Die Bauchlagerung ist eine gängige Maßnahme, um die Beatmungstherapie von Patienten im akuten Lungenversagen zu optimieren. Beobachtungen chinesischer Mediziner legen nahe, dass dies auch für Patienten mit COVID-19 gilt.
Über ihre Erfahrungen mit der Bauchlagerung von Beatmungspatienten, die unter einer SARS-CoV-2-Infektion ins Lungenversagen geraten sind, berichten die Intensivmediziner Professor Chun Pan und Dr. Haibo Qiu. Die beiden Ärzte waren am Jinyintan-Krankenhaus von Wuhan für die Versorgung von COVID-19-Patienten mit akutem Lungenversagen (ARDS) verantwortlich. Ihre Befunde stützen sich auf die Beobachtung von zwölf solcher Fälle (Am J Respir Crit Care Med 2020; online 23. März).
Zehn der zwölf Patienten zeigten zu Beginn der Beatmungstherapie ein schlechtes pulmonales Recruitment. Es gelang nicht, ausreichend viele Lungenareale dauerhaft für den Sauerstoffaustausch zu öffnen. Der Recruitment-Inflation-Quotient (R/I-Ratio) erreichte im Durchschnitt nur einen Wert von 0,2.
Dabei gibt die R/I-Ratio an, wie viel des durch den positiven endexspiratorischen Druck (PEEP) erzeugten Anstiegs des endexspiratorischen Volumens zwischen rekrutierten Lungenarealen und der „Babylunge“ verteilt wird („Babylunge“ bezeichnet das ohne PEEP beziehungsweise bei funktioneller Residualkapazität belüftete Lungengewebe, das bei den meisten ARDS-Patienten etwa der belüfteten Lunge eines fünf- bis sechsjährigen Kindes entspricht). Die Werte der R/I-Ratio liegen zwischen 0 und 2,0 – je höher, desto größer das Recruitmentpotenzial der Lunge.
Signifikante Besserung in Bauchlage
Wurden die Patienten vom Rücken auf den Bauch gelegt, besserte sich die Situation: 36 Prozent aller Messungen ergaben eine R/I-Ratio von mindestens 0,5 und damit eine signifikante Verbesserung. Auch der PaO2/FiO2-Quotient, also das Verhältnis von arteriellem Sauerstoffpartialdruck und inspiratorischer Sauerstoffkonzentration, stieg von durchschnittlich 120 mmHg in Rückenlage auf 182 mmHg in Bauchlage.
Der Wert ist damit immer noch deutlich zu niedrig; Lungengesunde weisen Quotienten von 350–450 mmHg auf. Die Differenz Rücken-Bauch war zwar nicht statistisch signifikant, Pan und Qiu halten sie aber für klinisch relevant.
Bekannt aus den Leitlinien
Die Erkenntnis, dass die Bauchlage die Beatmungsergebnisse von ARDS-Patienten verbessern kann, ist nicht neu. Beispielsweise empfiehlt die Leitlinie „Lagerungstherapie und Frühmobilisation zur Prophylaxe oder Therapie von pulmonalen Funktionsstörungen“ der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin mit höchstem Evidenz- und Empfehlungsgrad, ARDS-Patienten mit einem PaO2/FiO2-Quotienten unter 150 mmHg bäuchlings zu lagern.
Dabei soll ein Lagerungsintervall von 16 Stunden angestrebt werden. Die Befunde der chinesischen Intensivspezialisten bestätigen, dass die Maßgaben auch sinnvoll sein können, wenn das ARDS auf eine COVID-19-Erkrankung zurückgeht. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich. Denn manche Experten halten den Nutzen von Recruitmentmanövern für fraglich, wenn das Lungenversagen auf eine Pneumonie zurückgeht: Das Recruitmentpotenzial sei hier gering.
Quelle: Ärzte Zeitung