Mit Videolaryngoskop und Eiswaschlappen gegen den unerwartet schwierigen Atemweg

Die dringlichste Maßnahme bei Patienten, bei denen es nach Narkoseeinleitung zu Atemwegsproblemen kommt, ist die Oxygenierung. Gelingt etwa mittels Maskenbeatmung, Larynxmaske oder Intubation keine ausreichende Ventilation, stellt sich vor allem die Frage: Die Narkose abbrechen oder relaxieren, um doch noch Sauerstoff in den Patienten zu bringen? Dr. Jörg Karst, in Berlin im ambulanten Umfeld tätiger Anästhesist, neigt in einer solchen Konstellation eher zur erstgenannten Variante. Unter dem Begriff „schwieriger Atemweg“ werden nach den Worten Karsts Probleme gefasst, die nach Narkoseeinleitung im Zuge der Atemwegssicherung auftreten und bei erfolgloser Maskenbeatmung, Intubation etc. mit einem Abfall der arteriellen Sauerstoffsättigung einher gehen können. Trotz ausführlicher Anamnese und einer präoperativen klinischen Untersuchung können derartige Atemwegsprobleme jederzeit unerwartet auftreten. Im praxisambulanten Bereich sind derartige Probleme besonders herausfordernd, lassen sich in aller Regel aber gut beherrschen – unter anderem dank neuer technischer Möglichkeiten wie Videolaryngoskopie oder Larynxmaske. „In 99 % kriegt man die Larynxmaske am Ende doch noch rein,“ zeigte sich Karst optimistisch. Im Falle eines durch welchen Reiz auch immer ausgelösten Laryngospasmus kann auch die eher archaisch anmutende Behandlung mit einem Eiswaschlappen nützlich sein. Denn der Laryngospasmus – definiert als akuter Kehlkopfverschluss durch einen Spasmus der gesamten Kehlkopfmuskulatur – entsteht reflexvermittelt über einen Ast des N. vagus – den N. laryngeus superior. Wie jedoch ist zu verfahren, wenn es nach der Narkoseeinleitung mit der Atemwegssicherung nicht so klappt wie gewünscht? Exakt diese Frage hat nun bei der DAC-Hauptsitzung „Besondere Herausforderungen in der ambulanten Anästhesie“ für eine lebhafte Diskussion gesorgt – entfacht vor allem durch die Ergebnisse einer im angloamerikanischen Bereich getätigten Umfrage. Dort befragte Kollegen sprachen sich hier überwiegend für eine rasche Muskelrelaxierung aus, ein Vorgehen, dem auch Prof. Dr. Axel Junger, Nürnberg, gewisse Sympathien entgegenbringt: „Danach haben sich die Probleme mit der Maskenbeatmung meistens von selbst erledigt.“ Karst sieht das anders: „Das kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen, ich würde mich das eher nicht trauen“, befürchtete der Berliner Anästhesist, in einer weiteren Eskalationsstufe nun in eine Situation zu geraten, „die ich immer weniger handeln kann.“ „Wenn Sie relaxiert haben und können immer noch nicht intubieren, dann haben Sie ein wirkliches Problem.“ Diese Einschätzung findet denn auch in Karsts „Take home-Message“ ihren klaren Niederschlag: „Vor jeglicher Gefährdung des Patienten stehen Ausleitung der Narkose und reflektierte Entscheidung über den Abbruch der Intervention. Im Zweifel wird der Patient ambulant nicht operiert.“ In einem solchen Falle empfiehlt Karst in jedem Falle die Ausstellung eines Anästhesieausweises, in welchem derartige Komplikationen dokumentiert werden. Auf ausreichende Präoxygenierung achten In einen regen Gedankenaustausch mündete auch diese Frage: Kann es gelingen, einen etwa mit adäquaten Mengen von Propofol eingeleiteten Patienten, bei dem es Probleme mit der Oxygenierung gibt, ohne das Risiko einer Hypoxämie einfach so aus der Narkose aufwachen zu lassen? Dass entsprechende Befürchtungen nicht gänzlich aus der Luft gegriffen sind, belegt Karsts diesbezügliche Antwort: „Je nach dem, wie wenig Sauerstoff ich da reinkriege, wird das Aufwachen auch mit einer gewissen Toleranz von Hypoxie passieren.“ Hypoxieprobleme im Falle eines ungeplanten Narkoseabbruchs bei Patienten mit „unerwartet schwierigem Atemweg“ hält Dr. Frank Vesica, Regensburg, zu wesentlichen Anteilen für hausgemacht. Das „allergrößte Problem“ sieht Vesica darin, dass in Zeiten der Larynxmaske die Präoxygenierung geradezu sträflich vernachlässigt werde. Weil die „Zeit der Präoxygenierung dramatisch verkürzt wird, werden Probleme herauf beschwört.“ Zudem appellierte Vesica an alle Kollegen, sich bei bestimmten Indikationen von Zeit zu Zeit der Kunst des Intubierens zu widmen, um diese Technik nicht gänzlich zu verlernen. „Der Tubus ist nicht des Teufels.“ Frei nach dem Motto „use it or loose it“ verhält es sich ähnlich mit der Technik der Videolaryngoskopie. Unabhängig von der Auswahl des Gerätes gilt: Wer diese Technik im Ernstfall zum Wohl der Patienten nutzen will, der muss sie auch regelmäßig nutzen.

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