COVID-19 trotz normalem Röntgenbild?

Patienten, die mit Verdacht auf COVID-19 ins Krankenhaus kommen, haben möglicherweise unauffällige Röntgenbilder des Brustkorbs, obwohl sie mit SARS-CoV-2 infiziert sind. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Fast 60% der Thorax-Röntgenaufnahmen von Patienten mit COVID-19 sehen aus wie die von gesunden Menschen, legt eine US-amerikanische Studie nahe. „Wer ambulant den Brustkorb eines Patienten röntgen lässt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass das Bild eines COVID-19-Patienten möglicherweise keine Anomalien zeigt, und sollte ihn anhand seiner Symptome behandeln. Eine unauffällige Röntgenaufnahme kann COVID-19 nicht ausschließen“, so Erstautor Prof. Michael Weinstock von der Ohio-State-Universität in Columbus. Anfangs seien Patienten mit Verdacht auf COVID-19 oft mit Computertomografie (CT) untersucht worden, dies sei jedoch zu kostspielig und aufwendig für die Notfallversorgung gewesen. Dagegen seien Röntgenaufnahmen zwar weniger genau, aber in Kliniken weit verbreitet. Um herauszufinden, wie oft Röntgenbilder des Brustkorbs COVID-19-bedingte Anomalien aufweisen, baten Weinstock und Kollegen elf zertifizierte Radiologen, die Röntgenaufnahmen von Notfallzentren in New York und New Jersey erneut zu interpretieren. Die Radiologen begutachteten insgesamt Aufnahmen von 636 Patienten mit symptomatischem COVID-19. Sie kannten die Diagnose der Patienten und sollten jedes Bild als normal bzw. mild, mittelschwer oder schwer erkrankt klassifizieren. Großteil der Röntgenbilder erneut als normal eingestuft Die Patienten waren zwischen 18 und 90 Jahre alt, 57% waren männlich. Die Radiologen stuften 371 (58%) der 636 Röntgenaufnahmen als normal ein. Von den 265 (42%), die erneut als abnorm eingeordnet wurden, wurden 195 als leichte, 65 als mittelschwere und fünf als schwere Erkrankung klassifiziert. Demnach wurden 89% der Scans erneut als normal oder leicht pathologisch interpretiert. Die Ärzte, die die Röntgenbilder ursprünglich beurteilt hatten, hatten 74% als normal eingestuft. Bei der zweiten Begutachtung durch die Radiologen wurden 97 Bilder, die in der ersten Runde als normal angesehen wurden, als abnorm eingeordnet. Weinstock und Kollegen glauben nicht, dass das Vorwissen über die Diagnose die Einschätzung verändert hat. Es stärke die Studienergebnisse, da trotz dieser Information immer noch 58% der Röntgenbilder als normal oder nur leicht abnormal klassifiziert wurden. Interstitielle Veränderungen und Milchglastrübungen häufig Die häufigsten Befunde waren interstitielle Veränderungen (23,7%) und Milchglastrübungen (18,9%). Rund ein Drittel der Anomalien befand sich im Unterlappen, obwohl ein Viertel multifokal und etwa 21% bilateral waren. Ergüsse und Lymphadenopathien waren dagegen selten. Auch wenn Röntgenbilder COVID-19 nicht ausschließen können, helfen sie, andere Erkrankungen wie bakterielle Lungenentzündung, Pneumothorax oder Krebs auszuschließen, so die Forscher. Kombiniert mit genauem Beobachten der Patienten, seien sie durchaus hilfreich beim Bekämpfen einer Erkrankung, für deren Diagnose und Behandlung erst neue Wege gefunden werden müssen. Eine Limitation der Studie war das retrospektive und beobachtende Design. Zudem stammten die Röntgenbilder von Patienten in verschiedenen Infektionsstadien und für jeden Patienten wurde nur eine Röntgenserie erstellt, sodass nicht untersucht werden konnte, ob sich die Befunde im Verlauf der Erkrankung veränderten. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie gut lässt sich anhand von Röntgenbildern des Brustkorbs COVID-19 diagnostizieren? Antwort: Viele Röntgenaufnahmen zeigen keine Anomalien trotz SARS-CoV-2-Infektion. Bedeutung: Röntgenbilder können die Diagnose unterstützen, Patienten sollten jedoch abhängig von der Symptomatik behandelt werden. Einschränkung: Die Studie war retrospektiv, beobachtend und umfasste Röntgenaufnahmen verschiedener Infektionsstadien.

Springer Medizin

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