Plötzlich Full-Time-Homeoffice: Wie geht es den Menschen damit?

Zu wenig Bewegung, zu viele Mahlzeiten, schlechte Arbeitsplatzausstattung und permanente Störungen durch die Kinder – das ist der Alltag vieler Menschen, die sich nach Beginn der COVID-19-Pandemie plötzlich im Homeoffice wiederfanden. Eine US-amerikanische Studie hat jetzt eine Bestandsaufnahme der Umstände und ihrer Folgen für die Gesundheit der Betroffenen unternommen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Statistischen Erhebungen zufolge haben im zweiten Quartal 2020 rund 60% der Arbeitnehmer in Deutschland im Homeoffice gearbeitet, viele von ihnen ausschließlich. Wie sich die daraus resultierenden Veränderungen auf Körper und Psyche auswirken, wurde jetzt von Yijing Xiao von der University of Southern California in Los Angeles und Kollegen untersucht. Die Daten zu der Analyse erhoben sie mithilfe eines anonymen Fragebogens, den zwischen April und Juni 2020 insgesamt 988 Arbeitnehmer im Alter von durchschnittlich 41 Jahren vollständig beantworteten. Gefragt wurde u. a. nach der körperlichen Aktivität, der Ernährung, den Lebensumständen, der Kommunikation mit Kollegen, der Ablenkung während der Arbeit, den Arbeitsbedingungen zu Hause sowie dem körperlichen und seelischen Wohlbefinden der „Heimarbeiter“ (u. a. neuromuskuläre und kardiovaskuläre Beschwerden, Atemprobleme, Verdauungsstörungen, Augenbeschwerden, Müdigkeit, Kopfschmerz und Migräne, Beschwerden der Nase und des Rachens, Hautveränderungen, Angst und Nervosität, Depression, Traurigkeit, Schlafstörungen, Antriebsschwäche, Stresssymptomatik und Konzentrationsstörungen). Die Studienteilnehmer verglichen den Zustand im Homeoffice mit dem vor der Pandemie auf einer Skala von 1 bis 5 (1 = viel schlechter, 3 = wie zuvor, 5 = viel besser). Je besser die Umgebungsbedingungen, desto gesünder der Arbeitnehmer 84% der Befragten lebten mit einem weiteren Erwachsenen zusammen, 22% versorgten mindestens ein Kind und jeder Zweite hatte ein Haustier. Die meisten Studienteilnehmer verdienten jährlich zwischen 50.000 und 100.000 $. Insgesamt fühlten sich die Arbeitnehmer im Homeoffice sowohl körperlich als auch psychisch schlechter als in der Zeit davor. Die Score-Bewertungen lagen bei 2,84 bzw. 2,70. Die Befragten gaben an, sich weniger zu bewegen, seltener Sport zu treiben und mehr zu essen. Im Homeoffice hatten sich die Arbeitsanforderungen erhöht, die Ablenkung verstärkt, die Arbeitszeit verlängert und die Kontakte zu den Arbeitskollegen waren zurückgegangen. Nur jeder Dritte hatte zu Hause ein eigenes Arbeitszimmer zur Verfügung, jeder Zweite war in dem Raum, in dem er arbeitete, nicht allein. Mit den Umgebungsfaktoren wie Beleuchtung, Temperatur, Luftqualität etc. waren die Befragten im Allgemeinen zufrieden, allerdings gab nur etwa jeder Dritte an, über eine gute Ausstattung des Arbeitsplatzes zu verfügen, und nur 11% wussten, ob und wie dies ihre Gesundheit, ihr Wohlbefinden und ihre Produktivität beeinflusst. Rund 65% der Befragten berichteten über neue körperliche Beschwerden und 74% über psychische Probleme, die in der Zeit ihrer Arbeit am häuslichen Schreibtisch aufgetreten waren. Bei den meisten kam es sogar zu mehreren Gesundheitsproblemen, und die schlechtere körperliche Verfassung hatte offenbar wiederum Einfluss auf das seelische Wohlbefinden. Frauen besonders stark belastet Negative Auswirkungen auf die Gesundheit hatten der Analyse von Xiao zufolge offenbar der Mangel an Bewegung, die veränderte Ernährungsweise, die fehlende Kommunikation mit den Kollegen, die zusätzliche Betreuung von Kleinkindern während der Arbeitszeit und die zum Teil dadurch bedingte Ablenkung sowie die vermehrte Arbeitsbelastung und erforderliche Anpassung an die Arbeitszeiten anderer. Zudem wirkten sich offenbar auch die unzureichende Ausstattung des Heimarbeitsplatzes und die Schwierigkeiten beim Anpassen der Prozesse an die erforderlichen Bedingungen negativ aus. Besonders deutlich schlugen die gesundheitlichen Folgen bei den Frauen und den Arbeitnehmern mit geringerem Einkommen zu Buche. Arbeitnehmer mit höherem Einkommen dagegen, die körperlich aktiver waren, sich gesünder und nicht zu üppig ernährten, ausreichend Kontakt zu ihren Arbeitskollegen und größere Kinder im Haus hatten, berichteten durchweg über ein besseres Allgemeinbefinden. Darüber hinaus trugen gute Umgebungsbedingungen zu mehr Gesundheit bei, etwa wenn der Arbeitsplatz so ausgestattet war, dass die anstehenden Aufgaben reibungslos, in Ruhe und in ergonomischer Haltung erledigt werden konnten. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie ist das Wohlbefinden im Homeoffice während der COVID-19-Pandemie und welche Faktoren haben Einfluss auf eine möglichst positive Gestaltung der neuen Situation? Antwort: Gesundheitliche Probleme haben im Homeoffice zugenommen. Je schlechter die Arbeits- und Umgebungsbedingungen waren, desto häufiger entwickelten die Arbeitnehmer neue körperliche oder psychische Beschwerden. Bedeutung: Je besser die Bedingungen im Homeoffice sind, desto geringer sind die negativen Effekte auf das körperliche und seelische Wohlbefinden der Arbeitnehmer. Einschränkung: Die Daten wurden bereits in der frühen Phase der Pandemie und per Fragebogen erhoben.

Plötzlich Full-Time-Homeoffice: Wie geht es den Menschen damit?

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Corona-Update

Springer Medizin

Plötzlich Full-Time-Homeoffice: Wie geht es den Menschen damit?

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Weiterführende Themen

Corona-Update