Corona-Mutationen verschärfen die Pandemie

Die neuen SARS-CoV-2-Subtypen in England und Südafrika sind offenbar besonders kontagiös. Fachleute haben in einem Webinar erläutert, was wir über die Mutationen wissen – und was nicht. Mutierte Varianten von SARS-CoV-2 in England und in Südafrika sorgen momentan für großes Aufsehen. Die neuen Subtypen sind offenbar besonders ansteckend, sie verbreiten sich schnell und verdrängen die bisher zirkulierenden Erreger. Im Südosten Englands hat das offenbar trotz harter Lockdown-Maßnahmen zu Rekordzahlen bei den Infektionen geführt. Die neuen Varianten verändern allerdings nicht das Krankheitsbild und begünstigen auch keine besonders schweren bis tödlichen COVID-19-Verläufe, wie am Freitag bei einem Webinar des Science Media Centers (SMC) berichtet worden ist. Allerdings werden Befürchtungen geäußert, dass Impfstoffe gegen diese neue Subtypen weniger wirksam sein könnten. Mutationen kommen allgemein bei Viren ständig vor. Bei den beiden neuen SARS-CoV-2-Varianten haben sich aber ungewöhnlich viele veränderte Gensequenzen angesammelt, wie Professor Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel bei der Veranstaltung berichtet hat. In England ist die Variante B.1.1.7 im Fokus, in Südafrika der offenbar unabhängig entstandene Subtyp B.1.315. Viele Fragen noch ungeklärt Nach Studiendaten lässt sich die afrikanische Variante offenbar weniger gut als herkömmliche Typen durch Antikörper aus Rekonvaleszenten-Plasma neutralisieren. Zur erhöhten Kontagiosität der Varianten sind aber viele wichtige Fragen ungeklärt, wie Professor Isabella Eckerle von der Universität Genf bei der Veranstaltung eingeräumt hat: Vermehren sie sich schneller? Werden sie länger oder vermehrt ausgeschieden? Reichen weniger Viren für eine Infektion? Ist die Immunantwort weniger ausgeprägt? Dass die Impfstoffe gegen die neuen Subtypen weniger wirksam sind, sei bisher nicht zu erwarten, so die Experten. Dafür sprechen auch vorläufige Daten von Pfizer/BioNTech, nach denen Comirnaty offenbar auch die britische Variante abdeckt. Angemerkt wird, dass mRNA-Impfstoffe bei Wirksamkeitsverlusten relativ einfach an neue Virus-Subtypen angepasst werden könnten. Was ist zu tun? Aktuell muss die Verbreitung der neuen Varianten so gut wie möglich eingedämmt werden, sagte Eckerle. Hierzu seien, wenn das auch schwerfällt, die gängigen Methoden wie Kontaktvermeidung, Abstandsregeln und Mund-Nasen-Schutz zu intensivieren. Auch Impfprogramme sollten jetzt so schnell wie möglich hochgefahren werden. Weckruf für verbesserte Surveillance Die neuen Erkenntnisse sind ein Weckruf, hat Dr. Andreas Bergthaler vom Forschungsinstitut für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (CeMM) bei der Veranstaltung betont. Auch in Zukunft seien neue SARS-CoV-2-Varianten mit veränderten Eigenschaften zu erwarten. Mutationen können dabei zum Beispiel begünstigt werden durch Menschen mit Immunsuppression, die über längere Zeit die Viren nicht loswerden. Auch Tierreservoire, wie die mittlerweile gekeulten Nerze in Dänemark, können eine Quelle neuer Virusvarianten sein. Ein Selektionsdruck der Viren durch Immunität etwa bei Durchseuchung der Bevölkerung oder durch Impfschutz gegen gängige Erreger sei bisher auszuschließen. Wichtig ist die Surveillance, so Bergthaler. Um mögliche gefährliche neue Subtypen frühzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können, wünschen sich die Experten eine verbesserte internationale Kooperation bei der Surveillance von SARS-CoV-2. Als Vorbild wird hier die weltweite Überwachung von Grippeviren genannt. Diese ist Grundlage für die jährliche Anpassung der Influenza-Vakzinen. Quelle: Ärzte Zeitung

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