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26.05.2021 | COVID-19 | Nachrichten

Verunreinigungen in COVID-19-Vakzine

Forscher finden HSP in AZD1222 – mögliche Auslöser für VITT?

verfasst von: Denis Nößler

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Neue Details zur Vakzine von AstraZeneca: Wissenschaftler haben Hunderte Verunreinigungen gefunden. Manche davon könnten zur Erforschung der seltenen schweren Impfnebenwirkungen von Interesse sein.

Forscher vom Uniklinikum Ulm haben zahlreiche Verunreinigungen in der COVID-19-Vektorvakzine Vaxzevria® von AstraZeneca nachgewiesen. Einen Nachweis als mögliche Ursache für Nebenwirkungen könne die Arbeit aber nicht erbringen, wie die Universität am Donnerstag in Ulm mitteilte. Allerdings liefert sie Indizien. Die Ergebnisse wurden bereits Anfang Mai noch unbegutachtet als Preprint veröffentlicht (Research Square 2021; online 4. Mai).

Danach hat das Team um Professor Stefan Kochanek von der Klinikabteilung Gentherapie in drei Chargen Vaxzevria® sowohl humane, als auch virale Proteine gefunden, die nicht Teil des Schimpansen-Adenovirusvektors sind. Dafür glichen sie die Proteinfärbungen aus den Chargen ABV4678, ABV5811 und ABV7764 mit der Färbung ihres laboreigenen Vergleichsvektors HAdV-C5-EGFP ab.

In allen drei Chargen fanden sie deutlich mehr Proteine als die erwarteten 12,5 μg pro Impfdosis – bei der Charge ABV5811 wiesen sie sogar 32 μg nach. Zwei Drittel der Proteine dort stammten vom Menschen ab, nur 29 Prozent vom Impfvirus ChAdOx1-S. Auch virale Nichtstrukturproteine fanden die Forscher, die sie dort nicht erwartet hätten.

Hoher Anteil Hitzeschockproteine

Über 1000 Peptide verschiedener humaner Proteine konnte die Forschergruppe analysieren. Sie sollen aus der Zelllinie stammen, auf der die Vektorviren samt der Erbinformation für die Kodierung des SARS-CoV-2-Spike-Proteins angezüchtet werden. Auffällig war ein hoher Anteil Hitzeschockproteine (HSP), vor allem die Chaperone HSP-90-β und HSP-90-α, mit die häufigsten Proteine im Zytosol.

Die HSP könnten einen Hinweis auf die Pathogenese der selten auftretenden Vakzin-induzierten immunogenen thrombotischen Thrombozytopenien (VITT) liefern. Nach Auskunft des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) sind per 10. Mai bei knapp sieben Millionen verabreichten Vaxzevria®-Impfungen hierzulande 77 VITT-Fälle bekanntgeworden, auch Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) genannt.

Der Greifswalder Transfusionsmediziner Professor Andreas Greinacher hatte bereits gezeigt, dass die Vakzine neben den Adenoviren zahlreiche menschliche Proteine enthält sowie EDTA (Ethylendiamintetraacetat). Nach seinen Analysen sollen Antikörper gegen den Plättchenfaktor 4 (PF4) eine Immunkaskade auslösen, die zur Thrombosebildung mit Plättchenverbrauch führt.

Der Weg in die Gefäße entscheidet

Danach könnten Bestandteile der Impfung ein Neoantigen bilden, wodurch Thrombozyten aktiviert werden, die daraufhin PF4 freisetzen. Zusammen mit den Vakzinbestandteilen – hier die von den Ulmern nachgewiesenen Proteine – könnten sich Komplexe mit PF4 bilden. Über das im Impfstoff enthaltene EDTA würde sich die Gefäßpermeabilität erhöhen, wodurch die Komplexe in den Blutkreislauf gelangen.

IgG-Antikörper würden sich dort schließlich an die PF4-Protein-Komplexe anlagern und so zu Immunkomplexen werden. Die Folge: eine lokale Entzündungsreaktion, die zur weiteren Anti-PF4-Antikörper-Bildung und schließlich zur Aggregation der Thrombozyten führt, was wiederum die Gerinnungskaskade antreibt – ein circulus vitiosus.

Auch die Ulmer Forscher argumentieren mit bislang fehlenden Nachweisen, dass die Vakzine ChAdOx1-S selbst die Thrombozyten aktiviert. Thrombotische Ereignisse habe man bislang vor allem bei i.v.-Injektionen von Virusvektoren zeigen können. Hier könnte das in der Vakzine enthaltene EDTA eine entscheidende Brücke sein.

ATPase in Muskelzellen im Visier

Das Ulmer Forscherteam liefert aber noch weitere Indizien: So sollen extrazelluläre HSP die angeborene und adaptive Immunantwort modulieren, sie sollen Entzündungsreaktionen verstärken können, und sie seien assoziiert mit Autoimmunreaktionen. Auch der Injektionsort M. deltoideus könnte eine Rolle spielen: So aktivieren den Ulmern zufolge zahlreiche HSP die ATPase – in den an ATP reichen Muskelzellen könnten die Proteine so direkt in die Plättchenaktivierung involviert sein über Umwandlung von ATP in ADP.

Allerdings wollen die Wissenschaftler auch nicht ausschließen, dass virale Proteine mit beteiligt sein könnten. So seien etwa die Pentonproteine des Adenovirusvektors „ein weiterer Kandidat“, der über eine Interaktion mit Integrinen auf den Zellmembranen der Plättchen diese aktivieren könnten.

In weiteren Studien, so die Uni in ihrer Mitteilung, müsse nun untersucht werden, inwiefern diese Verunreinigungen die Wirksamkeit der Vakzine mindern oder mit Impfreaktionen zusammenhängen könnten.

Quelle: Ärzte Zeitung

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