Die wirtschaftlichen Erwartungen der Praxisinhaber sind infolge der Coronakrise massiv abgekühlt, wie eine Sondererhebung der Stiftung Gesundheit zeigt.
Die Pandemie hat die wirtschaftliche Stimmung der Praxisinhaber in Deutschland massiv eingetrübt. Der Medizinklima-Index (MKI) der Stiftung Gesundheit fiel innerhalb weniger Wochen von minus 2,3 auf minus 25,1 und damit auf den zweittiefsten Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2006.
„Einen stärkeren Rückgang hat es in der Geschichte des MKI noch nicht gegeben. Der Index ist innerhalb von drei Monaten um 22,8 Punkte gefallen“, so Professor Konrad Obermann, Forschungsleiter der Stiftung Gesundheit.
Der MKI wurde wegen der Pandemie erstmals neben den jährlichen Frühjahrs- und Herbstbefragungen gesondert erhoben. Er liegt der „Ärzte Zeitung“ exklusiv vorab vor. Für die Sondererhebung wurden Praxisinhaber in der Zeit vom 4. bis 18. Mai befragt. Für die kürzlich veröffentlichte Frühjahrserhebung wurden die Teilnehmer dagegen vom 17. Februar bis 2. März befragt. Damit wird deutlich, wie stark sich die Stimmung in den Praxen durch die Pandemie verändert hat.
Fachärzte besonders pessimistisch
Die pessimistische Grundhaltung ist in den befragten Fachgruppen unterschiedlich stark ausgeprägt. Der MKI nur für die Hausärzte beträgt derzeit minus 28, und für die Fachärzte minus 30,2; seit beide Gruppen getrennt ausgewiesen werden, sind dies die niedrigsten errechneten Werte. Für die Zahnärzte wurde mit minus 32,2 ebenfalls ein neuer Tiefstand ermittelt. Einzig bei den psychologischen Psychotherapeuten liegt der Indexwert mit 3,6 noch im Plus.
Einen stärkeren Rückgang hat es in der Geschichte des MKI nicht gegeben.
Professor Konrad Obermann, Forschungsleiter Stiftung Gesundheit
Dies darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Stimmung auch bei ihnen gesunken ist – ihr Fachgruppenindex sank im Vergleich zu vor der Pandemie um 21,4 Punkte.
Am stärksten fällt der Rückgang bei den Fachärzten mit 27,3 aus. Bei den Hausärzten beträgt der Rückgang 19,3 und bei den Zahnärzten 14,6 Punkte. Verantwortlich für den fachgruppenübergreifend starken Absturz ist in erster Linie eine pessimistische Erwartungshaltung der Praxisinhaber für die kommenden sechs Monate.
Eine ungünstigere Entwicklung für die eigene Praxis erwarten jetzt Zweidrittel der Teilnehmer (65,4 Prozent) – vor der Pandemie waren es 40,2 Prozent. Dass die kommenden sechs Monate eine Verbesserung der persönlichen wirtschaftlichen Lage bringen wird, erwarten nur noch 6,2 Prozent (vordem 9,5 Prozent). Stabilität erwarten jetzt noch 28,4 Prozent (vordem 50,3 Prozent).
Jeder Dritte bewertet wirtschaftliche Lage als „gut“
Bei der Bewertung der aktuellen Lage sind die Praxisinhaber ebenfalls schmallippiger geworden. Nur noch 31,8 Prozent bewerten ihre wirtschaftliche Lage mitten in der Corona-Krise als „gut“, 45,3 Prozent als „befriedigend“. 22,8 Prozent schätzen sie als „schlecht“ ein. Damit hat sich der Wert der Teilnehmer, die ihre Lage als schlecht einstufen, im Vergleich zur Erhebung direkt vor der Pandemie fast verdoppelt.
Ein Vergleich des MKI der Stiftung Gesundheit mit den Stimmungsindikatoren anderer Branchen zeigt, dass diese teils noch deutlich kräftiger eingebrochen sind.
Quelle: Ärzte Zeitung