Zum Inhalt

Hamburger Autopsien Jeder zweite COVID-19-Tote hatte Gerinnungsstörungen

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Schwer erkrankte COVID-19-Patienten neigen erheblich zu Thrombosen und Lungenembolien. Das bestätigen jetzt Autopsie-Daten aus Hamburg.

Es mehren sich Hinweise darauf, dass COVID-19-Patienten häufig und bislang teils okkulte venöse Thrombosen erleiden, die unter Umständen in tödlichen Lungenembolien enden. Pathologen, Internisten und Intensivmediziner vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf und weiteren Hamburger Kliniken haben Ergebnisse einer Serie von zwölf vollständig obduzierten an COVID-19 Gestorbenen vorgelegt, die zum Teil zusätzlich post mortem computertomografiert und weiteren Untersuchungen unterzogen worden waren.

Es handelt sich dabei um erste Erkenntnisse aus inzwischen etwa 150 derartigen Obduktionen, sagte Rechtsmediziner Professor Jan-Peter Sperhake bei einer Pressekonferenz. Die Konsequenz aus den Erkenntnissen wie aus weiteren internationalen Daten müsse eine medikamentöse Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin auch von ambulant versorgten COVID-19-Patienten sein, erklärte Professor Stefan Kluge vom UKE Hamburg, Seniorautor der Studie.

Hämatogene Virusausbreitung

Bei sieben der zwölf Gestorbenen waren zuvor nicht erkannte tiefe Beinvenenthrombosen festgestellt worden; bei vier Patienten waren massive Lungenembolien die unmittelbare Todesursache, berichten Privatdozent Dominic Wichmann und seine Kollegen (Ann Internal Med 2020; online 6. Mai). Die virtuelle Autopsie per Computertomografie ergab retikuläre Infiltrationen der Lunge mit dichten Konsolidierungen des Gewebes.

Bei acht Patienten waren histomorpholgisch schwere Alveolarschäden festgestellt worden. Angesichts der makroskopisch sehr festen und schweren Lungen könne man sich gut vorstellen, welche Schwierigkeiten die Intensivmediziner hatten, diese Lungen zu belüften, sagte Sperhake bei der Pressekonferenz.

In allen Lungen, aber auch in Leber, Nieren und im Herzen fanden sich hohe virale RNA-Titer – das Virus verbreitet sich offensichtlich hämatogen im Körper. Bei sechs von neun obduzierten Männern fanden sich auch im venösen Geflecht der Prostata frische Thrombosen.

Die Ergebnisse reihten sich gut ein in klinische und autoptische Beobachtungen in Italien, den Niederlanden und der Schweiz, so ein Kommentar von Professor Alexandar Tzankov vom Universitätsspital Basel. International berichten Ärzte über unerwartete Häufungen thrombotischer und embolischer Komplikationen bei kritisch kranken COVID-19-Patienten. Die Daten könnten zur besseren Diagnostik und somit gezielten Therapie beitragen, erklärte Professor Petzer Boor vom Uniklinikum Aachen und Initiator des Deutschen Registers COVID-19 Obduktionen (DeRegCOVID).

„Man muss davon ausgehen, dass die Gerinnungsstörungen etwa die Hälfte aller COVID-19-Patienten betreffen kann“, so der Kommentar des Infektiologen Professor Clemens Wendtner aus München. Ursachen seien wahrscheinlich sowohl die infektionsbedingte Endothelschädigungen von Organen und Gefäßen, wodurch Gerinnungsfaktoren aktiviert werden, aber auch überschießende Entzündungsreaktionen des Körpers könnten die Koagulopathie antreiben.

Hämostaseologische Kontrollen!

International haben inzwischen mehrere Fachgesellschaften ihre Empfehlungen zur Antikoagulation bei COVID-19-Patienten aktualisiert. So empfiehlt die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) die großzügige Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin (NMH) unabhängig von der Notwendigkeit einer Hospitalisierung. Die Dosierung sollte in einer für den Hochrisikobereich zugelassenen Dosierung erfolgen.

Bei Kontraindikationen für eine Antikoagulation sind physikalische Maßnahmen wie Kompressionsstrümpfe empfehlenswert. Hospitalisierte Patienten sollen fortlaufend hämostaseologisch überwacht werden.

Quelle: Ärzte Zeitung

print
DRUCKEN

Passend zum Thema

ANZEIGE

Antikoagulation bei hohem Blutungsrisiko – krebsassoziierte Thrombosen (CAT) richtig managen

Thrombosen verhindern und Blutungen vermeiden – eine patientengerechte Behandlung krebsassoziierter Thrombosen (CAT) erfordert beides. Doch was gibt es bei der individuellen Abwägung zwischen VTE- und Blutungsrisiko zu beachten?  Erfahren Sie im Video, welche klinischen Faktoren das Blutungsrisiko bestimmen, wie diese die Wahl der Antikoagulation beeinflussen und warum aktuelle Leitlinien für viele CAT-Patientenprofile niedermolekulare Heparine als Behandlungsoption empfehlen.

