Rot um die Augen nach Corona-Infektion: ein Alarmsignal?

Eine Multisystembeteiligung im Sinne eines MIS-C gilt als äußerst seltene Komplikation einer SARS-CoV-2-Infektion beim Kind. Daran denken sollte man zum Beispiel, wenn der kleine Patient neben unklarem Fieber bestimmte Symptome rund um die Augen präsentiert. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Seit Frühjahr 2020 wird immer wieder von ungewöhnlichen Verlaufsformen einer SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern berichtet, die mit deutlich erhöhten Entzündungsmarkern und einer Multisystembeteiligung, ähnlich dem Kawasaki-Syndrom (KS), einhergehen. Dieses von der CDC* mittlerweile als Multisystem Inflammatory Syndrome in Children (MIS-C) bezeichnete Krankheitsbild ist mit einer Inzidenz von etwa 2 von 100.000 SARS-CoV-2-Infizierten unter 21 Jahren äußert selten; aufgrund des oft schweren Verlaufs ist jedoch eine möglichst frühzeitige Diagnostik und evtl. auch die Abgrenzung vom KS entscheidend. Helfen könnte dabei die Beobachtung, dass das MIS-C in vielen Fällen (Studien zufolge in bis zu 74%) mit mukokutanen Zeichen einhergeht. Diese zu charakterisieren, hat sich ein Team der New York University Grossman School of Medicine vorgenommen. Befunde an Haut und Schleimhäuten bei über 80% In der retrospektiven Fallserie von Trevor K. Young und Kollegen lag die Inzidenz mukokutaner Befunde bei den insgesamt 35 Kindern mit bestätigtem oder vermutetem MIS-C bei 83%. Die Veränderungen an Haut- und Schleimhäuten waren vielgestaltig, wobei einige besonders häufig auffielen, darunter konjunktivale Injektion (21 Fälle), Erythem der Handflächen und Fußsohlen (18), Hyperämie der Lippen (17) bzw. aufgesprungene Lippen (13), Erdbeerzunge (8), periorbitales Erythem und Ödem (7) und Liderythem (6). Seltener traten masern- oder scharlachartige, urtikarielle oder netzförmige Hautausschläge auf, die Lokalisation war dabei sehr unterschiedlich. Kinder unter bzw. über drei Jahre waren insgesamt etwa gleich häufig betroffen. Zu erwähnen ist, dass es sich zu etwa einem Drittel um dunkelhäutige Kinder handelte, ein weiteres Drittel war hispanischen Ursprungs. Keine Assoziation mit Krankheitsschwere Mit der Krankheitsschwere schien keine Assoziation zu bestehen. So mussten Kinder mit den beschriebenen Hautveränderungen nicht etwa häufiger in die Intensivstation und benötigten auch nicht häufiger eine inotrope Medikation aufgrund einer Herzbeteiligung. Etwa 60% der kleinen Patienten erfüllten Kriterien, die klassischerweise mit einem KS in Zusammenhang gebracht werden, so Young et al. Dazu gehört z. B. die Erdbeerzunge. Dagegen sei z. B. das periorbitale Ödem bzw. Erythem, welches an eine Lichtdermatose erinnere, eher untypisch für ein KS, ebenso wie die Lidrötung und der retikuläre Hautausschlag, der an ein Erythema infectiosum erinnere. Fieber hatten insgesamt 29 Kinder mit MIS-C entwickelt, davon 19 vor Auftreten der ersten Hautzeichen. Im Schnitt hielt das Fieber knapp drei Tage an. Bei den mukokutanen Zeichen war die Dauer höchst unterschiedlich und reichte von wenigen Stunden bis zu elf Tagen (im Mittel fünf Tage). In neun Fällen hatten sich bei der Nachbeobachtung an Hand- und Fußsohlen Desquamationen entwickelt, wobei dies bis zu einem Monat nach Fieberbeginn gedauert haben konnte. Nur in einem Fall war aus dem morbilliformen Hautausschlag eine Biopsie entnommen worden; bei der histologischen Untersuchung zeigte sich ein unspezifisches perivaskuläres lymphozytäres Infiltrat. Respiratorische Symptome eher selten Abgesehen von den Hautzeichen war bei den meisten Kindern der Magen-Darm-Trakt betroffen. Respiratorische Symptome wie Husten oder Schnupfen berichteten nur fünf. Die D-Dimer-Spiegel waren in nahezu allen Fällen erhöht, wenngleich thromboembolische Komplikationen ausblieben. Bei immerhin 19 Kindern fanden sich ein erhöhtes Troponin und/oder erhöhte BNP-Spiegel, was für eine Herzbeteiligung spricht. Letztlich konnten jedoch alle Kinder in gutem Zustand nach Hause entlassen werden. Die Autoren weisen darauf hin, dass bei zehn der allesamt stationär behandelten Kinder kein positiver Test auf SARS-CoV-2 vorlag. Dies könnte mit der zeitlichen Verzögerung zusammenhängen, mit der die Kinder vorgestellt wurden. Das Fazit der New Yorker Forscher: Veränderungen an Haut und Schleimhaut sind bei fiebernden Kindern ernst zu nehmen und könnten in Zeiten der Corona-Pandemie durchaus auf ein MIS-C hinweisen, wenngleich sie für dieses Krankheitsbild alles andere als spezifisch sind. *Centers for Disease Control and Prevention Das Wichtigste in Kürze Frage: Gibt es Befunde an Haut und Schleimhaut, die beim fiebernden Kind nach Ausschluss anderer Ursachen auf den Beginn eines MIS-C hinweisen? Antwort: In einer Fallserie aus New York waren vor allem folgende Befunde mit einem MIS-C assoziiert: konjunktivale Injektion, palmar-plantares Erythem, hyperämisierte Lippen, Periorbitalerythem/-ödem, Erdbeerzunge und Liderythem. Bedeutung: Während einige Befunde sehr stark mit dem Kawasaki-Syndrom überlappen, scheinen andere, vor allem das Liderythem und das periorbitale Ödem, eher mit dem MIS-C in Zusammenhang zu stehen. Einschränkung: Retrospektive Fallserie, positiver SARS-CoV-2-Test lag nicht in allen Fällen vor.

Springer Medizin

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