Bei der COPD funktioniert die pulmonale Immunabwehr nicht, wie sie sollte. Einen möglichen Grund haben schottische Forscher jetzt entdeckt: Das extrazelluläre Trapping der Neutrophilen (NET) läuft aus dem Ruder. Das könnte neue diagnostische und therapeutische Ansätze bieten.
Neutrophile Granulozyten gelten eigentlich als eine Art Hausmeister der Lunge, der das Organ vor Keimen schützt, erklärte Dr. James D. Chalmers, Universität Dundee. NET spielt dabei eine wichtige Rolle: Dabei schütten die Neutros Enzyme und Chromatin aus, aus denen ein extrazelluläres Netz entsteht, in dem sich Pathogene verfangen und dann abgetötet werden.
Paradox erscheint vor diesem Hintergrund, dass eine hohe Neutrophilen-Zahl im Sputum bei COPD-Patienten mit einem schlechteren Ansprechen auf die inhalative Therapie und einer schlechteren Prognose einhergeht. Chalmers‘ Team konnte jedoch zeigen, dass NET in diesem Fall überschießend ausgeprägt ist und letztlich die Fähigkeit der Neutrophilen zur Bakterienabwehr schwächt. Sowohl inhalative Kortikosteroide als auch Stoffwechselprodukte von Bakterien sind in der Lage, dieses Verhalten zu induzieren.
Die Forscher haben das induzierte Sputum von 141 COPD-Patienten in klinisch stabilen Phasen, während und nach Exazerbationen mithilfe eines speziell entwickelten Immunassays untersucht, der DNA-assoziierte NET/Protein-Komplexe nachweist. „Wir haben außerdem Proteom und Mikrobiologie des Sputums dokumentiert und so ein umfassendes Bild dessen gewonnen, was sich in der Lunge abspielt“, so Chalmers.
In der Studie korrelierte das NET mit dem Krankheitsschweregrad. COPD-Patienten mit exzessivem NET zeigten eine reduzierte Belastungstoleranz und Lebensqualität, eine schlechte Lungenfunktion und vermehrte Exazerbationen, sogar bei milder COPD. Außerdem waren sie anfälliger für bakterielle Infektionen, etwa mit Haemophilus influenzae.
„Überschießendes NET scheint ein Biomarker zu sein, der ein schlechtes Outcome vorhersagt“, meinte Chalmers. „Wir müssen aber noch klären, ob es die Progression der Erkrankung beschleunigt.“
Chalmers ist zuversichtlich, dass sich auf der Grundlage dieser Erkenntnisse Tests entwickeln lassen, die besonders gefährdete COPD-Patienten identifizieren und jene, die auf Standard-Inhalativa schlecht ansprechen. Ihnen hofft er mit Medikamente helfen zu können, welche die NET-Bildung gezielt inhibieren. Die müssen allerdings erst noch entwickelt werden.
27.06.2016 | COPD | Kongressbericht | Nachrichten