ANZEIGE

Frühstückssymposium: Wenn Antikoagulation auf den Magen schlägt

Antikoagulation und gastrointestinale Blutungen – zwei Seiten einer Medaille und Schwerpunkt des Frankfurter Gerinnungssymposiums. Sehen Sie, wie Prof. Dr. med. Martin Raithel und Prof. Dr. med. Sebastian Krug anhand anschaulicher Fallbeispiele und aktueller Leitlinien die Grenzen der oralen Antikoagulation, insbesondere im Kontext gastrointestinaler Tumorerkrankungen, beleuchten. 

ANZEIGE

3 Empfehlungen für niereninsuffiziente Patienten

Angesichts der Herausforderungen bei der Dosierung renal eliminierter Medikamente und dem Risiko erhöhter Nebenwirkungen bietet Prof. Dr. Lutz Renders nützliche Einblicke in die sichere Anwendung von Antikoagulanzien. Erfahren Sie, welche Substanzen bei chronischer Nierenerkrankung geeignet sind, wie man Risiken minimiert und die Dosierungsfehler vermeidet. Nutzen Sie die praxisnahen Tipps zur optimalen Patientenversorgung.

ANZEIGE

Management von Thromboembolien bei Krebspatienten

Die Thromboembolie ist neben Infektionen die zweithäufigste Todesursache bei Krebspatienten. Die Behandlung der CAT (cancer associated thrombosis) ist komplex und orientiert sich am individuellen Patienten. Angesichts einer Vielzahl zur Verfügung stehender medikamentöser Behandlungsoptionen finden Sie hier viele Informationen zur Therapieentscheidung auf Basis von Expertenempfehlungen.

LEO Pharma GmbH

Passend zum Thema

ANZEIGE

Evidenzbasierte Versorgungskonzepte zur Reduktion der COPD-Last

Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist weltweit eine der führenden Todesursachen. Neue Studien und Versorgungsansätze zeigen vielversprechende Strategien, um Krankheitslast, Exazerbationen und Hospitalisierungen zu senken – insbesondere durch personalisierte Therapie und digitale Unterstützung.

ANZEIGE

COPD-Leitlinie GOLD 2025: Mehr Fokus auf Komorbiditäten und NIV

Der GOLD-Report 2025 bringt neue Empfehlungen zur Versorgung von COPD-Patienten – u. a. zu kardiovaskulären Komorbiditäten, pulmonaler Hypertonie und NIV bei chronischer Hyperkapnie. Das Ziel: Sterblichkeit senken, Exazerbationen vermeiden.

ANZEIGE

MONTANA-Studie: Frühzeitige NIV senkt COPD-Mortalität

Die MONTANA-Studie zeigt eindrucksvoll: Eine frühzeitige Einleitung der außerklinischen Beatmung bei COPD senkt die Mortalität und reduziert schwere Exazerbationen. Real-World-Daten aus Frankreich liefern praxisnahe Erkenntnisse für eine personalisierte Therapie – und entlarven Versorgungslücken.

ANZEIGE

COPD und nicht-invasive Behandlungsmethoden

  • Content Hub

Nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden wie die nicht-invasive Beatmung (NIV) können die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität von COPD-Patienten erheblich verbessern und das Sterberisiko senken. Die NIV-Therapie zur Behandlung von fortgeschrittener COPD hat Eingang in die neuen S2k-Leitlinien zur COPD-Therapie gefunden.

ResMed Germany Inc.

Passend zum Thema

ANZEIGE

Pneumokokken-Kinderimpfquote steigern!

Wie viel Prozent der Kinder sind in Deutschland im Alter von 24 Monaten vollständig gegen Pneumokokken geimpft? Und wie könnte die Impfquote weiter gesteigert werden? Hier geht’s zu den Antworten!

ANZEIGE

HPV-Impfung für Erwachsene – eine Rechnung die aufgeht!

Kostenübernahme der HPV-Impfung bei Erwachsenen – wir unterstützen Sie mit fundierten Informationen zur Verordnung und Abrechnung. So lassen sich bürokratische Hürden reduzieren und der Zugang zur HPV-Impfung erleichtern – für die Prävention bestimmter HPV-bedingter Erkrankungen.

ANZEIGE

Impfstoffe – Krankheiten vorbeugen, bevor sie entstehen

Seit mehr als 130 Jahren entwickelt und produziert MSD Impfstoffe für alle Altersgruppen. Hier finden Sie nützliche Informationen und Praxismaterialien rund um das Thema Impfen.

MSD Sharp & Dohme GmbH
Bildnachweise
Teaserbild Blutungsrisko managen bei Antikoagulation - Waage/© Leo Pharma GmbH, Vortrag Frankfurter Gerinnungssymposium/© LEO Pharma GmbH (Screenshot aus Vortrag), 3 Empfehlungen für niereninsuffiziente Patienten/© LEO Pharma GmbH, Thrombus und Patientin im Gespräch/© crevis / adobe.stock.com (Symbolbild mit Fotomodell), Teaserbild COPD-Last/© iStock | RealPeopleGroup, Teaserbild Goldreport/© iStock | Oat_Phawat, Teaserbild MONTANA Studie/© iStock | Sutthicha Weerawong, Visual Content Hub ResMed/© [M] in-future/istock; Anton Tokarev/istock, Kleinkind rennt draußen, während es in die Luft zeigt/© William / Adobe Stock, Teaserbild HPV-Impfung für Erwachsene – eine Rechnung die aufgeht!/© syedfahadghazanfar / shutterstock, Neuer Inhalt/© MKC / shutterstock