worden waren, bei 54,4% der Patienten ein Schädel-CT zur Abklärung gemacht. In sechs Studien mit Untersuchungen im Krankenhaus nach stationärer Aufnahme lag der Anteil der Patienten mit CT-Bildgebung des Kopfes bei 44,8%. Bei 3,8% der Patienten in der Notaufnahme wurde die mutmaßliche Ursache per CT nachgewiesen. Bei stationär aufgenommenen Patienten war das bei 1,2% der Fall. Risikofaktoren wurden den Forschern zufolge in fünf der 17 Studien identifiziert, darunter Alter über 65 mit Symptomen neurologischer Erkrankungen wie Kopfschmerz sowie Trauma über dem Schlüsselbein, Krampfanfall/Schlaganfall in der Anamnese und diastolischer Blutdruck über 80 mmHg. Zurückhaltung bei CT-Anwendung empfohlen Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass das Ergebnis der Metaanalyse im Einklang mit den Entscheidungen der Choosing Wisely Campaign in Kanada und den USA stehe und bei Niedrigrisikopatienten mit Synkopen Zurückhaltung bei der Anwendung des Schädel-CTs zu üben sei. Die unüberlegte Anwendung einer solchen Untersuchung sei nicht nur kostspielig, sondern setze Patienten auch einer erhöhten Strahlendosis aus, so Viau und seine Kollegen. Prospektive Studien seien erforderlich, um jene Patienten mit Synkopen erkennen zu können, die ein erhöhtes Risiko für intrakranielle Auslöser von Bewusstseins- und Tonusverlusten haben. Zudem plädieren sie dafür, in künftigen Studien eine Vortestwahrscheinlichkeit auf Basis zu ermitteln, die für die Kommunikation mit Patienten genutzt werden könne, zusätzlich zu Informationen über die Tatsache, dass es keine eindeutigen Hinweise auf einen optimalen diagnostischen Ansatz gibt. Nutzen und Risiken des Schädel-CTs müssten mit den Patienten erörtert werden. Eine hohe Vortestwahrscheinlichkeit liegt zum Beispiel bei organischer Herzerkrankung, vor allem KHK, sowie bei tachykarder Rhythmusstörung. Der aktuellen Leitlinie der europäischen Gesellschaft für Kardiologie „ESC Guidelines for the diagnosis and management of syncope“ von 2018 zufolge wird eine routinemäßige Durchführung ohne spezifische Verdachtsmomente von Thoraxröntgenaufnahme, Schädel-CT oder Laboruntersuchungen inklusive Myokardmarker oder D-Dimer nicht empfohlen, wie es im „Manual zur Diagnostik und Therapie von Synkopen“ heißt (Kardiologe 2019; online 6. Mai. DOI: https://doi.org/10.1007/s12181-019-0319-0). Außerdem seien den Empfehlungen zufolge zur Differenzierung zwischen Synkope und Epilepsie „Schädel-CT oder -MRT nicht indiziert (III B), außer bei klaren neurologischen Auffälligkeiten wie bei Parkinson-Symptomen, Ataxie oder kognitiven Störungen (I C)“. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie oft wird in Kliniken bei Erwachsenen mit Synkopen eine Computertomografie des Kopfes vorgenommen? Antwort: In der Metaanalyse der Daten von 17 Studien wurde bei mehr als jedem Zweiten ein Schädel-CT gemacht, wodurch bei 1% bis 4% intrakranielle Ursachen entdeckt wurden. Bedeutung: Ein Schädel-CT sollten bei Niedrigrisikopatienten mit Synkopen restriktiv gehandhabt werden. Einschränkung: Die meisten Studien hatten ein retrospektives Design, einige mit nur wenigen Patienten. Nur Erwachsene nahmen an den Untersuchungen teil.

Springer Medizin

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